Klimaveränderungen

Fotografische Darstellung: Aus einem Schornstein kommen kleine weiße Wölkchen, die am Himmel ein C, ein O und eine kleine 2 bilden: CO2

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Die massive Nutzung und Verbrennung fossiler Energieträger seit Beginn der Industrialisierung und eine intensive Landwirtschaft, gepaart mit der Gefährdung natürlicher Kohlenstoffsenken durch die Abholzung und Rodung von Wäldern und die Trockenlegung von Mooren, führen zu immer mehr Treibhausgasen in der Erdatmosphäre und einer fortschreitenden globalen Erwärmung. Damit einher gehen heute schon deutlich spürbare und zunehmend irreversible Veränderungen in den Ozeanen und an Land, die die Sicherheit und Gesundheit der Menschen sowie das Gleichgewicht von Ökosystemen weltweit gefährden [1; 2].

Der anthropogene Ausstoß von Treibhausgasen verursacht den Eintrag zusätzlicher Energie in das Klimasystem der Erde. 91 % dieser Energie nehmen die Ozeane auf und erwärmen sich inzwischen immer schneller und marine Hitzewellen nehmen in ihrer Häufigkeit und Intensität zu. Durch die Aufnahme von Kohlendioxid (CO2) sinken zudem die pH-Werte in den Ozeanen, d. h. sie versauern [2; 3].

Das "Kühlsystem" der Erde gerät zunehmend unter Druck: Schätzungen ergeben, dass bis 2100 weltweit 50 % der Gletscher verloren sein werden [4]. Die Erwärmung der Erdoberflächentemperatur vollzieht sich in der Arktis besonders schnell [3]. Durch das Schmelzen des arktischen Meereises wird ein höherer Anteil der Sonnenenergie absorbiert, das Meer erwärmt sich und dadurch und durch tauenden Permafrost an Land steigt der Meeresspiegel [5]. Der Anstieg unterscheidet sich regional, vollzog sich global aber zwischen 2006 und 2015 bereits mehr als doppelt so schnell wie in der Zeit von 1901 bis 1990 [2; 3].

Auch die Ozeanschichtung bzw. der Dichtekontrast im Nordpolarmeer nimmt durch die Schmelze des grönländischen Eisschilds zu, was die Atlantische Meridionale Umwälzzirkulation (AMOC), auch Golfstrom genannt, schwächt und die Nährstoff- und Sauerstoffversorgung in den Meeresschichten und marine Ökosysteme beeinträchtigt [3; 6; 7].

Klimaveränderungen sind auch in Deutschland schon deutlich spürbar: Die bodennahe Lufttemperatur lag im vergangenen Jahrzehnt um rund 2 °C höher als in den Jahrzehnten der ersten Aufzeichnungen (1881–1910). Seit den 1960er-Jahren steigt die globale Oberflächentemperatur beispiellos schnell. Mit Ausnahme des Jahres 1994 traten die wärmsten zehn Jahre alle seit dem Jahr 2000 auf, die Anzahl an "heißen Tagen" über 30 °C steigt; die Anzahl an "Eistagen", an denen die Temperatur ganztägig 0 °C unterschreitet, sinkt. Hitzewellen nehmen genauso wie die Anzahl der Tage mit niedriger Bodenfeuchte zu - insbesondere im Nordosten und im Rhein-Main-Gebiet. Nord- und Ostsee werden wärmer. Gleichzeitig weisen Statistiken auf eine Zunahme von Starkregenereignissen in Deutschland hin [2].

Höhere Temperaturen verändern auch die Vegetation in Deutschland und haben Auswirkungen auf die Belastungen durch Allergene und die Verbreitung von infektionserregerübertragenden Vektoren wie Zecken und Mücken.

Auch die Belastung durch ultraviolette (UV-)Strahlung hat im letzten Jahrzehnt in Deutschland zugenommen. Dies betrifft die mittlere UV-Spitzenbelastung sowie die mittlere UV-Jahresdosis und wird im Wesentlichen begründet durch eine klimawandelbedingt abnehmende Bewölkung im Frühjahr und Sommer. Auch Niedrigozonereignisse nehmen als Folge des Klimawandels über Europa zu und führen kurzzeitig zu deutlich erhöhten UV-Bestrahlungsstärken [8].


