IPA Aktuell 02

Literaturbewertung zur Wirksamkeit von Masken bei der Verhinderung von Atemwegsinfektionen

Um eine Infektion mit SARS-Cov-2 besser eindämmen zu können, wurde in Deutschland mittlerweile in vielen öffentlichen Bereichen eine Maskenpflicht eingeführt. Sie soll sowohl dem Selbstschutz als auch dem Schutz anderer Personen dienen. In dieser Übersicht werden die Ergebnisse einer Übersicht der Literatur zum Thema Wirksamkeit von Masken vorgestellt (Stand: 20.11.2020).

1. Einleitung

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 kann mit milden oder vollständig fehlenden Symptomen verlaufen, aber auch schwerwiegende septische Verläufe mit multiplem Organversagen und letalem Ausgang sind bekannt. Eine Übertragung der Infektion erfolgt einerseits von Erkrankten mit Symptomen, andererseits aber auch von oligo oder asymptomatischen Patienten. Eine Infektiosität besteht außerdem bereits vor dem Auftreten manifester Symptome (World Health Organization 2020).

Das 0,1μm große Virus SARS-CoV-2 vermehrt sich im oberen Respirationstrakt, wobei beachtet werden muss, dass Viruspartikel nach dem Verlassen des Körpers immer mit einer Wasserhülle umgeben sind, so dass die resultierende Größe eines Virus-Wassertröpfchen-Komplexes größer ist als das eigentliche Viruspartikel selbst. Auch wenn die genauen Übertragungswege noch nicht vollständig geklärt sind, kann aktuell angenommen werden, dass viruslastige Tröpfchen bzw. Aerosole, die beim Atmen und Sprechen den Körper verlassen, den maßgeblichen Infektionsweg darstellen. Diese Partikel können eine Größe von 0,2 bis mehreren 100μm aufweisen. Größere Tröpfchen verdunsten dabei häufig in drei- bis fünfmal kleinere Aerosole, die für mehrere Minuten in der Luft verbleiben und somit eine wichtige Infektionsquelle darstellen können (Howard et al. 2020, Peeples 2020). Lautes Sprechen oder Singen generiert tendenziell eine größere Aerosol-Menge bzw. eine erhöhte Anzahl von Tröpfchen. Einige wenige Individuen können dabei als „Superemitter“ fungieren, die eine größere Tröpfchenmenge als andere Menschen produzieren (Asadi et al. 2019). In vielen Ländern gilt daher das Tragen einer Gesichtsmaske als einfache, aber effektive Maßnahme zur Unterbrechung der Infektionsketten von COVID-19 und wird daher im öffentlichen Raum dieser Länder vorgeschrieben.

Schutzwirkung von Masken

Die Schutzwirkung von Masken umfasst dabei zwei Aspekte: einerseits die Anwendung als persönliche Schutzmaßnahme (Selbstschutz), um eine Eigeninfektion zu vermeiden bzw. abzumildern und andererseits der Masken-Einsatz, um andere Personen vor einer Infektion durch den Träger der Maske zu schützen (Fremdschutz). Zur Prävention ist das “Setting“, also das Tragen einer Maske am Arbeitsplatz (z.B. beim Umgang mit Patienten) bzw. eine öffentliche Maskenpflicht für die gesamte Bevölkerung von erheblicher Bedeutung. Für die Effektivität dieser Maßnahmen spielen darüber hinaus der Maskentyp, aber auch psychologische und gesundheitliche Faktoren sowie die Bereitschaft, Masken zu tragen („Maskencompliance“), eine Rolle (Howard et al. 2020).

Zur Wirksamkeit von Masken bei der Verhinderung von respiratorischen Infektionen liegen zahlreiche Publikationen vor. Zur Effektivität von Gesichtsmasken im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie wurden dagegen bisher vergleichsweise wenige Publikationen veröffentlicht. Eine direkte Übertragung der Ergebnisse z.B. von saisonalen Corona- oder Influenzaviren auf SARS-CoV-2 ist aufgrund teils erheblicher Unterschiede im Infektionsmodus nicht unbedingt gegeben: Im Gegensatz zu COVID-19 vermehren sich viele respiratorische Viren im tiefen Respirationstrakt, was ein wichtiger Parameter für die Verbreitung und das Ausmaß der Infektiosität ist. So wird für COVID-19 eine Reproduktionszahl R0 (dieser Wert beschreibt die Anzahl von Personen, die im Durchschnitt von einem Fall angesteckt werden) von mindestens 2,4 angenommen, während Influenzaviren einen R0-Wert von 1,4 aufweisen (Howard et al. 2020).

