Analyse thermisch behandelten Asbestzements

Projekt-Nr. BGIA 2060

Status:

abgeschlossen 12/2004

Zielsetzung:

Ca. 65 bis 70 % des in den vergangenen Jahrzehnten in die Bundesrepublik Deutschland importierten Asbests wurden für die Asbestzementherstellung verwendet, z. B. in Wellasbestplatten, Fassadenplatten, Kunstschiefer, Rohren oder Formteilen. Für Asbestzement wurde überwiegend Chrysotil ("Weißasbest") eingesetzt, für einige Produkte (z. B. Druckrohre, bestimmte Platten) ist neben Chrysotil auch Krokydolith ("Blauasbest") benutzt worden. Seit dem Zweiten Weltkrieg gelangten demnach überwiegend in der Zeit zwischen 1955 und 1985 mehrere Millionen Tonnen Asbestzementprodukte in Verkehr.

Da eine Haltbarkeit von Asbestzement von rund 50 bis 70 Jahren anzunehmen ist, ist davon auszugehen, dass ein Großteil der überwiegend im Hochbau verbauten Produkte noch zur Entsorgung ansteht. Als Alternative zur kostspieligen Deponierung wird mit Verweis auf das Kreislaufwirtschafts- und Abfall-Gesetz auch eine Verwertung asbesthaltiger Abfälle gesehen. Hier sind Verfahren denkbar, die den Asbest z. B. durch Aufmahlung, thermische oder chemische Behandlung umwandeln bzw. zerstören.

Für Behörden, Abnehmer und Inverkehrbringer stellt sich dabei die Frage, wie kontrolliert werden kann, ob die Umwandlung bzw. Zerstörung von Asbest im Rahmen der Abfallbehandlung vollständig erfolgt ist. Zur Analyse von Asbest in technischen Produkten steht eine Reihe von etablierten Analysenmethoden zur Verfügung. Diese sind jedoch dahingehend zu prüfen, ob auch bei einer thermischen Behandlung von Asbest, die nur zu einer teilweisen Umwandlung des Asbests in andere Phasen geführt hat, die erzielten Analysenresultate eindeutige Aussagen erlauben.

Das Wiederinverkehrbringen der behandelten Materialien z. B. als Zuschlagsstoff oder Material zum Aufschütten im Straßenbau könnte zu hohen Asbestfaserbelastungen von Arbeitnehmern führen, wenn der Asbest nicht vollständig zerstört wurde.

Aktivitäten/Methoden:

Die etablierten Analysenverfahren zur Bestimmung von Asbest in technischen Produkten wurden an definiert aufgearbeiteten Asbestzementproben angewendet. Für die vergleichenden Untersuchungen wurden verschiedene archivierte Proben von Asbestzementplatten genutzt. Der Schwerpunkt der Untersuchungen betraf chrysotilhaltige Platten. Als thermische Behandlung wird hier ein Glühen der Proben bei 1 000 °C durchgeführt. Die Glühdauer variierte zwischen einer Viertelstunde und 30 Stunden. Die Proben wurden in Abhängigkeit vom Analysenverfahren aufbereitet. Für die infrarotspektroskopische und röntgendiffraktometrische Analyse wurden die Proben zwei Minuten in der Mikronisiermühle gemahlen, zur phasenkontrastmikroskopischen und rasterelektronenmikroskopischen Auswertung in der Reibschale zerkleinert. Daneben wurden rasterelektronenmikroskopisch auch Bruchflächen mit Chrysotilfaserbüscheln und phasenkontrastmikroskopisch auch gezielt herauspräparierte Faserbüschel untersucht. Zum Vergleich wurden jeweils auch nicht thermisch behandelte Proben der Platten analysiert.

Ergebnisse:

Die Umwandlung von Chrysotil in Asbestzement durch thermische Behandlung kann mittels phasenkontrastmikroskopischer Analyse festgestellt werden (Veränderung von Lichtbrechung und Morphologie der Fasern). Auch die infrarotspektroskopische Analyse zeigt eine entsprechende Umwandlung durch das Fehlen der charakteristischen Absorptionsbande des Chrysotils und eine signifikante Änderung des gesamten IR-Spektrums des behandelten Asbestzements. Um eine hohe Sicherheit zu erreichen, wird empfohlen, beide Verfahren in Kombination anzuwenden. Valide Ergebnisse können allerdings nur erreicht werden, wenn es sich bei der jeweiligen Probe um ein homogenes Bruchstück eines Produktes handelt. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass bei ausschließlichem Nachweis von vollständig umgewandeltem Chrysotil bei der phasenkontrastmikroskopischen Analyse das Vorhandensein von nicht umgewandeltem Chrysotil in derselben Probe unwahrscheinlich ist. Sollte es sich bei den Proben um Mischungen verschieden behandelter Stücke handeln, können in dem Gemisch kleine Anteile von Asbest unterhalb der Nachweisgrenze der Verfahren in Höhe von 1 Masse-% unerkannt bleiben. Zur Absicherung sind dann andere Analysenverfahren ergänzend anzuwenden, z. B. Transmissionenelektronenmikroskopie (TEM). Sollte die Analyse auf eine nicht vollständige Umwandlung hindeuten, kann die Vollständigkeit der thermischen Behandlung durch folgendes Verfahren überprüft werden: Die Probe wird für eine Stunde bei 1000 °C geglüht und anschließend ein zweites Mal mittels IR-Spektroskopie analysiert. Zeigt das IR-Spektrum der zweiten Analyse signifikante Unterschiede zu dem der ersten Analyse, war die thermische Umwandlung der zu untersuchenden Probe nicht vollständig. Solche Materialien dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.

Diese Aussagen treffen für die Kontrolle der Umwandlung von Asbest in Asbestzementprodukten zu, die bei mindestens 1 000° C geglüht wurden. Inwieweit niedrigere Glühtemperaturen zu vergleichbaren Analysenergebnissen und Schlussfolgerungen führen, ist ggf. durch ein weiteres Projekt zu überprüfen.

Weitere Informationen:

Stand:

17.08.2007

Projekt

Gefördert durch:
  • Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG)
Projektdurchführung:
  • Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz - BGIA
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Gefahrstoffe, Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren

Schlagworte:

Krebserregende Stoffe, Exposition, Messverfahren

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Asbest, Chrysotil, Krokydolith, thermische Behandlung, Asbestzement

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