  • Was beschleunigt, was bremst den Trend?

    Ein Fortschreiten der Klimaveränderungen wird maßgeblich durch die Höhe der aktuellen und zukünftigen globalen Treibhausgasemissionen bestimmt. Bis zum Jahr 2040 wird die globale Oberflächentemperatur voraussichtlich mindestens 1,5 °C höher sein als in den Jahren 1850 bis 1900. Werden fossile Rohstoffressourcen weiter aktiv und stärker als heute genutzt (Klimaszenario SSP5-8.5 [1]), ist bis 2040 sogar mit einem Anstieg um 4,4 °C zu rechnen. Jede Steigerung der globalen Erderwärmung verstärkt die Klimaveränderungen, sodass die Weltgesundheitsorganisation im Klimawandel die größte Gesundheitsbedrohung für die Menschheit sieht [9]. Die Komplexität der Klimaveränderungen, ihre Interdependenzen sowie ihre Wechselwirkungen mit anderen globalen Herausforderungen wie Umweltverschmutzung, Ressourcenverbrauch und Biodiversitätsverlust erhöhen die Wahrscheinlichkeit der weiteren Überschreitung planetarer Grenzen, des Erreichens irreversibler Kipppunkte und einer erhöhten Krankheitslast der Bevölkerung, die auch die Arbeitswelt treffen wird [1; 4; 10; 11]. 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen weltweit leben in einem durch den Klimawandel hoch gefährdeten Umfeld. Dies lässt mittel- bis langfristig eine zunehmende globale Migration erwarten, u. a. durch eine gefährdete Nahrungs- und Trinkwasserversorgung in davon betroffenen Gebieten [1; 12].

    Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere Maßnahmen zur Dekarbonisierung, zur Ressourceneffizienz und zum Erhalt und Ausbau natürlicher Kohlenstoffsenken, wirken Klimaveränderungen entgegen [13]. Sie sind umso effektiver, je schneller sie umgesetzt werden [1; 14; 15]. Wichtige Maßnahmen zur Dekarbonisierung und Ressourceneffizienz sind z. B. derAusbau erneuerbarer Energien, die Entwicklung von Speichertechnologien, Maßnahmen zur Energieeffizienz, die Etablierung einer Kreislaufwirtschaftoder die Transformation hin zu einer nachhaltigen Mobilität. Eine umfassende Dekarbonisierung geht auch mit einer verbesserten Luftqualität einher sowie mit positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit vieler Menschen, insbesondere in Ballungsgebieten [16]. Verschiedene deutsche Gesetze und Strategien (z. B. neueste Fassung des Klimaschutzgesetzes, Deutsche Anpassungsstrategie Klimawandel, Nationale Wasserstrategie, Nationale Wasserstoffstrategie, Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung) tragen der Erkenntnis Rechnung, dass Klimaschutz und Klimaanpassungen in allen Sektoren entscheidend sind zur Prävention und Minderung der negativen Auswirkungen des Klimawandels auf Gesundheit, Wohlstand, Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie die soziale und wirtschaftliche Stabilität [1; 15; 16].

    Internationale und nationale Gesetze, Vorschriften und bindende Vereinbarungen, aber auch die Sensibilisierung der Gesellschaft für Folgen des Klimawandels im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie staatliche Förderprogramme zur grünen Transformation sind wirksame Mittel, den Klimaveränderungen durch kollektives und individuelles Handeln entgegenzuwirken. Ein Überdenken der eigenen Einstellungen zu Natur, Konsum, Ernährung, Mobilität und Lebensqualität führt im besten Fall zu einem klimafreundlicheren Verhalten und geht dann auch mit positiven Effekten für die Gesundheit einher [z. B. 11; 17]. Eine solche Sensibilisierung kann auch im Unternehmensumfeld wirksam angestoßen werden und dort eine größere Reichweite erzielen, da Menschen dazu neigen, sich entsprechend der in ihrem Umfeld geltenden sozialen Normen zu verhalten [18].