Bei der Bewertung der Schutzwirkung von Gesichtsmasken muss daher sowohl auf epidemiologische Studien als auch auf mechanistische Studien zurückgegriffen werden. In der vorliegenden Bewertung zur Frage der Evidenz einer Reduktion von Covid-19-Infektionen durch das Tragen von Masken stützen wir uns vor allem auf zwei aktuelle Übersichtsarbeiten: die Meta-Analyse von Chu und Co-Autoren (2020) und einem bisher nur auf einem Preprint-Server verfügbaren qualitativen Review von Howard et al. (2020).

2. Randomisierte Studien

Ergebnisse von randomisierten klinischen Studien auf Bevölkerungsebene, die für eine Beurteilung der Effektivität des Tragens einer Maske am besten geeignet sind, liegen bis dato nur aus Dänemark vor. Diese Studie wurde in einer Region, in der die Nutzung von Gesichtsmasken unüblich war, durchgeführt. Randomisiert wurden ca. 6.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf das Tragen bzw. Nichttragen einer Maske in der Öffentlichkeit. Die Studie zeigte dabei eine minimale, statistisch nicht signifikante Reduktion von COVID-19-Infektionen in der Maskengruppe (-0,3%; 95% KI −1,2; 0,4). Die als sekundärer Endpunkt gleichzeitig erfasste Inzidenz von anderen respiratorischen Infektionen zeigte einen noch kleineren Unterschied zwischen den Untersuchungsgruppen von -0,1%.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass das alleinige Tragen einer chirurgischen Maske in der Öffentlichkeit als persönliche Schutzmaßnahme keinen eigenständigen Schutz vor einer Ansteckung bietet und das Tragen von Masken wohl nur im Zusammenspiel mit anderen Maßnahmen der Expositionsreduzierung effektiv ist. Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen darüber hinaus keinen Schluss zur Schutzwirkung Dritter vor einer Infektion zu (Bundgaard et al. 2020).

In der dänischen Studie haben sich 46% der Teilnehmenden streng an die Empfehlungen zum Maskentragen in der Öffentlichkeit gehalten. Zusätzlich haben sich 47% der Teilnehmenden überwiegend an diese Empfehlung gehalten. Ob sich aus dieser Verteilung Limitationen der Gesamtaussage ergeben, kann nicht abschließend bewertet werden. Wichtig zu erwähnen ist noch, dass während der Studienperiode mit der Schließung von Restaurants und Bars in Dänemark weitere Präventionsmaßnahmen beschlossen wurden, die einen eigenständigen Schutzeffekt durch das Tragen einer Maske abgemildert haben könnten (Bundgaard et al. 2020).

3. Mechanistische Aspekte

Mechanistische Studien zur Effektivität von Gesichtsmasken umfassen Untersuchungen, die die physikalischen Eigenschaften einer Maske zur Ausbreitungskontrolle untersucht haben. Dieses kann durch simulierte Ausbreitungsstudien, z.B. mittels eines Verneblers, erfolgen oder durch Messung der Tröpfchen- bzw. Virenverbreitung, indem Testpersonen durch eine Maske sprechen, atmen oder husten. Ein solches Vorgehen ist aufgrund der komplexen Umstände und Randbedingungen beim Atmen durch eine Maske reinen Simulationsansätzen überlegen (Howard et al. 2020).

Spektrum der verfügbaren Maskentypen reicht von chirurgischen OP-Masken (einfachen, nicht wiederverwendbaren Masken, wie sie im Krankenhaus eingesetzt werden) über waschbare textile „Alltagsmasken“ - auch Mund-Nasen-Bedeckung genannt - mit einfachen oder mehreren Stofflagen bis hin zu klassischen partikelfiltrierenden Atemschutzmasken, die gezielt die Ausbreitung der für eine Übertragung relevanten Aerosole verhindern sollen. Die Masken-Typen nach dem US-amerikanischen N95 Standard (der 95% der für eine Übertragung relevanten Partikel ab 0,3 μm Größe filtert) und dem europäischen FFP2-Standard (Filtration von 94% der entsprechenden Partikel) werden aufgrund ihrer vergleichbaren Eigenschaften im Folgenden zusammen betrachtet.

