Herkunft deutscher Luftgrenzwerte

Europäische Kommission

Die EU-Kommission hat 1990 eine informelle Arbeitsgruppe mit der Bezeichnung "Scientific Expert Group" (SEG) einberufen, deren Status fünf Jahre später formalisiert wurde. Seither heißt dieses Gremium "Scientific Committee for Occupational Exposure Limits to Chemical Agents" (SCOEL ()) oder, in der etwas sperrigen deutschen Übersetzung, "Wissenschaftlicher Ausschuss für Grenzwerte berufsbedingter Exposition gegenüber chemischen Arbeitsstoffen" [1]. Es soll aus maximal 21 Mitgliedern mit Spezialkenntnissen in Chemie, Toxikologie, Epidemiologie, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene aus den Staaten der EU bestehen.

Das SCOEL bewertet toxikologisch-arbeitsmedizinische Datensammlungen nach eigenen Kriterien [2] und schlägt in einem kurzen, SUM-DOC genannten Begründungsdokument einen Luftgrenzwert vor. Dieses Papier stellt die Kommission anschließend den interessierten Parteien für sechs Monate zur Kommentierung zur Verfügung. Nach einer abschließenden Diskussion unter Einbeziehung des SCOEL wird das – gegebenenfalls überarbeitete – Begründungsdokument verabschiedet und von der Kommission veröffentlicht (SEG [3], SCOEL [4]).

Sobald mehrere Grenzwertempfehlungen verabschiedet sind, beginnt die Kommission Konsultationen mit dem drittelparitätischen "Beratenden Ausschuss für Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz" und entscheidet danach, ob ein verbindlicher Grenzwert herausgegeben werden soll (Richtlinien 98/24/EG (PDF, 83 KB), 2004/37/EG (PDF, 133 KB)) oder ein Richtgrenzwert (Richtlinien 2000/39/EG (PDF, 133 KB), 2006/15/EG (PDF, 51 KB), 2009/161/EU (PDF, 733 KB)). In der Mehrzahl handelt es sich um "Indicative Occupational Exposure Limits", also Richtgrenzwerte, welche die zuständigen nationalen Behörden bei ihren Erörterungen berücksichtigen müssen. Für die EU-Mitgliedstaaten besteht jedoch keine ausdrückliche Verpflichtung, den Luftgrenzwert exakt in der von der EU-Kommission empfohlenen Höhe vorzuschreiben.

Verbindliche Luftgrenzwerte der EU (Binding Occupational Exposure Limit Values - BOELVs) stellen dagegen Mindeststandards für die Mitgliedstaaten dar. Die nationale Umsetzung dieser Grenzwerte in Deutschland erfolgt in der Regel durch gleitenden Verweis gemäß § 7 Abs. 11 der Gefahrstoffverordnung () auf die entsprechende europäische Richtlinie.

Der oben beschriebene Ablauf der Entscheidungsfindung hat sich erst in den letzten Jahren entwickelt. Für eine Reihe älterer EU-Luftgrenzwerte wurden bisher keine Begründungsdokumente herausgegeben.

Eine ausführliche Beschreibung der EU-Grenzwertsetzung findet sich unter: Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte () (in englischer Sprache).

Literatur und weitere Informationen

[1] von der Hude, W.: Grenzwertkonzeption der Europäischen Gemeinschaft. In: Symposium "Grenzwerte für chemische Einwirkungen an Arbeitsplätzen" (BIA-Report 4/98). Hrsg.: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG), Sankt Augustin 1998, S. 13-18

[2] Grenzwerte berufsbedingter Exposition. Kriteriendokumente – Leitlinien. Bericht EUR 13776. Hrsg.: Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 1992

[3] Occupational Exposure Limits. Recommendations of the Scientific Expert Group 1991-1992. Report EUR 15091. Hrsg.: European Commission. Office for Official Publications of the European Communities, Luxemburg 1994

[4] Occupational Exposure Limits. Recommendations of the Scientific Committee for Occupational Exposure Limits to Chemical Agents.
Hrsg.: European Commission. Office for Official Publications of the European Communities, Luxemburg 1998

Beschreibung der EU-Grenzwertsetzung ()