Charakterisierung und Erprobung eines neuen Messverfahrens zur Konzentrationsbestimmung von Allergenen in der Luft in Arbeitsbereichen

Projekt-Nr. IFA 2082

Status:

abgeschlossen 07/2018

Zielsetzung:

Als Ursache für eine steigende Anzahl beruflich bedingter Erkrankungen wird eine Exposition gegenüber Allergenen in der Arbeitsbereichsluft vermutet. Um die Größenordnung einer solchen Exposition zu bestimmen und die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen prüfen zu können, bedarf es standardisierter Messverfahren, mit denen Allergene in der Luft im Arbeitsbereich sicher nachgewiesen werden können.

Bisher werden Allergenproben aus der Luft vorrangig mit dem Filtrationsverfahren und Volumenströmen von 10 L/min über eine Probenahmedauer von mindestens 4 h entnommen (GSP-System + Teflonfilter, Ø 37 mm). Anschließend werden die Filter im Labor extrahiert und der Nachweis der Allergene im Filterextrakt wird mit spezifischen immunologischen Analysenverfahren durchgeführt (ELISA). Eine mehrstündige Probenahme ist am Arbeitsplatz nicht immer möglich. Weiterhin kann die Extraktion der Filter zu Probenverlusten führen. Ein Ziel der Entwicklung des neuen Sammelkopfes AS 100 (Fa. Holbach-Umweltanalytik, Wadern, und BMA-Labor, Bochum) war es deshalb, ein Probenahmesystem für Allergene zu erhalten, mit dem in möglichst kurzer Zeit ein ausreichendes Luftvolumen für den Allergennachweis gewonnen werden kann (100 L/min). Um Verluste durch Transport oder Extraktion zu vermeiden, erfolgt die Abscheidung der Proben weiterhin direkt in das Reaktionsgefäß für die nachfolgende Laboranalyse (Mikrotiterplattenstreifen, MTS).

Im Projekt sollten die physikalischen Abscheideeigenschaften untersucht und die biochemische Abscheideeffizienz des neuen Sammelkopfes bestimmt werden. Weiterhin sollte das neue Probenahmeverfahren im Vergleich zum bisher üblichen Filtrationsverfahren auf seine Eignung zur Erfassung von Allergenen aus der Luft an Arbeitsplätzen geprüft werden.

Aktivitäten/Methoden:

Vorversuche der Entwickler des Sammelkopfes zum Nachweis von Schimmelpilz- und Milben-Allergenen, ließen das neue Verfahren vielversprechend erscheinen, um auch am Arbeitsplatz eine Belastung der Luft mit Allergenen biologischer Herkunft erfassen zu können. Der Sammelkopf (AS 100, Fa. Holbach Umweltanalytik) sollte deshalb im Vergleich zu dem bisher üblichen Filtrationsverfahren bei Messungen an Arbeitsplätzen erprobt werden.

Die Exposition gegenüber Rinderhaarallergenen führt bei Beschäftigten in einschlägigen Betrieben vielfach zu schwerwiegenden Atemwegserkrankungen. Der Nachweis des Rinderhaarallergens Bos d 2 war für die geplanten Untersuchungen aus mehreren Gründen gut geeignet: Zum einen stand für den analytischen Nachweis dieses Allergens bereits ein kommerzielles Testsystem zur Verfügung, zum anderen waren in verschiedenen Bereichen von Betrieben mit Rinderhaltung unterschiedlich hohe Allergenkonzentrationen zu erwarten (Tierställe: hoch > Stallbüro: weniger hoch > Wohnräume: am geringsten). Das neue Messverfahren konnte somit unter realen Bedingungen in verschiedenen Konzentrationsbereichen erprobt werden. In Kooperation mit dem Spitzenverband der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (LSV, heute: SVLFG = Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau) wurden in vier Mitgliedsbetrieben vergleichende Messungen zur Bestimmung der Konzentration von Rinderhaarallergen in der Luft mit beiden Probenahmeverfahren durchgeführt. Durch das Kompetenzzentrum Allergologie des Instituts für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) wurde für diese Untersuchungen zunächst das Extraktionsverfahren für die Teflonfilter optimiert und auf das Analysenverfahren abgestimmt (Nachweis von Rinderhaarallergenen mit Bos d 2 ELISA kit (EL-BD 2), Indoor Biotechnologies Inc.). Filterproben wurden anschließend nach demselben Extraktionsprotokoll beim IPA und im Biologisch-Medizinischen-Analyselabor (BMA-Labor), Bochum untersucht. Die Auswertung der Mikrotiterstreifen (= Probenträger aus dem neuen Sammelkopf AS 100) erfolgte ausschließlich durch das BMA-Labor, Bochum.