Die typische Größe der beim Atmen bzw. Sprechen emittierten Tröpfchen liegt zwischen 5 und 10μm, wobei beim Sprechen mehr und größere Tröpfchen emittiert werden (Howard et al. 2020). Diese Tröpfchengröße wird durch Masken vom FFP2/N95-Standard überwiegend gefiltert. Einfache Stoff- oder chirurgische Masken können einen Großteil der relevanten Tröpfchen, nicht jedoch der Aerosole filtern, die lange in der Luft verbleiben und dann diese Masken penetrieren können (Klompas et al. 2020, de Silva et al. 2020). Es gibt Hinweise, dass mehrschichtige Masken aus verschiedenen Materialschichten eine höhere Effizienz beim Filtern der relevanten Tröpfchengrößen aufweisen (Howard et al. 2020).

Des Weiteren ist die Anpassung einer Maske an das Gesicht entscheidend. Eine unzureichende Passform führt durch Leckage zur Emission von Tröpfchen entlang der seitlichen Maskenränder und ermöglicht den Aerosolen, die Maske zu umgehen (Klompas et al. 2020). Durch einen Gummizug kann die Passform mit einem einfachen Mittel verbessert werden (Howard et al. 2020).

Bei der Beurteilung der Schutzwirkung von Masken muss insbesondere bei langer Tragedauer eine potentielle Infektionsgefahr durch virenhaltige Tröpfchenakkumulation auf der Außenseite der Masken berücksichtigt werden. Obwohl es bisher keine eindeutigen Hinweise auf eine Übertragung von SARS-CoV-2 durch Kontaktinfektion gibt, ist nicht auszuschließen, dass virenhaltige Tröpfchen von der äußeren Oberfläche der Maske über die Hände in den oberen Respirationstrakt eingebracht werden können. Eine ältere randomisierte Studie an Krankenhausmitarbeitern (die nicht eine Übertragung von SARS-CoV-2 untersuchte) empfahl aus diesem Grunde anstelle von Stoffmasken die Verwendung von chirurgischen Masken, da diese öfter gewechselt werden können (MacIntyre et al. 2015).

Van der Sande und ihre Co-Autoren (2008) schlossen aus den Ergebnissen einer experimentellen Untersuchung, dass alle Maskentypen einen gewissen Schutz vor Atemwegsinfektionen bieten. Jedoch waren FFP2-Masken den chirurgischen und selbstgenähten Stoffmasken, die am schlechtesten abschnitten, überlegen. Dieses Ergebnis wird auch durch zwei aktuelle Meta-Analysen gestützt (Long et al. 2020, Chu et al. 2020). In den Experimenten von van der Sande und Co-Autoren war der Schutzeffekt einer Maske unabhängig von der Tragedauer, der Aktivität und der Maskenpassform. Der persönliche protektive Effekt einer Maske war in dieser Studie größer als für die Schutzwirkung vor einer Übertragung auf andere Personen (Van der Sande et al. 2008).

Eine häufig als aussagekräftigste Studie bezeichnete randomisierte Studie verglich die Tröpfcheninfektion durch Influenza, Rhino- und saisonalen Corona-Viren bei 111 erkrankten Probanden die während der Untersuchung entweder eine chirurgische Maske oder keine Maske getragen hatten. Beim Tragen einer Maske wurde in Tröpfchen > 5μm eine Reduzierung von Influenza- und saisonalen Coronaviren nachgewiesen. Für die untersuchten saisonalen Coronaviren wurde bei Aerosolen ≤ 5μm ebenfalls eine signifikante Reduktion der nachweisbaren Viren beobachtet, wenn eine Maske getragen wurde. Die Menge viralen Materials unterschied sich jedoch nicht zwischen den Gruppen, weder bei den Tröpfchen noch bei den Aerosolen (Leung et al. 2020). Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Studienteilnehmer bereits 2013 bis 2016 rekrutiert wurden (also vor der SARS-CoV-2-Pandemie), so dass hier COVID-19 nicht untersucht werden konnte. Die unklaren (bis inkonsistenten) Angaben zur Anzahl der getesteten Personen sowie implausible Angaben zu den p-Werten in einer der Ergebnistabellen werfen darüber hinaus Fragen zur grundsätzlichen Validität der in dieser Studie berichteten Ergebnisse auf.