  • Wer ist betroffen?

    Klimaveränderungen betreffen grundsätzlich alle Menschen in sehr vielen Lebensbereichen.

    In Deutschland sind folgende Branchen besonders von Klimaveränderungen betroffen:
    Land- und Forstwirtschaft, Energie- und Wasserwirtschaft, Gesundheitswesen, Fischerei,

    Verkehr und Logistik, Handel, Bauwirtschaft, chemische Industrie und Teile des öffentlichen Dienstes. Teilweise kommt es auch zu negativen Auswirkungen auf den Tourismus (z. B. in Skigebieten). Beschäftigte im Freien sind besonders stark von UV-Strahlung, Hitze, anderen Extremwettern und der Ausbreitung von Vektoren und (neuen) Allergenen betroffen.

  • Beispiele
  • Welche Veränderungen ergeben sich für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten?

    Der Weltklimarat schätzt, dass es zum Ende des 21. Jahrhunderts weltweit jährlich zu mehr als neun Millionen Toten infolge des Klimawandels kommen wird [12]. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich allein 277 humanpathogene Krankheiten durch den Klimawandel verschlimmern können [19]. Gleichzeitig resultiert die Zerstörung von Ökosystemen durch die Erderwärmung in Biodiversitätsverlusten. Dadurch gehen große Potenziale hinsichtlich der Entdeckung von Arzneimitteln verloren, die die Gesundheit der Menschen und ihre Beschäftigungsfähigkeit schützen könnten [z. B. 20].

    Im Folgenden werden einige konkrete Zusammenhänge zwischen Klimaveränderungen und Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit in Deutschland näher dargestellt. Die Auswirkungen von Extremwetterereignissen und -lagen, einschließlich z. B. Hitze, Dürre, Starkregen und Stürmen als Folge von Klimaveränderungen behandelt die Trendbeschreibung Naturkatastrophen und Extremwetter.

    Solare UV-Strahlung

    Der Schutz von Außenbeschäftigten gegenüber solarer UV-Strahlung rückt zunehmend in den Vordergrund. Eine steigende bodennahe UV-Belastung kann das Risiko für Erkrankungen durch UV-Strahlung, z. B. Hautkrebs und Augenschäden, erhöhen. Zudem steht UV-Strahlung im Zusammenhang mit Hautrötungen, Sonnenbrand, vorzeitiger Hautalterung und Immunsuppression [8]. Für Deutschland wird bis zum Ende des 21. Jahrhunderts mit jährlich 2500 bis 3300 zusätzlichen Fällen von Hautkrebs pro Jahr gerechnet [21]. Im Berufskrankheitengeschehen der gesetzlichen Unfallversicherung spielt Hautkrebs durch arbeitsbedingte UV-Strahlung schon jetzt eine zentrale Rolle [22].

    Im Gegensatz zu schwarzem Hautkrebs (malignes Melanom), der am ganzen Körper auftreten kann, entsteht weißer Hautkrebs meist an häufig exponierten Hautpartien [23]. Weil eine kumulierte hohe Lebenszeitexposition gegenüber UV-Strahlung den stärksten Risikofaktor darstellt, tragen Außenbeschäftigte ein besonders hohes Risiko für weißen Hautkrebs [24; 25]. Auch bestimmte Medikamente können die Lichtempfindlichkeit der Haut stark erhöhen, wodurch das Risiko für Sonnenbrände steigt [26]. Da die Wahrscheinlichkeit einer Medikamenteneinnahme mit dem Alter steigt, könnten ältere Beschäftigte hier besonders betroffen sein. Zudem wird die Exposition gegenüber UV-Strahlung immer noch häufig unterschätzt, besonders bei im Frühjahr auftretenden Niedrigozonereignissen, wenn die Haut noch nicht an die Sonne gewöhnt ist und die Menschen noch nicht auf Sonnenschutzmaßnahmen eingestellt sind [21].

