Arbeitsschutz bei der Standardisierung von Schiffsschleusen mithilfe virtueller Realität

Projekt-Nr. IFA 5135

Status:

abgeschlossen 12/2018

Zielsetzung:

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) ließen durch die Standardisierungskommission standardisierte Objekte für Schleusen an den Bundeswasserstraßen in der Expertengruppe "Schleusen im Binnenverkehr" entwickeln. Dadurch sollen Kosten reduziert, Effizienz und Qualität gesteigert und schließlich Neubau, Betrieb und Unterhaltung strukturiert werden. Der Arbeitsschutz wird in die Objekt-Standardisierung möglichst früh einbezogen, um Anforderungen aus der Maschinen-, Baustellen- und Betriebssicherheitsverordnung bereits präventiv berücksichtigen zu können. Dieses Ziel geht über eine alleinige Bewertung von technischen und funktionalen Sicherheitsanforderungen an standardisierte Objekte hinaus. Es sollen praktikable Maßnahmen generiert und umgesetzt werden, die Anforderungen sowohl des Arbeitsschutzes als auch der Standardisierung an Schiffsschleusen genügen. Mithilfe von Simulationstechniken wie z. B. virtueller Realität (VR) sollen Risikobeurteilungen, Gefährdungsbeurteilungen und Beurteilungen für Unterlagen für spätere Arbeiten und Sicherheits- und Gesundheitsschutzpläne durchgeführt werden. Gegenstand der Beurteilungen sind die einzelnen standardisierten Objekte, ihr Zusammenwirken in einer Schiffsschleuse als Maschine, als Arbeitsplatz und als Bauwerk sowie in ihrem Nutzungskontext. Die Projektbearbeitung erfolgte im Auftrag der Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB) durch das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) und weitere Projektpartner.

Aktivitäten/Methoden:

Mit einer Literaturrecherche wurden Anforderungen des Arbeitsschutzes in der Standardisierung von Schleusen zusammengestellt. Anschließend wurde ein VR-Modell entwickelt:

  • Vorhandene Planungsdaten standardisierter Objekte für z. B. Füll- und Entleerungssysteme, Tore, Antriebe, Steuerungstechnik, Ausrüstung und Zubehör wurden als Basis genutzt und bei Bedarf ergänzt. Die Objekte wurden von der FVT für die Modellierung aufbereitet, mit Funktionalitäten versehen und vom IFA in ein VR-Modell integriert.
  • Das VR-Modell wurde so angelegt, dass es sowohl den Neubau der Schleuse Wanne-Eickel des Rhein-Herne-Kanals mit einer Vielzahl standardisierter Objekte als auch Varianten einer standardisierten Schleuse abbilden kann.
  • Ablaufpläne von Simulationsszenarien wurden für unterschiedliche Betriebszustände (z. B. Normalbetrieb), Tätigkeiten (z. B. Inspektion) und Nutzungskontexte (z. B. Kranaushub eines Torsegments) analysiert, dokumentiert und in das VR-Modell eingearbeitet.
  • Dem VR-Modell wurde eine Steuerung für alle Anwendungen aufgesetzt.
  • Auf Erfahrungen aus dem Projekt zur "Risikobeurteilung geplanter Schiffsschleusen in virtueller Realität" (IFA5122) konnte aufgebaut werden.

Die Entwicklung des VR-Modells wurde evaluiert, bevor damit Arbeitsschutzanforderungen beurteilt und umgesetzt werden. Das IFA war mit den Kooperationspartnern in alle Phasen des Projekts eingebunden.

Ergebnisse:

Die Projektbearbeitung bezog sich auf 150 Arbeitsszenarien (z. B. Bergfahrt, Nutzung alternativer Stoßschutzeinrichtungen, Instandsetzungsarbeiten am Maschinenhaus), die für die Arbeitsschutzbeurteilungen ausgewählt und beschrieben wurden. Alle Szenarien konnten mit dem entwickelten dynamischen VR-Planungsmodell für Varianten standardisierter Schleusen gezeigt oder simuliert werden. Für die Risikobeurteilungen, Unterlagen für spätere Arbeiten und Gefährdungsbeurteilungen anhand des VR-Planungsmodells und anhand von Planungsdokumenten zu weiteren Schleusen wurde von der GDWS Hannover ein externes Unternehmen beauftragt. Unterstützt durch die Projektgruppe ermittelte der externe Auftragnehmer Gefährdungen und Risiken im VR-Labor des IFA und dokumentierte die Ergebnisse (z. B. Quetschgefahr am Geländer des Untertores, mangelnde Berücksichtigung ergonomischer Arbeitsgestaltung beim Anschlagwechsel des Hydraulikzylinders). Ebenso wurden Maßnahmen zur Risikominderung entwickelt und abgestimmt (z. B. konstruktive Änderungen an einer Flanschplatte, Schachtlagerung des Sparbeckenschützes) sowie Änderungen für die Schleusenplanung angeregt (z. B. Kollisionsvermeidung der Kardanplatte des Hydraulikzylinders mit Planie, Treppenabgang zu Kavernen und zum Trichter des Sparbeckens, Entwicklung eines Sicherungskonzepts gegen Absturz bei Arbeiten an den Häuptern).