Direkte Evidenz zur Schutzwirkung von Masken vor einer SARS-CoV-2 Infektion liegt aus Tierexperimenten vor: Chinesische Forscher hielten gesunde und COVID-19 infizierte Hamster in benachbarten Käfigen, die teilweise durch eine Barriere aus chirurgischen Masken getrennt waren. In den Käfigen mit Maskenbarriere infizierten sich lediglich 25% der gesunden Hamster, während bei den Tieren, die nicht durch eine Maskenbarriere getrennt waren, zwei Drittel erkrankten. Die trotz Maskenbarriere erkrankten Tiere zeigten einen milderen klinischen Verlauf der Infektion (Chan et al. 2020).

Insgesamt spricht (auch wenn kaum COVID-19-spezifische Ergebnisse vorliegen), die überwiegende mechanistische Evidenz für einen protektiven Effekt des Tragens einer Maske.

4. Epidemiologische Evidenz

Speziell zur Schutzwirkung von Masken vor einer Infektion mit COVID-19 auf Bevölkerungsebene liegen mehrere ökologische Studien vor, die das regionale Infektionsgeschehen von Ländern/Regionen/Städten mit Maskenpflicht und solchen ohne Maskenpflicht verglichen haben. Die Evidenz zeigt hier insgesamt ein eindeutig milderes Infektionsgeschehen in Regionen mit Maskenpflicht (Howard et al. 2020, Peeples 2020). Bei „Black Lives Matter“ Demonstrationen in US-amerikanischen Städten, bei denen überwiegend Masken getragen wurden, kam es zu keinem erkennbaren Superspreading-Event (Peeples 2020), während bei Kindern und Jugendlichen, die an einem Sommercamp in Georgia teilgenommen hatten, in dem keine Maskenpflicht bestand, massive Infektionszahlen zu verzeichnen waren. Allerdings wurden im Camp sportliche Aktivitäten mit Schreien und Singen durchgeführt und die Teilnehmer schliefen in Gemeinschaftsschlafräumen (Szablewski et al. 2020).

Da in ökologischen Analysen keine individuellen Assoziationen zwischen dem Tragen einer Maske und dem Risiko für eine Infektion untersucht werden (die Pflicht, Masken zu tragen, wird lediglich mit der regionalen SARS-CoV-2-Inzidenz korreliert), ist ökologischen Studien insgesamt ein niedriger Evidenzgrad zuzuweisen.

Unter den epidemiologischen Studien ist die aktuelle Meta-Analyse von Chu und Co-Autoren zu nennen, in die überwiegend Studien eingingen, die die Effektivität von Masken zur Verhinderung der Übertragung von SARS-CoV-1 und MERS-CoV (Middle East Respiratory Syndrome-Viren) untersucht hatten.

Zur Übertragung von COVID-19 wurden lediglich drei von insgesamt 26 Studien in die Meta-Analyse eingeschlossen (eine weitere Studie zu COVID-19 war falsch zitiert, s.u.). Die drei COVID-19-Studien wurden im beruflichen Setting (Gesundheitssektor) durchgeführt.

Die Verwendung einer Maske führte für alle Viren insgesamt zu einer relativen Reduktion des Transmisssionsrisikos um 70% (RR=0,30; 95% KI 0.22-0.41). Die drei Studien, die sich explizit auf COVID-19 bezogen, zeigten (bei geringem Gewicht in der gepoolten Analyse von 0,9%, 0,9% und 1,7%) ein relatives Risiko von 0,03 bis 0,04. Drei asiatische Studien zur Übertragung von SARS-CoV-1 in der Bevölkerung, die insgesamt 725 Teilnehmer einschlossen, fanden einen gepoolten protektiven Effekt für die Nutzung einer Maske von RR=0,56; 95% KI 0,4-0,79. Unabhängig vom untersuchten Virus waren Masken nach dem N95-Standard den chirurgischen Masken überlegen (gepooltes RR=0,04; 95% KI 0,004-0,3 vs. RR=0,33; 95% KI 0,17-0,61). Als effektivste Maßnahme erwies sich in der Analyse jedoch das Abstandhalten von mindestens 1m (mit einer stärkeren Schutzwirkung bei Vergrößerung des Abstands) (Chu et al. 2020).