    Eine zunehmende Exposition gegenüber UV-Strahlung beschleunigt auch die Materialalterung (z. B. von Kunststoffen) oder das Ausbleichen fluoreszierender Farben an Warnkleidung, sodass die Intervalle für Prüfungen zu Funktionalität, Sicherheit oder ausreichender Leuchtkraft angepasst werden müssen [27].

    Allergene und Toxine

    Dauerhaft höhere Temperaturen in Deutschland führen zu veränderten Vegetationsperioden. Viele Pflanzen beginnen früher im Jahr zu blühen, dadurch verlängert sich die Pollenflugsaison. Zudem steigt perspektivisch die Pollenmenge durch eine höhere CO2-Konzentration in der Luft. Viele Pflanzen mit allergenem Potenzial gedeihen besonders bei höheren Temperaturen. Ein Temperaturanstieg kann daher die Ausbreitung allergener Pflanzen (z. B. der invasiven Beifuß-Ambrosie) begünstigen. Es ist zu erwarten, dass sensibilisierte Beschäftigte aus den genannten Gründen verstärkt unter den Folgen der Allergenbelastung zu leiden haben – mit Folgen für ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Die Anzahl der von Heuschnupfen Betroffenen hat seit Beginn der 2000er-Jahre bereits stark zugenommen [8]. Durch körperliche Abgeschlagenheit und erhöhte Müdigkeit infolge der Medikation kann die Wahrscheinlichkeit von Arbeitsunfällen steigen. Einige Pflanzen und Schädlinge bilden Toxine in Verbindung mit Sonnenlicht oder CO2 [8]. Während Heuschnupfen nicht nur Beschäftigte im Freien betrifft, ist die Wahrscheinlichkeit für Kontakt mit Toxinen aus Flora und Fauna bei ihnen berufsbedingt erhöht.

    Infektionserkrankungen

    Auch infektionserregerübertragende Vektoren, wie Mücken und Zecken, oder Schädlinge wie Prozessionsspinner, die allergische, mechanisch-irritative oder toxische Reaktionen auslösen können, sind aufgrund höherer Temperaturen geografisch weiter verbreitet [2; 28]. Durch die Ausbreitung von Zecken erhöht sich gerade für Beschäftigte im Freien die Gefahr, an Borreliose oder bei fehlendem Impfschutz auch an Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zu erkranken. Es wurden in Deutschland bereits Fälle von West-Nil- und Dengue-Fieber verzeichnet, die auf eine Übertragung der Erreger durch Mücken zurückgeführt wurden. [16]. Die sich ausbreitende asiatische Tigermücke kann mehr als 20 Erreger übertragen. Auch nehmen invasive Pilzinfektionen weltweit zu, insbesondere bei immungeschwächten Menschen. In Europa hat der Pilzerreger "Candida auris" bereits vereinzelt Ausbrüche in Krankenhäusern verursacht [29] und bedroht somit potenziell auch dort Beschäftigte. Auch tauender Permafrost stellt eine Gefahr in Bezug auf Infektionskrankheiten dar, denn im Eis sind teils sehr alte Pathogene gefangen, die durch das Tauen freigesetzt werden können [5]. Ab ca. 20 °C Wassertemperatur eignet sich Meer- und Brackwasser zur Übertragung von Vibrionen. Diese Bakterien können z. B. Cholera oder bakterielle Gastroenteritis hervorrufen. Man fürchtet, dass mit einer Zunahme von Hitzewellen Vibrionen in Meeresfrüchten und Fischen auch in Europa prävalenter werden. Ohne Aufklärung und angepasste Hygienemaßnahmen könnte dies vermehrt zu Infektionen auch beim Personal entlang der Verarbeitungskette führen [30]. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich 58 % aller bisher bekannten humanpathogenen Infektionskrankheiten infolge des Klimawandels verschlimmern können [19].