Über diese Ergebnisse wurden die Planungsämter und die Standardisierungskommission der GDWS informiert. Anhand der Beurteilungen selbst wurden Muster entwickelt und erprobt, die für zukünftige Ausschreibungen, Arbeiten und Beurteilungen von der GDWS (z. B. Musterrisikobeurteilung für Schleusen der Binnenschifffahrt) und von der UVB (z. B. Handlungshilfe zur Gefährdungsbeurteilung) weiterentwickelt werden. Durch die Projektarbeiten wurde der Arbeitsschutz zukünftig standardisierter Schiffsschleusen verbessert. Die durchgeführten Beurteilungen ersetzen jedoch nicht solche, die sich auf einen tatsächlichen Zustand im Lebenszyklus einer Schiffsschleuse beziehen müssen.

Vorträge

  • Nickel, P. & Gomoll, K. (2018). Das Gestalten von Mensch-System-Interaktionen unterstützen mit virtueller Realität. Vortrag auf dem 20. Workshop Psychologie der Arbeitssicherheit und Gesundheit des FvPASiG "Voneinander lernen und miteinander die Zukunft gestalten", 10.-12.09.2018, AUVA, Salzburg, Österreich.
  • Lungfiel, A.; Nickel, P. (2017). Life-Demonstrationen zu Anwendungen in virtueller Realität mit SUTAVE-Mobil zum Potsdamer Dialog 2017, Fachtagung zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB), 25.-27.04.2017, Kongresshotel Potsdam, Potsdam.
  • Nickel, P. (2017). Gestalten sicherer und gebrauchstauglicher Mensch-System-Interaktion mit virtueller Realität. Vortrag zum Kolloquium "Human Factors Engineering" der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Niederrhein, 12.01.2017, Krefeld.
  • Nickel, P. (2017). OSH improvements by prevention through simulated future work systems design. Poster presentation at the INRS and PEROSH Conference on "Technological innovation and organizational changes: The potential impacts on prevention" (InnovOrg2017), March 29-31, 2017, Centre de Congrès Prouvé, Nancy, France.
  • Nickel, P. (2017). Virtuelle Realität im Arbeitsschutz (Vortragsreihe Technischer Arbeitsschutz). Vortrag zum Tag der Arbeitssicherheit des Landesverbandes Südwest der DGUV, 08.-09.03.2017, Schwabenlandhalle, Fellbach.
  • Nickel, P.; Lungfiel, A. (2017). Future work systems call for OSH by prevention through design. Presentation at the PEROSH Research Exchange Meeting 2017, September 13-14, 2017, IFA, Sankt Augustin.
  • Nickel, P. & Lungfiel, A. (2017). Heute den Arbeitsschutz für zukünftige Arbeitssysteme erproben – virtuell modellieren, simulieren und beurteilen. Vortrag mit Life-Präsentationen zu Anwendungen in virtueller Realität mit SUTAVE-Mobil auf dem DGUV Forum Forschung der Unfallversicherungsträger, 07.-08.06.2017, Schlosshotel Bad Wilhelmshöhe, Kassel.
  • Nickel, P. & Lungfiel, A. (2017). Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit der Mensch-System-Interaktion mithilfe von virtueller Realität. Posterpräsentation zum Potsdamer Dialog 2017, Fachtagung zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB), 25.-27.04.2017, Kongresshotel Potsdam, Potsdam.
  • Nickel, P. & Lungfiel, A. (2017). Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit im Arbeitsschutz durch virtuelle Realität. Posterpräsentation zum SiFa-Forum der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BG HM), "SiFa – Ideen im Fokus", 24.-26.04.2017, Bildungsstätte der BGHM, Bad Bevensen.
  • Nickel, P. & Lungfiel, A. (2017). Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit der Mensch-System-Interaktion mithilfe von virtueller Realität. Posterpräsentation zum 16. Dresdner Forum Prävention "Arbeiten 4.0", 01.-02.03.1017, DGUV Akademie, Dresden.
  • Nickel, P.; Kegel, R.; Janning, M.; Wachholz, T.; Pröger, E. & Lungfiel, A. (2017). Arbeitsschutzbeurteilungen während der Planung zukünftiger Maschinen und Anlagen. Vortrag zum 63. Kongress der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft "Soziotechnische Gestaltung des digitalen Wandels – kreativ, innovativ, sinnhaft.", 15.-17.02.2017, FHNW Brugg-Windisch und ETH Zürich, Brugg-Windisch.
  • Nickel, P.; Lungfiel, A.; Kergel, R. & Janning, M. (2017). Arbeitsschutzbeurteilungen unterstützt durch virtuelle Realität. Vortrag zur Vortragsreihe "Industrie 4.0" auf dem 35. Internationalen Kongress für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin "A+A - Sicherheit, Gesundheit, Ergonomie", 17.-20.10.2017, Kongresszentrum Messe, Düsseldorf.
  • Nickel, P.; Lungfiel, A.; Kergel, R. & Janning, M. (2017). Heute den Arbeitsschutz für morgen gestalten. Zukünftige Arbeitsplätze virtuell simulieren und beurteilen. Vortrag zum Potsdamer Dialog 2017, Fachtagung zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB), 25.-27.04.2017, Kongresshotel Potsdam, Potsdam.
  • Nickel, P. (2016). Extending the effective range of prevention through design by OSH applications in virtual reality. Oral presentation at the International Human Computer Interaction Conference, HCI in Business, Government and Organization: Information Systems (HCIBGO), July 17-22, Toronto, Canada.
  • Nickel, P. (2016). Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit durch den Einsatz von virtueller Realität für den Arbeitsschutz. Vortrag zur GDA-Fachveranstaltung "Sicherheit und Gesundheitsschutz managen – im Wandel der Arbeit", 18.02.2016, Gießen, TH Mittelhessen, Regierungspräsidium Gießen, Hessisches Ministerium für Soziales und Integration.
  • Nickel, P. (2016). Arbeitsschutz bei der Standardisierung von Schiffsschleusen mithilfe von virtueller Realität. Sitzung der Expertengruppe "Schleusen" der Standardisierungskommission Wasserstraßen und Schifffahrtsverwaltung im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), 30.06.2016, BMVI, Bonn.
  • Nickel, P., Lungfiel, A., Kergel, R., Janning, M., Wachholz, T., Pröger, E. (2016). Arbeitsschutzbeurteilungen bei der Standardisierung von Schiffsschleusen. Vortrag zum Fachgespräch Maschinen- und Gerätesicherheit, IFA und IAG, 08.-09.11.2016, Sankt Augustin.
  • Nickel, P., Kergel, R., Janning, M., Wachholz, T., Pröger, E., Lungfiel, A. (2016). In virtueller Realität bereits heute den Arbeitsschutz von morgen beurteilen. Vortrag zum Fachgespräch Ergonomie, IFA und IAG, 02.-03.11.2016, Sankt Augustin.
  • Nickel, P.; Pröger, E.; Kergel, R.; Lungfiel, A. & Wachholz, T. (2015). Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz durch Beurteilungen anhand eines dynamischen Planungsmodells der virtuellen Schiffsschleuse Kochendorf. Vortrag auf dem Kongress der Hafentechnischen Gesellschaft e.V. (HTG), 09.-11.09.2015, Bremen.
  • Nickel, P.; Pröger, E.; Lungfiel, A. & Kergel, R. (2015). Flexible, dynamic VR simulation of a future river lock facilitates prevention through design in occupational safety and health. Oral presentation at the IEEE VR 2015, Annual International Symposium on Virtual Reality, Mar 23-27, 2015, Arles, France
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Stand:

