Entwicklung eines Prüfverfahrens für das Hören von Warnsignalen mit Gehörschutz im öffentlichen Straßenverkehr

Projekt-Nr. FF-FP 0443

Status:

abgeschlossen 07/2021

Zielsetzung:

Tätigkeiten im öffentlichen Straßenraum, wie z. B. die Grünpflege an Straßen, Straßen- und Kanalreinigung oder Bauarbeiten können aus Gründen des Arbeitsschutzes das Tragen von Gehörschutz erfordern. Dieser darf jedoch die Wahrnehmbarkeit von Warnsignalen (z. B. Autohupe, Martinshorn, Rückfahrsignale) nicht vermindern.

Daher ist gemäß DGUV Information 212-673 ein Verfahren für eine individuelle Hörprobe beschrieben. Dieses Verfahren ist sehr zeit- und materialaufwändig (es werden zwei Fahrzeuge benötigt) und mit Lärmbelastungen für die Umgebung verbunden. Daher sollte ein einfach durchführbares Prüfverfahren für das Hören von Warnsignalen mit Gehörschutz im öffentlichen Straßenverkehr entwickelt werden, das die Durchführung einer individuellen Hörprobe mit geeigneten Warnsignalen und Arbeitsgeräuschen in üblichen Büroräumen ermöglicht. Das zu entwickelnde Verfahren sollte die akustische Situation von Arbeitsplätzen im öffentlichen Straßenraum reproduzieren.

Um den unterschiedlichen, bei Tätigkeiten im öffentlichen Straßenraum eingesetzten Gehörschutzmitteln Rechnung tragen zu können, sollte die Präsentation der Prüfschalle sowohl über Lautsprecher (Freifeldverfahren für die Prüfung von Kapselgehörschützern oder Vollschutzausrüstungen, wie z. B. für das Arbeiten mit Motorsensen vorgeschrieben) als auch über Kopfhörer (Direktschallfeldverfahren zur Prüfung von Gehörschutzstöpseln und Otoplastiken) erfolgen können.

Aktivitäten/Methoden:

Die für die Prüfmethode benötigten stereophonen Prüfschalle wurden zunächst mit Hilfe eines kopfbezogenen Aufnahmesystems im realen Betrieb bzw. Verkehr auf Baustellen, auf einem Betriebshof und an Straßen im Raum München aufgezeichnet. Aus dem aufgezeichneten Tonmaterial werden zwei Warnsignale und vier Hintergrundgeräusche, die für die meisten der zu betrachtenden gehörschutzpflichtigen Tätigkeiten im öffentlichen Straßenraum als repräsentativ gelten können, im Prüfprogramm verwendet.

Das Prüfsystem besteht aus einem Laptop-Computer mit zwei Lautsprechern für das Freifeldverfahren, einem Paar Audiometrie-Kopfhörer für das Direktschallfeldverfahren sowie dem Probanden-Antwortgerät. Als Prüfraum für die Freifeldmethode eignet sich entweder ein kleiner Büroraum mit mindestens 12 m² Grundfläche und schallabsorbierender Decke bzw. Teppichboden oder ein größerer möblierter Raum ≥ 25 m² ohne besondere akustische Maßnahmen. Der Fremdgeräuschpegel im Prüfraum sollte im Mittel Leq = 45 dB(A) nicht überscheiten.

Bei der Direktschallfeldmethode ist dank der Schalldämmung der Audiometrie-Kopfhörer ein höherer Fremdgeräuschpegel von im Mittel Leq = 55 dB(A) möglich, an den Prüfraum werden darüber hinaus keine besonderen Anforderungen gestellt. Das Prüfprogramm StraLa-GS (Straßenlärm-Gehörschutz-Test) wurde mit Hilfe der Programmiersprache MAX erstellt, die eine grafische Programmieroberfläche bietet.

In Vorversuchen wurden zunächst die Mithörschwellen für eine Vielzahl von Warnsignal-/Störgeräusch-Kombinationen mit einer Einstellmethode von vier Versuchspersonen ermittelt. Diese Mithörschwellen wurden im Prüfprogramm hinterlegt, um den jeweiligen Warnsignalpegel im Hörtest im passenden Wertebereich platzieren zu können.

Die fertiggestellte Prüfsoftware wurde innerhalb der Fa. Müller-BBM GmbH von einer Gruppe geübter Versuchspersonen, die an den Vorversuchen zur Programmentwicklung beteiligt war, und einer Gruppe ungeübter Versuchspersonen, die bislang noch keine Hörversuche gemacht hatte, getestet. Die Gruppe ungeübter Versuchspersonen kann hinsichtlich ihrer Erfahrung mit Hörversuchen als repräsentativ für die Zielgruppe des Prüfprogramms angesehen werden.

Ergebnisse:

Das im Rahmen des Forschungsvorhabens entwickelte computergestützte Prüfverfahren stellt eine deutlich einfacher durchzuführende Alternative für die individuelle Hörprobe für die mit gehörschutzpflichtigen Tätigkeiten im öffentlichen Straßenraum beschäftigten Versicherten dar als das in der DGUV Information 212-673 beschriebene Verfahren. Der zeitliche und organisatorische Aufwand ist beim programmgesteuerten Gehörschutztest gegenüber der Hörprobe gemäß o. g. DGUV Information deutlich verringert. Es besteht die Möglichkeit, den Gehörschutztest z. B. in eine wiederkehrende Eignungsuntersuchung oder auch in die arbeitsmedizinische Vorsorge einzugliedern.

Die durch das Prüfprogramm StraLa-GS mögliche Variabilität des Hintergrundgeräuschs und die große Annäherung der akustischen Umgebung an die Realität erfordert in der ungewohnten Umgebung von den Testpersonen allerdings eine recht hohe Aufmerksamkeit und Konzentration über die Laufdauer des Prüfprogramms, die circa zehn Minuten beträgt. Gegebenenfalls ist bei einem Teil der Personen, welche die notwendige Konzentration aufgrund der für sie neuen und ungewohnten Hörsituation nicht sofort aufbringen können, eine Wiederholung des Gehörschutztests erforderlich, die frühestens nach einer Pause von etwa zehn Minuten durchgeführt werden kann.

Stand:

03.02.2022

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Müller-BBM GmbH
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Lärm/Vibrationen

Schlagworte:

Persönliche Schutzausrüstung, Lärm

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Prüfverfahren, Warnsignale, Gehörschutz, Straßenverkehr