    Psychische Belastungen

    Klimaveränderungen können die psychische Gesundheit vielfältig belasten und wirken so in die Arbeitswelt hinein. Zum einen kann das direkte Erleben von Katastrophen z. B. infolge klimawandelbedingter Extremwetter zu psychischen Stressreaktionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen führen [16]. Auch berufliche Anpassungserfordernisse, hervorgerufen durch die grüne Transformation, können Stressoren sein und mit Überforderung, Zukunfts- und Existenzängsten einhergehen [16]. Zum anderen kann eine sogenannte "Klimaangst" entstehen. Sie betrifft insbesondere junge Menschen und gefährdet ihre mentale Gesundheit, wenn andere ihre Nöte nicht ernst nehmen oder sie selbst keine Wege aus der Hilflosigkeit in Form von Selbstwirksamkeitserleben finden [31].

    Stabilität und Sicherheit

    Schon heute gefährdet die Zunahme von Extremwettern und klimawandelbedingten Katastrophen Infrastrukturen und dadurch die Stabilität globaler Lieferketten. Lieferengpässe und -ausfälle können insbesondere kleine und mittlere Unternehmen stark treffen.

    Eine unzureichende Dekarbonisierung wirkt sich weltweit negativ auf Ökosysteme und menschliche Lebenswelten aus. Dies trifft auch auf Arbeitswelten zu, denn schon heute erschweren Klimaveränderungen vielfach die Bedingungen, unter denen Arbeit verrichtet wird. Klimaanpassungsmaßnahmen können dem entgegenwirken. Da die menschliche Anpassungsfähigkeit an Klimaveränderungen aber begrenzt ist und negative Auswirkungen von Klimaveränderungen auf sichere und gesunde Arbeit möglichst schnell eingedämmt werden sollten, bedarf es für eine wirksame Prävention neben Klimaanpassungen auch Klimaschutzmaßnahmen [z. B.14; 16]. Mit jedem marginalen Anstieg der Erderwärmung potenzieren sich die Auswirkungen, sodass bei gleichbleibenden oder steigenden Treibhausgasemissionen mittel- bis langfristig auch Handlungsspielräume schrumpfen, Arbeit sicher und gesund gestalten zu können.

    Zudem verschärft die Erderwärmung die gesundheitliche und soziale Ungleichheit, weil der sozioökonomische Status die individuellen Klimaanpassungsmöglichkeiten und Resilienz gegenüber steigenden Kosten für Energie, Lebensmittel und Wohnen beeinflusst [32; 33]. Auch sind geforderte energiepolitische Maßnahmen gegen den Klimawandel teils für Vermögende leichter umsetzbar [34]. Kommt es durch die Transformation zur CO2-neutralen Wirtschaft zum Arbeitsplatzverlust und gehen Phasen der Re-Qualifizierung mit Einkommenseinbußen einher, kann das existenzgefährdend sein. All dies hat negative Auswirkungen auf "… den Zusammenhalt unserer demokratischen Gesellschaft…" und die politische Stabilität [33]. Die Erderwärmung gefährdet mittel- bis langfristig zudem auch die Absicherungsfunktionen des Sozialstaates: Häufiger und intensiver auftretende gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden beanspruchen die sozialen Sicherungssysteme stärker und können sie stellenweise oder lokal an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen [1; 4; 16].