Aus dem laufenden Projekt ergab sich weiterhin die Möglichkeit, im Rahmen der AllergoVet-Studie zur Exposition von Studenten der Tiermedizin gegenüber verschiedenen Tierhaarallergenen der Unfallkasse Hessen in Zusammenarbeit mit dem IPA, Bochum, weitere Messungen zur Erprobung des AS 100 durchzuführen. Dafür wurden im Juli/August 2015 und März 2017 an verschiedenen Messplätzen in Behandlungsräumen und Tierställen der tiermedizinischen Fakultät der Universität Gießen Luftproben genommen und die Allergenkonzentrationen von Bos d 2 sowie weiteren Tierhaarallergenen bestimmt (Can f 1, Fel d 1). Die Ergebnisse aus diesen Messungen werden in der AllergoVet-Studie berichtet.

Ergebnisse:

Bei vier Messungen in verschiedenen Stallbereichen bei typischen Tätigkeiten wie füttern oder einstreuen konnte Bos d 2 bei gleichzeitiger Probenahme mit beiden Messsystemen nachgewiesen werden. Die Einzelergebnisse aus diesen Messungen variierten stark und lagen zwischen 57,0 und 1.700 ng Bos d 2 . m-3 Luft für Filterproben (n=28) und 0,38 bis 429 ng Bos d 2 für Proben, die mit dem AS 100 genommen wurden (n=30).

Mit dem AS 100 wurden meist niedrigere Allergenkonzentrationen ermittelt als mit dem Filtrationsverfahren. Für dieses Ergebnis kommen mehrere Erklärungsansätze in Betracht: Zum einen unterliegt die direkte Abscheidung in das Reaktionsgefäß im Vergleich zum Filter einer Beschränkung mit Blick auf die messbare Konzentration: Sind alle Allergen-Bindungsstellen belegt, kann eine darüberhinausgehende Konzentration nicht mehr erfasst werden. Für höhere Konzentrationen wäre dann das Filtrationsverfahren mit anschließender Extraktion und Möglichkeit zur Verdünnung der Probe besser geeignet. Bei Allergenkonzentrationen unterhalb einer solchen Sättigungskonzentration könnte es hingegen vorteilhaft sein, die Probe verlustfrei in das Reaktionsgefäß abzuscheiden. Zum zweiten wurde der Allergennachweis mittels ELISA bewusst nicht als Sandwich-ELISA ausgeführt und kein Fang-Antikörper in den Mikrotiterstreifen (MTS) vorgelegt. Der Verzicht auf dieses „coating“ hatte den Vorteil, dass die Probenträger (MTS) vor und nach der Messung ungekühlt/ bei Raumtemperatur transportiert werden konnten. Die Allergenhaltigen Partikel wurden somit mithilfe des Probenahmekopfes AS 100 aus der Luft nach dem Prinzip einer virtuellen Impaktion in die MTS abgeschieden und dort ausschließlich durch Adhäsion an die Gefäßwände festgehalten. Diese Wirkung des Materials aus dem die Probenträger bestehen ist bekannt und typisch (F8 Maxisorp Loose, Nunc-Immuno-Module, Thermo-Fisher Scientific). Die monoklonalen Antikörper zum Nachweis des Rinderhaarallergens sind antigenspezifisch und erkennen das Antigen auch dann, wenn es statt an den Fangantikörper an die Gefäßoberfläche gebunden ist.

Die Frage, in welchem Maße der Allergennachweis durch Coating der Probenträger (MTS) verbessert werden könnte, konnte im Projekt nicht bearbeitet werden. Hierzu sind weitergehende Untersuchungen in einer Bioaerosolprüfkammer mit allergenhaltigen Prüfstäuben unter standardisierten Prüfbedingungen geplant.

Zur Wiederfindung des Rinderhaarallergens bei Durchführung des Nachweisverfahrens als direkter ELISA (ohne Fang-Antikörper) wurden im Projekt zwei Experimente durchgeführt:

Zum einen wurde der Allergengehalt eines wässrigen Materialprobenextraktes aus einem Rinderstall (Stallstaub-Silage-Gemisch) in fünf Verdünnungsstufen (jeweils n=3) mit beiden Analysenvarianten untersucht: Die Wiederfindung von Bos d 2 lag dabei bei 51 % im direkten ELISA (ohne Fangantikörper) verglichen mit dem Sandwich-ELISA.

Zum zweiten wurde geprüft, welche Allergenkonzentrationen mithilfe des direkten Analysenverfahrens optimal ermittelt werden können. Hierzu wurden ein Extraktionsversuch mit Materialprobe (Stallstaub-Silage-Gemisch) und Prüfstaub in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen sowie Materialprobe und Prüfstaub als Positiv- und Negativ-Kontrolle durchgeführt. Die beste Wiederfindung im direkten ELISA zeigte sich bei einem Allergengehalt von 10 % in der Probe (Materialprobe und Prüfstaub im Verhältnis 1:10).

