Natürliche radioaktive Stoffe am Arbeitsplatz, NORM

  • 1. Was sind "NORM" Materialien?

    Die Abkürzung steht für Naturally Occuring Radioactive Material und bezeichnet Stoffe, in denen sich durch bestimmte Prozesse in einzelnen Industriebranchen natürliche Radionuklide anreichern. Nach § 55 des StrlSchG muss eine arbeitsplatzbezogene Abschätzung der Körperdosis vor Beginn der Tätigkeit durchgeführt werden. Wenn ein Betrieb seine Mitarbeiter in anderen Betriebstätten arbeiten lässt, bei denen eine arbeitsplatzbezogene Abschätzung vorliegt, muss der Inhaber der Betriebsstätte eine Abschrift der Aufzeichnung über die Abschätzung dem Betrieb unverzüglich übermitteln.

    Falls die Abschätzung ergibt, dass eine Körperdosis von 1 mSv überschritten wird, muss unverzüglich eine Anzeige bei der zuständigen Behörde erfolgen (siehe StrlSchG §§§ 56, 57 und 59). Strahlenschutzbeauftragte mit passender Fachkunde werden für diesen Arbeitsplatz benötigt.

    Die Tätigkeitsfelder, bei denen eine Dosisabschätzung durchgeführt werden muss, sind in der StrlSchG § 55 in Verbindung mit Anlage 3 aufgelistet:

    • Schleifen thorierter Schweißelektroden und Wechselstromschweißen mit thorierten Schweißelektroden
    • Handhabung und Lagerung thorierter Gasglühstrümpfe
    • Handhabung und Lagerung thoriumhaltiger Optikbauteile
    • Verwendung von Thorium oder Uran in der natürlichen Isotopenzusammensetzung
    • Handhabung von Produkten aus thorierten Legierungen
    • Gewinnung, Verwendung und Verarbeitung von Pyrochlorerzen
    • Verwendung und Verarbeitung von Schlacke aus der Verhüttung von Kupferschiefererzen
    • Aufarbeitung von Niob- und Tantalerzen
    • Handhabung, insbesondere bei Wartungs- oder Reinigungstätigkeiten, von Schlämmen und Ablagerungen bei der Gewinnung, Verarbeitung und Aufbereitung von Erdöl und Erdgas sowie in der Tiefengeothermie
    • Verarbeitung zirkonhaltiger Stoffe bei der Herstellung feuerfester Werkstoffe
    • Wartung von Klinkeröfen in der Zementproduktion und Heizkesseln in Kohlekraftwerken
    • Lagerung überwachungsbedürftiger Rückstände und Entfernung von Kontaminationen von Grundstücken nach StrlSchG § 64
  • 2. Was sind Rückstände und wo fallen diese an?

    Gemäß § 5 Absatz 32 in Verbindung mit Anlage 1 StrlSchG sind Rückstände unter anderem folgende Materialien:

    1. Schlämme und Ablagerungen aus der Gewinnung, Verarbeitung und Aufbereitung von Erdöl und Erdgas und aus der Tiefengeothermie
    2. Kiese, Sande, Harze und Kornaktivkohle aus der Grundwasseraufbereitung
    3. nicht aufbereitete Phosphorgipse, Schlämme aus deren Aufbereitung sowie Stäube und Schlacken aus der Verarbeitung von Rohphosphat (Phosphorit)
    4. Nebengestein, Schlämme, Sande, Schlacken und Stäube
      a) aus der Gewinnung und Aufbereitung von Bauxit, Columbit, Pyrochlor, Mikrolyth, Euxenit, Kupferschiefer-, Zinn-, Seltene-Erden- und Uranerzen
      b) aus der Weiterverarbeitung von Konzentraten und Rückständen, die bei der Gewinnung und Aufbereitung dieser Erze und Mineralien anfallen
    5. Materialien, die den in Nummer 4 genannten Erzen entsprechen und die bei der Gewinnung und Aufbereitung anderer Rohstoffe anfallen
    6. Stäube und Schlämme aus der Rauchgasreinigung bei der Primärverhüttung in der Roheisen- und Nichteisenmetallurgie

  • 3. Was sind überwachungsbedürftige Rückstände?

    Überschreitet die spezifische Aktivität der Rückstände die zur jeweiligen Verwendung oder Beseitigung vorgegebenen Überwachungsgrenzen (aufgelistet unter StrlSchV Anlage 5), werden diese als überwachungsbedürftig eingestuft. Die Lagerung von überwachungsbedürftigen Rückständen muss der zuständigen Behörde gemeldet werden. Können bei der Lagerung, Verwertung oder Beseitigung für Einzelpersonen der Bevölkerung der Richtwert der effektiven Dosis von 1 Millisievert im Kalenderjahr überschritten werden (siehe Strahlenschutzverordnung Anlage 6 Grundsätze für die Ermittlung von Expositionen bei Rückständen), muss hierzu die Beratung einer Person mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz herangezogen werden und Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ergriffen werden.

    Sollen überwachungsbedürftige Rückstände verwertet oder beseitigt werden, muss der zuständigen Behörde für die Entlassung aus der Überwachung folgende Unterlagen vorgelegt werden:

    • eine Erklärung des Antragstellers über den Verbleib des künftigen Abfalls
    • eine Annahmeerklärung des Verwerters oder Beseitigers und
    • einen Nachweis, dass eine Kopie der Annahmeerklärung
    • des Verwerters oder Beseitigers der für die Verwertungs- oder Beseitigungsanlage nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zuständige Behörde zugeleitet worden ist.
  • 4. Was ist hinsichtlich der Filterschlämme der Wasseraufbereitung zu beachten?
    • Filterschlämme aus der Wasseraufbereitung müssen differenziert betrachtet werden.
    • Eisenhydroxidschlämme aus den überwiegend eingesetzten Kiesfiltern sollten unbedenklich sein.
    • Lediglich der Sedimentationsgrad des Spülschlamms könnte eine Rolle spielen. Dieses Problem wäre mit Abschlagen des Spülwassers leicht zu beheben.
    • Bei halbgebrannten Kalksteinen (Jura-Perle, Dolomit etc.) zur Aufhärtung spielt der Strahlenschutz keine Rolle.
    • Filterkiese aus der Entmanganung (gut eingearbeiteter Braunstein) können bei längerer Filterstandzeit und großen Durchsatzmengen durch Einlagerung von Radium bei der Entfernung des überschüssigen Kiesvolumens zu erhöhten Ortsdosen führen.
    • Durch den Einsatz von Ionenaustauscherharzen (Lewatit) zur Uranentfernung werden belastete Harze erzeugt. Dieses Verfahren sollte allerdings aus wasserwirtschaftlicher Sicht keine Bedeutung erlangen. Deutschland verfügt über genügend unbelastete Ressourcen.