  • Was sind Erkenntnisse und Perspektiven für den Arbeitsschutz?
    • Klimaschutz ist kein Auftrag der gesetzlichen Unfallversicherung. Dennoch hat er positive Effekte auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Die gesetzliche Unfallversicherung kann dort ansetzen, wo sich Bedingungen und Verfahren in Betrieben und Branchen verändern, um gesetzlich geforderten Dekarbonisierungsmaßnahmen zu entsprechen und diese Veränderungen mit Präventionsangeboten begleiten.
    • Zu vielen Klimaveränderungen (Hitzebelastung, Exposition gegenüber solarer UV-Strahlung, Extremwetterereignisse) hat die gesetzliche
      Unfallversicherung bereits Regelwerke und Vorschriften erarbeitet und unterstützt mit Präventionsangeboten zur Klimaanpassung. Zu anderen Klimaveränderungen mit aktuell weniger unmittelbaren Auswirkungen (z. B. Anstieg des Meeresspiegels, Versauerung der Meere, Ozeanschichtung) auf versicherte Tätigkeiten in Deutschland fehlen - auch in der gesetzlichen Unfallversicherung - noch Analysen von Prognosen und Wechselwirkungen. Solche Analysen braucht es, um beurteilen zu können, ob, wie, wann, in welchem Umfang und in welchen Branchen oder Personengruppen sich
      die genannten Klimaveränderungen zukünftig auf die Sicherheit und Gesundheit bei versicherten Tätigkeiten auswirken werden.
    • Bestehende Präventions- und Schutzmaßnahmen (z. B. Grenzwerte für die natürliche UV-Belastung bei der Arbeit) gilt es weiterzuentwickeln, auch um Akzeptanz und Bewusstsein zu schaffen.
    • Sensibilisierung für die Relevanz von Klimaveränderungen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ist bei allen Akteuren/Fachkräften im Arbeitsschutz erforderlich.
    • Die Forschung ist gefordert, Wissen zu Art und Verbreitung von Erregern und Allergenen zu generieren, das als Grundlage für präventive Maßnahmen dienen kann.
    • Aus Klimaveränderungen ggf. entstehende neue Kombinationsbelastungen sollten identifiziert und bei der Beurteilung von Arbeitstätigkeiten und -prozessen und im Vorschriften- und Regelwerk sowie in Handlungsempfehlungen ausreichend berücksichtigt werden. Gefährdungsbeurteilungen sind entsprechend zu ergänzen.
    • Klimaanpassungs- und -schutzmaßnahmen können zu Zielkonflikten in Bezug auf den Arbeitsschutz führen (z. B. Beschattung durch Pflanzung von Bäumen mit allergenen Pollen). Zielkonflikte sind im Vorfeld zu analysieren.
  • Quellen

    [1] IPCC: Summary for Policymakers. (nicht barrierefrei) In: Climate Change 2023: Synthesis Report. Contribution of Working Groups I, II and III to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Hrsg.: IPCC, Geneva, Switzerland 2023 (abgerufen am 18.12.2023)

    [2] Was wir heute übers Klima wissen. Basisfakten zum Klimawandel, die in der Wissenschaft unumstritten sind. Hrsg.: Deutsches Klima-Konsortium e.V. (DKK); Deutsche Metereologische Gesellschaft e.V. (DMG); Deutscher Wetterdienst; Extremwetterkongress Hamburg; Helmholtz-Klima-Initiative; klimafakten.de, Berlin; Offenbach; Hamburg; Bonn 2022 (abgerufen am 09.10.2023)

    [3]IPCC (2019): Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger. (nicht barrierefrei) In: H.-O. Pörtner, D.C. Roberts, V. Masson-Delmotte, P. Zhai, M. Tignor, E. Poloczanska, K. Mintenbeck, A. Alegría, M. Nicolai, A. Okem, J. Petzold, B. Rama, N.M. Weyer (Hrsg.): IPCC-Sonderbericht über den Ozean und die Kryosphäre in einem sich wandelnden Klima. Deutsche Übersetzung auf Basis der Onlineversion inklusive Errata vom 2. März 2020. Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Bonn 2021 (abgerufen am 24.11.2023)

    [4] Eberle, C.; O’Connor, J.; Narvaez, L.; Mena Benavides, M.; Sebesvari, Z.:Interconnected Disaster Risks: Risk Tipping Points. (nicht barrierefrei) Hrsg.: United Nations University – Institute for Environment and Human Security Bonn 2023 (abgerufen am 09.11.2023)

    [5] Westerveld, L.; Kurvits, T.; Schoolmeester, T.; Mulelid, O. B.; Eckhof, T. S.; Overduin, P. P.; Fritz, M.; Lantuit, H.; Alfthan, B.; Sinisalo, A.; Miesner, F.; Viitanen, L.-K.; consortium, t. N.:Arctic Permafrost Atlas. Hrsg.: GRID-Arendal, Arendal 2023 (abgerufen am 07.11.2023)