Weiterhin wurde der Frage nachgegangen, ob mit dem Probenahmekopf AS 100 grundsätzlich Partikel aus der einatembaren Fraktion in der Luft in einen Mikrotiterstreifen abgeschieden werden: Dazu wurde in einem Prüfkanal des IFA ein Parallelversuch zur Probenahme mit dem GSP-System und Teflonfiltern (Standardverfahren zur Allergenprobenahme) und mit dem Probenahmekopf AS 100 durchgeführt. Als Prüfstaub wurde ein Standard-Holzstaub mit geeigneter Partikelgröße verwendet (Jeloxyl haho 120 f). Die Bestimmung der jeweils abgeschiedenen Staubmenge erfolgte durch Wägung. In insgesamt 16 Versuchen mit Staubkonzentrationen zwischen 1 und 16 mg/m3 Luft wurden mit dem AS 100 10 bis 70 % der Staubmasse gesammelt, die auf den Filtern im GSP-System abgeschieden wurde – im Durchschnitt landeten 45 % des mit dem Filtrationsverfahren erfassten Staubes im Sammelkopf AS 100. Während das GSP-System über alle Staubkonzentrationen gute Sammeleigenschaften aufwies, zeigte der AS 100 bei niedrigeren Staubkonzentrationen die bessere Sammeleffizienz. Nachfolgend wurde noch eine betriebliche Messung durchgeführt, bei der beide Probenahmesysteme gleichzeitig zur Probenahme an drei Messplätzen eingesetzt wurden. Zwei parallel zur Messung verwendete AS-100-Sammelköpfe zeigten dabei sehr gut vergleichbare Ergebnisse. Mit beiden Messsystemen ließ sich eine Verschleppung des Rinderhaarallergens Bos d 2 aus dem Bereich mit der höchsten Allergenkonzentration (Stall) über das Stallbüro (deutlich niedrigere Allergenkonzentration) in den Wohnbereich sehr gut darstellen. Die absoluten Werte der jeweils gemessenen Allergenkonzentrationen unterschieden sich insbesondere bei den höchsten und niedrigsten Konzentrationen: Im Stall wurde mit dem GSP-System mit ca. 2.000 ng/m3 eine deutlich höhere Allergenkonzentration verzeichnet als mit dem AS 100 (ca. 400 ng/m3). Im Wohnbereich wurden hingegen mit dem AS 100 niedrige, aber gut reproduzierbare Allergenkon-zentrationen festgestellt (3,6 - 4,4 ng/m3), während die Auswertung der Filterproben Werte im Bereich der Nachweisgrenze ergab.

Fazit: Das Projekt „AllMePro“ stellt eine Machbarkeitsstudie zur Frage der Anwendbarkeit des Sammelkopfes AS 100 für die Erfassung von Allergenen in der Luft am Arbeitsplatz dar. Das Rinderhaarallergen Bos d 2 konnte in betrieblichen Messungen mit dem neuen Sammelkopf aus der Luft erfasst und mithilfe eines kommerziellen ELISA-Testkits, der in modifizierter Form angewendet wurde, nachgewiesen werden. Nach den Ergebnissen aus der Machbarkeitsstudie zeichnet sich eine gute Anwendbarkeit des Messverfahrens bei niedrigeren Allergenkonzentrationen in der Luft beispielsweise am Innenraumarbeitsplatz ab.

Innerhalb der Projektlaufzeit konnten nicht alle Teilaspekte abschließend bearbeitet werden. Offene Fragen sind weiterhin:

  • Welcher Staubanteil (A-, E-Staub) kann bzw. welche Partikelgrößen können mit dem AS 100 erfasst werden?
  • Bei welcher Allergenkonzentration liegt die obere Messbereichsgrenze einer Luftmessung mit dem AS 100?
  • Kann der Allergennachweis durch die Verwendung von Fang-Antikörpern verbessert werden?

Folgeprojekte zur Validierung von Probenahme und Analyseverfahren mit Rinderhaar-Allergen- und Schimmelpilz-Allergen-haltigen Prüfstäuben in einer Bioaerosol-Prüfkammer sind in Vorbereitung.

Stand:

11.09.2018

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA)
  • BMA-Labor, Bochum
  • Fa. Holbach-Umweltanalytik, Wadern
  • Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), Kassel
  • Health and Environment Department Bioresources, Austrian Institute of Technology (AIT), Tulln, Österreich
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren

Schlagworte:

Allergisierende Stoffe, Messverfahren, Exposition

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Messverfahren; Allergene; Exposition

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