10.04.2019

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), Referat WS10
  • Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS), Dezernat W26, Anlagentechnik und Schiffbau
  • Expertengruppe "Schleusen im Binnenverkehr" der Standardisierungskommission der GDWS
  • Wasserstraßenneubauamt (WNA) Datteln
  • Fachstelle der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung für Verkehrstechniken (FVT)
  • Fachstelle Maschinenwesen der GDWS Koblenz
  • Bauhof Herne des WSA Duisburg-Meidenrich
  • Bauhof Anderten des WSA Braunschweig
  • Unfallversicherung Bund und Bahn (UVB)
  • Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft, Post-Logistik, Telekommunikation (BG Verkehr)
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Gefährdungsübergreifende Fragestellungen, Gestaltung von Arbeit und Technik, ungünstige Arbeitsumgebung

Schlagworte:

Mensch-Maschine-Schnittstelle, Maschinensicherheit, Technikgestaltung

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Virtuelle Realität, Schleuse, Standardisierung, Risikobeurteilung, Gefährdungsbeurteilung, Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan, Risikoanalyse, Gefahrenanalyse, Maschine, Schiff, Gefahrstellen, Evaluation, Usability, Human Factors, Ergonomie, Mensch-Maschine-Schnittstelle, Mensch-System-Interaktion, Design-Review

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