    [6] Oltmanns, M.; Karstensen, J.; Fischer, J.: Increased risk of a shutdown of ocean convection posed by warm North Atlantic summers. Nature Climate Change 8 (2018) Nr. 4, S. 300-304 (abgerufen am 22.11.2023)

    [7] Schwächelnder Golfstrom. Hrsg.: Leibniz-Gemeinschaft, Berlin 04.03.2021 (abgerufen am 18.12.2023)

    [8] Bauer, S.; Bux, K.; Dieterich, F.; Gabriel, K.; Kienast, C.; Klar, S.; Alexander, T.: Klimawandel und Arbeitsschutz. Hrsg.: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin, Dresden 2022 (abgerufen am 30.11.2023)

    [9] United Nations Climate Action team: Fast facts on climate and health. Hrsg.: Weltgesundheitsorganisation, Genf 2021 (abgerufen am 28.11.2023)

    [10] Bühn, S.; Schulz, C. M.: Planetary health im betrieblichen Setting - Auswirkungen der planetaren Krisen auf die Gesundheit von Beschäftigten und Chancen durch ein klimasensibles betriebliches Gesundheitsmanagement. (nicht barrierefrei) Hrsg.: Deutsche Allianz Klima und Gesundheit e. V. (KLUG), Berlin 2023 (abgerufen am 29.11.2023)

    [11] Abbasi, K.; Ali, P.; Barbour, V.; Benfield, T.; Bibbins-Domingo, K.; Hancocks, S.; Horton, R.; Laybourn-Langton, L.; Mash, R.; Sahni, P.; Sharief, W. M.; Yonga, P.; Zielinski, C.: Time to treat the climate and nature crisis as one indivisible global health emergency. BMJ 383 (2023), p2355

    [12] Pörtner, H.-O., et.al. In: Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Contribution of Working Group II to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (nicht barrierefrei) (Ed.: H.-O. Pörtner, D.C. Roberts, E.S. Poloczanska, K. Mintenbeck, M. Tignor, A. Alegría, M. Craig, S. Langsdorf, S. Löschke, V. Möller, A. Okem ), Cambridge University Press, Cambridge, UK and New York, NY, USA, 2022, pp. 37–118 (abgerufen am 15.01.2024)

    [13] Öko-Institut e.V.: Natürliche Senken – Die Potenziale natürlicher Ökosysteme zur Vermeidung von THG-Emissionen und Speicherung von Kohlenstoff. Modellierung des LULUCF-Sektors sowie Analyse natürlicher Senken. (nicht barrierefrei) Kurzgutachten zur dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität. Hrsg.: Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin 2021 (abgerufen am 24.11.2023)

    [14] Klimaanpassung jetzt gesetzlich verankern. Hrsg.: Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau 2021 (abgerufen am 17.11.2023)

    [15] Romanello, Marina, et al. The 2023 report of the Lancet Countdown on health and climate change: the imperative for a health-centred response in a world facing irreversible harms. The Lancet (2023), S. 1-49 (abgerufen am 20.11.2023)

    [16] Bühn, S.; Voss, M.: Klimawandel und Gesundheit - Auswirkungen auf die Arbeitswelt. (nicht barrierefrei) Hrsg.: Berlin, Centre for Planetary Health Policy 2023 (abgerufen am 20.11.2023)

    [17] Hensiek, J.: Planetare Gesundheit: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz - auch in den Betrieben. Betriebliche Prävention 7/8 (2023), S. 300-302

    [18] Bergquist, M.; Thiel, M.; Goldberg, M. H.; van der Linden, S.: Field interventions for climate change mitigation behaviors: A second-order meta-analysis. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 120 (2023) Nr. 13, e2214851120 (abgerufen am 08.12.2023)

    [19] Mora, C.; McKenzie, T.; Gaw, I. M.; Dean, J. M.; von Hammerstein, H.; Knudson, T. A.; Setter, R. O.; Smith, C. Z.; Webster, K. M.; Patz, J. A.; Franklin, E. C.: Over half of known human pathogenic diseases can be aggravated by climate change. Nat Clim Chang 12 (2022) Nr. 9, S. 869-875 (abgerufen am 11.12.2023)

