
abgeschlossen 12/2025
Die chemische Synthese von definierten Fasern mit diskreten Abmessungen wird zum ersten Mal die gezielte Untersuchung bestimmter Fasereigenschaften im Zellkulturmodell erlauben und Rückschlüsse ermöglichen, die die toxikologische und arbeitsmedizinische Gefährdungsbeurteilung von anorganischen Fasern erleichtert. Speziell soll dabei geprüft werden, ob besonders die Unter- oder Überschreitung bestimmter Durchmesser, d. h. ein stark nadelförmiger Charakter sowie eine hohe Rigidität, die entzündliche Wirkung der Fasern bei ansonsten gleichbleibender chemischer Zusammensetzung fördern. Es wird angenommen, dass besonders dünne Fasern im unteren nm-Bereich möglicherweise wegen fehlender Rigidität keine ausgeprägten Entzündungen bewirken, während relativ dicke Fasern (wenige µm) wegen ihrer fehlenden nadelförmigen Eigenschaften geringer wirksam sind.
Mittels unterschiedlicher Syntheseansätze (Mikroemulsions-, Polyol- und Hydrothermalsynthese) wurden oxidische Mineralfasern (Silica und Titandioxid) mit definierten Längen und diskreten Variationen im Durchmesser synthetisiert und eingehend chemisch-physikalisch charakterisiert, unter anderem mittels Rasterelektronenmikroskopie, Energiedispersiver Röntgenspektroskopie, Röntgenpulverdiffraktometrie, Thermogravimetrie, Elementaranalyse und ICP-MS (Induktiv gekoppelte Plasma-Massenspektrometrie). Des Weiteren wurde die Zellaufnahme der Fasern mittels Rasterelektronenmikroskopie und Konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie sowohl in humanen monozytären Makrophagen als auch in Ratten-Alveolarmakrophagen untersucht. Die zytotoxische Wirkung der Fasern wurde mithilfe von etablierten Toxizitätstests bestimmt. Deren inflammatorische Wirkung wurde systematisch mit einem etablierten Zellkulturmodell untersucht, das die faserinduzierte Einwanderung von Entzündungszellen in die Lunge abbildet, bestehend aus Lungenmakrophagen und einer Modellzelllinie für neutrophile Granulozyten. Ergänzend zum partikelinduzierten Zellmigrationstest (PICMA-Test) wird die Genexpression untersucht. Aus den exponierten und nicht-exponierten NR8383-Zellen (Ratten-Alveolarmakrophagen) wird die Ribonukleinsäure (RNA) isoliert und anschließend die Menge und ggf. die Integrität der isolierten RNA bestimmt. Auf Proteinebene wird die Expression von Biomarkern der Chemotaxis und der Entzündung aus Zellüberständen mittels ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay) quantifiziert.
Es konnte gezeigt werden, dass die Synthese von langen Mikrofasern aus Silica und Titandioxid möglich ist. Eine Dotierung mit Fremdionen wie Aluminium oder Eisen gelang nicht, sodass keine synthetischen Asbestfasern erhalten werden konnten. Gleichwohl zeigten sich deutliche proinflammatorische Effekte der synthetisierten Fasern, die von Länge und Morphologie (z. B. gerade gegenüber gelockt) abhingen. Diese konnten mit bekannten inflammatorisch aktiven Stoffen (Asbest und Carbon Nanotubes) korreliert werden, was die Anwendbarkeit des PICMA-Tests zur in-vitro-Abschätzung einer subtoxischen Wirkung bestätigt. Insofern konnten die Projektziele in vollem Umfang erreicht werden, auch wenn das chemische System gewechselt wurde (Titandioxid statt Silikat). Letztlich ist die Fasermorphologie von größerer Bedeutung als die chemische Zusammensetzung, sofern es sich um unlösliche Fasern handelt. Es wird jedoch auch deutlich, dass die synthetisierten Fasern die Stärke der biologischen Wirkungen von Krokydolith-Asbestfasern nicht erreichen. Die vergleichende elektronenmikroskopische Analyse zeigt, dass Krokydolith-Asbest zu einer Membranschädigung führt, indem die aufgespleißten Faserenden die Membranen durchstechen. Eine solche nadelförmige Wirkung erzielen die synthetisierten Silica- und Titandioxidfasern nicht. Neben Länge und Dicke bzw. dem Verhältnis beider wirkt sich demnach der nadelförmige Charakter der Fasern deutlich aus.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Gefahrstoffe
Schlagworte:Arbeitsmedizinische Vorsorge, Stäube, Fasern, Partikeln, Gefährdungsbeurteilung
Weitere Schlagworte zum Projekt:Mineralfasern, Toxikologie