Ringversuch mit Mensch-Modellen für die Prüfung von Fahrersitzen

Projekt-Nr. BIA 4091

Status:

abgeschlossen 12/2003

Zielsetzung:

Der Einsatz schwingungsmindernder Sitze auf Lastkraftwagen und mobilen Arbeitsmaschinen ist eine wichtige Maßnahme des technischen Schwingungsschutzes an Arbeitsplätzen von Fahrzeugführern. Das Schwingungsverhalten der Sitze muss auf die Intensität und die Frequenzverteilung der Fahrzeugschwingungen abgestimmt sein. Die Überprüfung der Schwingungseigenschaften im Labor ist für die Konstruktion, Optimierung und Zuordnung der Sitze zu den Fahrzeuggruppen unverzichtbar. Bisher wurden Versuchspersonen für die Laborprüfung der Sitze eingesetzt. Zur Vermeidung der Schwingungsexposition und zur Erhöhung der Messgenauigkeit sind mechanische Ersatzsysteme, so genannte Mensch-Modelle vorgesehen, deren Schwingungsverhalten dem des menschlichen Körpers im Frequenzbereich bis 20 Hz nachgebildet ist.

Aktivitäten/Methoden:

Ein weiter entwickeltes mechanisches Mensch-Modell der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) für unterschiedlich schwere Versuchspersonen wurde in einer durch die BAuA initiierten und geförderten Ring-Messung auf seine Eignung für den Laboreinsatz überprüft. Die Schwingungsanregungen wurden im Labor des Berufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitsschutz - BIA durch einen Hydropulssimulator erzeugt. Sie entsprechen vier verschiedenen Klassen von Erdbaumaschinen nach DIN EN ISO 7096:2000 "Laborverfahren zur Bewertung der Schwingungen des Maschinenführersitzes". Jeweils eine dieser Klassen gilt auch für die Prüfung von Gabelstaplersitzen nach prEN 13490 "Mechanische Schwingungen - Flurförderzeuge - Laborverfahren zur Bewertung der Schwingungen des Maschinenführersitzes", von Sitzen für Sattelkraftfahrzeuge nach DIN 45678 "Sattelkraftfahrzeuge - Laborverfahren zur Bewertung der Schwingungen von Fahrzeugsitzen" und von Schleppersitzen nach ISO 5007 "Radtraktoren für die Landwirtschaft; Fahrersitz; Labor-Messung der übertragenen Schwingungen". Für die Schwingungsanregungen dieser vier Fahrzeuggruppen war je ein Sitz aus dem derzeitigen Marktangebot vorgesehen. Zusätzlich wurde im BIA ein Gabelstaplersitz mit Nickschwingverhalten getestet. An den Laborversuchen nahmen sieben Prüfstellen teil. Mit Ausnahme von zwei Prüfstellen, die nur eine Versuchsperson je Gesichtsklasse untersuchten, wurden drei Versuchspersonen je Gewichtsklasse (55 kg, 75 kg, 98 kg) und drei Mensch-Modelle der gleichen Gewichtsklassen untersucht. Jede Messung wurde dreimal wiederholt. Prüfkriterium war der Schwingungsübertragungsfaktor SEAT, der Quotient aus den frequenzbewerteten Schwingbeschleunigungen auf dem Sitz und am Sitzmontagepunkt.

Ergebnisse:

Bei allen Sitzen wird mit zunehmendem Gewicht der Versuchspersonen der Sitzübertragungsfaktor SEAT als Maß für die Vibrationsminderung besser, d. h. niedriger. Beim Vergleich der Ergebnisse, gewonnen mit Mensch-Modellen einerseits und mit Versuchspersonen andererseits, ergab sich jedoch zusätzlich, dass im Durchschnitt der ermittelte SEAT-Wert mit dem Mensch-Modell 11 % niedriger als der SEAT-Wert mit Versuchsperson war, d. h., das Ergebnis der Prüfung mit Mensch-Modell täuschte eine bessere Vibrationsminderung durch den Sitz vor, als sie mit realen Versuchspersonen auf dem Sitz erreicht wird. Die beste Annäherung lieferte das Mensch-Modell beim Gewicht 75 kg, die schlechteste beim Gewicht 55 kg. Die Wiederholgenauigkeit mit dem Modell war wie erwartet besser als mit Versuchspersonen. Um die Ergebnisse mit den Versuchspersonen und dem Mensch-Modell zu größerer Übereinstimmung zu bringen, wurde das Mensch-Modell nochmals modifiziert. Die Massenverteilung zwischen schwingender Masse und Zusatzmasse und das Dämpferöl wurden verändert. An der darauf folgenden Überprüfung waren drei Prüflabors beteiligt. Mit dem modifizierten Mensch-Modell lagen die Sitzübertragungsfaktoren auf dem Erdbaumaschinensitz gegenüber der ersten Versuchsreihe höher, d. h., das Mensch-Modell gab die tatsächlichen Minderungsverhältnisse besser wieder. Die relativen Abweichungen zu den Versuchspersonen betrugen für diesen Sitz nur noch etwa 4 %, wobei der Sitz mit Mensch-Modell immer noch besser abschnitt als mit Versuchspersonen. Für den Sattelzugmaschinensitz ergab die Modifikation des Mensch-Modells im Mittel keine Verbesserung; die relative Abweichung des Sitzübertragungsfaktors verschlechterte sich sogar bei einigen Prüflabors. Insgesamt lag der Sitzübertragungsfaktor SEAT beim Mensch-Modell um knapp 6 % unter dem SEAT-Wert bei Versuchspersonen, d. h., der Sitz wird vom Modell um diesen Betrag zu gut beurteilt. Während die Ergebnisstreuung zwischen den Versuchspersonen 20 % und mehr betrug, lag sie bei Verwendung des Mensch-Modells bei weniger als 10 %. Damit hat das Mensch-Modell seine grundsätzliche Eignung als Ersatz von Versuchspersonen bewiesen. Allerdings zeichnet sich ab, dass bei Verwendung des Modells für die verschiedenen Norm-Anregungsspektren Korrekturfaktoren ermittelt werden müssen. Es hat sich gezeigt, dass die Wirkung des Mensch-Modells von der Frequenzcharakteristik des Anregungsspektrums abhängt.

Weitere Informationen:

Stand:

30.06.2004

Projekt

Gefördert durch:
  • Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG)
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
Projektdurchführung:
  • Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz - BIA und sechs weitere Institutionen
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Lärm/Vibrationen

Schlagworte:

Prüfverfahren, Prävention, Vibration

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Ganzkörper-Schwingungen, Fahrersitze, Sitzprüfung, Mensch-Modelle, Versuchspersonen, Erdbaumaschinen, Sattelkraftfahrzeuge, Schlepper

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