    [20] Heilkraft aus dem Meer. Spektrum der Wissenschaft 3 (2023), S. 32-37

    [21] Baldermann, C.; Laschewski, G.; Grooß, J.-U.: Auswirkungen des Klimawandels auf nicht-übertragbare Erkrankungen durch veränderte UV-Strahlung. Journal of Health Monitoring 8 (2023) Nr. 54, S. 61 - 80 (abgerufen am 07.11.2023)

    [22] DGUV-Statistiken für die Praxis 2022.Aktuelle Zahlen und Zeitreihen aus der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. (nicht barrierefrei) Hrsg.: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin 2023 (abgerufen am 25.01.2024)

    [23] Ott, G.; Janßen, W.; Janßen, M.; Nowack, D.; Knuschke, P.: Schutz vor solarer UV-Exposition. sicher ist sicher – Arbeitsschutz aktuell 7–8 (2013), S. 2-4

    [24] Bauer, A.; Beissert, S.; Knuschke, P.: Prävention von durch berufliche solare UV-Exposition bedingtem epithelialem Hautkrebs. Der Hautarzt 66 (2015) Nr. 3, S. 173-178

    [25] Schmitt, J., et.al.: Occupational ultraviolet light exposure increases the risk for the development of cutaneous squamous cell carcinoma: a systematic review and meta-analysis. The British journal of dermatology : BJD 164 (2011) Nr. 2, S. 291-307

    [26] Sonnenschutz. Hrsg.: Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (nicht barrierefrei), Kassel 2016 (abgerufen am 08.01.2024)

    [27]DGUV Information 212-016 Warnkleidung. (nicht barrierefrei) Hrsg.: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin 2021 (abgerufen am 12.12.2023)

    [28] Bergmann, K.-C.; Brehler, R.; Endler, C.; Höflih, C.; Kespohl, S.; Plaza, M.; Raulf, M.; Standl, M.; Thamm, R.; Traidl-Hoffman, C.; Werchan, B.: Auswirkungen des Klimawandels auf allergische Erkrankungen in Deutschland (nicht barrierefrei). Journal of Health Monitoring 8 (2023) Nr. 54, S. 82 - 109 (abgerufen am 07.11.2023)

    [29] Schubert, F.: Jeden Monat taucht ein neuer Pilzerreger auf. Spektrum der Wissenschaft 6 (2023), S. 42-48

    [30] Stöppelmann, F. F., Lars: Massnahmen zur Beherrschung mikrobiologischer Risiken verursacht durch Vibrio spp. – Literaturstudie zur Prävalenz von Vibrio parahaemolyticus und Vibrio vulnificus in Meeresfrüchten und Fischen. Hrsg.: Züricher Hochschule für angewandte Wissenschaften, Zürich 2020 (abgerufen am 07.12.2023)

    [31] Hickman, C.; Marks, E.; Pihkala, P.; Clayton, S.; Lewandowski, R. E.; Mayall, E. E.; Wray, B.; Mellor, C.; van Susteren, L.: Climate anxiety in children and young people and their beliefs about government responses to climate change: a global survey. Lancet Planet Health 5 (2021) Nr. 12 (abgerufen am 18.12.2023)

    [32] Beermann, A.-C.; Fischle, C.: Folgekosten der Klimakrise: Warum sie die gesellschaftliche Ungleichheit verstärken. (nicht barrierefrei) Hrsg.: Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e. V., Berlin 2021 (abgerufen am 16.01.2024)

    [33] Remus, D.: Wie Klimawandel die soziale Ungleichheit verschärft. Hrsg.: Norddeutscher Rundfunk, Hamburg 23.07.2023 (abgerufen am 16.01.2024)

    [34] Schneider, U.: In: APCC Special Report: Strukturen für ein klimafreundliches Leben (APCC SR Klimafreundliches Leben). (Ed.: Görg, C., V.Madner,A.Muhar,A.Novy,A.Posch,K.W.Steiningerund E. Aigner), Springer Spektrum, Berlin/Heidelberg, 2023 (abgerufen am 15.01.2024)

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