Kritisch ist anzumerken, dass Studien in der Meta-Analyse falsch zitiert bzw. falsch zugeordnet wurden (so ist Burke et al. 2020 keine Studie zur Effizienz von Masken beim Schutz vor einer Erkrankung mit SARS-CoV-2 im Gesundheitssektor). Des Weiteren nahmen die Autoren eine Einteilung der eingeschlossenen Studien nach (nicht näher bezifferten) „adjustierten“ und „nicht adjustierten“ Studien vor, was keine Aussage über die Qualität einer Studie zulässt (hatte die Adjustierung einen Effekt, war die Zahl der berücksichtigten Confounder ausreichend?). Auch verwendeten die Autoren die Newcastle-Ottawa Scale, ein ungeeignetes Instrument zur Qualitätsbewertung von Beobachtungsstudien (Stang 2010 & Stang et al. 2018), was die Validität der publizierten Ergebnisse generell infrage stellt. Festzuhalten ist, dass in allen untersuchten Untergruppen protektive Effekte für die Nutzung einer Maske gefunden wurden.

Ein Cochrane-Review aus dem Jahr 2011 bewertete auf Basis von 67 randomisierten und Beobachtungsstudien, dass die Verwendung von Masken ein effektives Tool zur Verhinderung von respiratorischen Infektionen auf Bevölkerungsebene darstellt. Das Tragen einer Gesichtsmaske zur Verhinderung einer Infektion mit COVID-19 wurde in dieser Arbeit nicht bewertet (Jefferson et al. 2011).

Anekdotische epidemiologische Hinweise während der SARS-CoV-2-Pandemie deuten ebenfalls auf einen protektiven Effekt des Tragens einer Maske hin. Im Fall von zwei positiv auf COVID-19 getesteten Frisören, die während der Arbeit eine chirurgische Maske mit einer zusätzlichen zweilagigen Stoffmaske getragen hatten, konnte bisher keine Übertragung des Virus auf die Kunden verzeichnet werden. Allerdings erkrankten verschiedene Haushaltsangehörige der Frisöre ebenfalls an SARS-CoV-2. Einschränkend muss jedoch festgestellt werden, dass die Hälfte der kontaktierten Kunden des Frisörsalons die angebotene kostenlose Testung auf COVID-19 ablehnten (Hendrix et al. 2020).

In Hong Kong führte ein ganzes Paket von Public-Health Maßnahmen (Kontaktsperre, Social Distancing, Isolierung von positiv getesteten Personen, Grenzkontrollen und das Tragen von Masken) zu einer effektiven Kontrolle der COVID-19 Infektionen. Die Reproduktionszahl konnte konstant auf einen Wert um 1 gesenkt werden. Der Effekt dieses Maßnahmen war jedoch größer für das Influenzavirus, dessen Reproduktionszahl deutlich unter 1 abgesenkt wurde (Cowling et al. 2020).

5. Mögliche gesundheitliche Effekte

Ein entscheidender Faktor für eine effektive Schutzwirkung ist die Bereitschaft in der Bevölkerung, eine Maske zu tragen („Compliance“) (Howard et al. 2020). Die WHO hat jedoch auch auf die Gefahr hingewiesen, dass das Tragen einer Maske eine falsche Sicherheit suggerieren kann, in deren Folge andere Maßnahmen, wie z.B. das Einhalten eines ausreichenden Abstands zu anderen Personen, vernachlässigt werden könnten (World Health Organization 2020).

Immer wieder werden Bedenken hinsichtlich möglicher gesundheitlicher Beschwerden (wie z.B. Atembeschwerden durch erhöhten Atemwiderstand, Anreicherung von CO2 hinter der Maske, Verschlechterung der Blutgaswerte, Hautirritationen) oder negativer psychischer Effekte (z.B. Kommunikationsschwierigkeiten, Unbehagen) durch das längere Tragen einer Maske geäußert (zusammengefasst in World Health Organization 2020; Roberge 2011). Diese Bedenken beziehen sich v.a. auch auf Kinder, die z.B. in der Schule eine Maske tragen müssen (Roberge 2011).

Insgesamt zeigen Erfahrungen aus vielen Ländern, in denen das Maskentragen in der Öffentlichkeit seit Jahren sozial akzeptiert ist, dass Kinder durch das Tragen einer Maske keine negativen gesundheitlichen oder psychologischen Folgen befürchten müssen. Erwachsene können sogar ein positives Vorbild zum Tragen einer Maske sein (Roberge 2011). Probleme für Kinder ergeben sich eher durch eine unzureichende Schutzwirkung infolge der schlechteren Maskenpassform. Jedoch sind gerade während der SARS-CoV-2-Pandemie insbesondere auch für Kinder geeignete Passgrößen von Gesichtsmasken produziert worden.

Die Möglichkeit einer „Selbstinfektion“ durch das Berühren der äußeren Maskenoberfläche und das Einbringen von Viren in den oberen Respirationstrakt ist gerade bei kleinen Kindern ein möglicherweise relevantes Problem. Hier ist jedoch anzumerken, dass Masken auch dazu beitragen können, dass Kinder sich seltener ins Gesicht fassen und damit die Möglichkeit einer Übertragung von Viren über die Hände reduziert wird (Roberge 2011).

6. Fazit

Auch wenn nur wenige Ergebnisse zur Effektivität von Masken bei der Verhinderung der Übertragung von COVID-19 vorliegen, gibt es ausreichend Hinweise, dass Gesichtsmasken die für eine Infektion erforderlichen kontaminierten Tröpfchen effektiv reduzieren können, so dass beim Tragen von Masken sowohl beim Träger einer Maske als auch bei Dritten das Risiko für eine respiratorische Infektion verringert werden kann. Wie auch die WHO in ihren aktuellen Empfehlungen festhält (2020), muss das Tragen einer Maske in der Öffentlichkeit dabei Teil einer Gesamtstrategie verschiedener Public-Health-Maßnahmen sein. In der dänischen randomisierten Studie ging von einer chirurgischen Maske keine bzw. nur eine geringfügige eigenständige Wirkung für den Selbstschutz aus. Ähnliches deuten auch die Ergebnisse der Meta-Analyse von Chu et al. (2020) an, die gezeigt hat, dass das Abstandhalten die effektivere Schutzmaßnahme darstellt. Wie die Erfahrungen aus verschiedenen Ländern während der 1. Welle der Pandemie verdeutlichen, kann die Kombination verschiedener Maßnahmen wie Kontaktbeschränkung, Hände waschen, Abstand halten und das Maskentragen die Reproduktionszahl des Virus effektiv auf einen Wert unter 1 senken.

Offene Fragen, die Gegenstand zukünftiger Forschungsvorhaben sein sollten, betreffen Einflussfaktoren im Hinblick auf die Bereitschaft, Masken zu tragen, und insbesondere ob und unter welchen Rahmenbedingungen Beschäftigte, Kinder und Jugendliche Gesichtsmasken über einen längeren Zeitraum tragen können. Des Weiteren sollten mögliche unerwünschte Effekte und potentielle Ursachen für eine Abnahme der Compliance beim Tragen einer Maske unter körperlicher Anstrengung und in heißen und feuchten Arbeitsumgebungen weiter untersucht werden. Die Effektivität länger getragener, feuchter oder verschmutzter Masken und die damit verbundenen Implikationen für eine verringerte Schutzwirkung sind bislang ebenfalls nur unzureichend geklärt. Abschließend bedarf die Forschung zur Wirksamkeit verschiedener Maskentypen und -materialien, gerade im Hinblick auf COVID-19-Infektionen, noch weiterer wissenschaftlicher Studien (Howard et al. 2020, da Silva et al. 2020). 

7. Literatur

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Kurz erklärt

Maskentypen

Man unterscheidet drei verschiedene Maskentypen

  • Mund-Nasen-Bedeckung (MNB), auch Alltagsmaske genannt, besteht aus ein- oder mehrlagigem Stoff und kann gewaschen und wiederverwendet werden.
  • Mund-Nasen-Schutz (MNS), auch OP-Maske genannt, kann nur einmal verwendet werden.
  • Partikelfiltrierende Halbmasken nach
    • US-amerikanischem N95 Standard, bei dem 95% der für eine Übertragung relevanten Partikel ab 0,3µm Größe gefiltert werden
    • Europäischem FFP2-Standard (filtering face piece) mit einer Filtration von 94% der entsprechenden Partikel

Kurz erklärt

Ökologische Studien

Hierunter versteht man epidemiologische Studien, die die Häufigkeit von Risikofaktoren in einem Gebiet untersuchen und diese mit der Erkrankungshäufigkeit der Bevölkerungsgruppe in diesem Gebiet korrelieren.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Thomas Behrens

Prof. Dr. Thomas Brüning

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