abgeschlossen 10/2009
Der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Gesundheit (BMAS), Sektion Berufskrankheiten, hat Ende 2005 empfohlen, die durch Tätigkeiten im Knien oder vergleichbare Tätigkeiten verursachte Gonarthrose (Kniegelenksarthrose) als neue Berufskrankheit (BK) in die Liste der Berufskrankheiten aufzunehmen. In der wissenschaftlichen Begründung zur geplanten BK Gonarthrose werden zwei wesentliche Merkmale zur Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen genannt: Zum einen der Kniewinkel bei kniebelastenden Tätigkeiten, zum anderen die Zeitanteile solcher Tätigkeiten pro Arbeitsschicht. Da über beide Faktoren zurzeit keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse vorliegen, sollte im Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzliche Unfallversicherung - BGIA in Zusammenarbeit mit mehreren Unfallversicherungsträgern (UVT) ein Messwertkataster mithilfe des CUELA-Messsystems aufgebaut werden. Ziel dieses Katasters war es, valide Daten zur Quantifizierung der relevanten Kniebelastungen innerhalb verschiedener Berufsgruppen zu erhalten und damit eine Grundlage für zukünftige Präventionsmaßnahmen sowie für zukünftige arbeitstechnische Ermittlungen im Rahmen von BK-Feststellungsverfahren zu schaffen.
Unter der Federführung des BGIA wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener Unfallversicherungsträger gebildet, die die Konzeption der geplanten Messungen übernahm. Zuerst wurden Prioritätenlisten für die zu untersuchenden Berufe und ihren Arbeitsschichten mit zugehörigen Tätigkeiten erstellt. Die Untersuchung der Tätigkeitsmodule erfolgte durch Messungen mit den CUELA-Systemen der beteiligten Berufsgenossenschaften und des BGIA. Ergänzt wurden die Messdaten durch Erhebungen mittels Fragebögen zu Tagesleistungen, Pausenzeiten und Nebentätigkeiten. Die entsprechenden Erhebungsinstrumente wurden in der Arbeitsgruppe konzipiert und im BGIA erstellt, wo auch die Anpassung der CUELA-Software sowie die Schulung der beteiligten Messingenieure erfolgten. Pro Tätigkeitsmodul sollten die Daten von mindestens drei Probanden erfasst werden, sodass insgesamt mit 250 bis 300 Arbeitsschichtaufnahmen zu rechnen war. Alle erhobenen Daten wurden zentral im BGIA in einer Datenbank gesammelt, ausgewertet und in Katasterform aufbereitet, während die Organisation der Einzelmessungen jeweils den beteiligten Unfallversicherungsträgern oblag.
Im Vorfeld des Projekts konnten 22 Berufe identifiziert werden, bei denen kniebelastende Tätigkeiten in relevantem Maße auftreten können: Betonbauer, Bodenleger, Dachdecker, Elektroinstallateure, Estrichleger, Fahrzeugsattler, Fliesenleger, Flugzeugabfertiger, Formenbauer, Installateure, Lkw-Mechaniker, Maler und Lackierer, Natur- und Kunststeinleger, Parkettleger, Pflasterer, Raumausstatter, Rohrleitungsbauer, Rüster, Schweißer, Stahlbauer, Werftarbeiter und Zimmerleute. Zu diesen Berufen konnten insgesamt 251 relevante Schichtaufnahmen durchgeführt und ausgewertet werden. Die zu untersuchenden Tätigkeiten wurden in Form von 87 Tätigkeitsmodulen ("typische Arbeitsschichten") gegliedert und messtechnisch untersucht. Mithilfe einer modifizierten CUELA-Software konnten die insgesamt ca. 550 h Messzeit hinsichtlich Art und Vorkommen der kniebelastenden Tätigkeiten aufbereitet und ausgewertet werden. Alle Schichtaufnahmen wurden in die Datenbank OMEGA-MSB des BGIA übertragen, sodass sie auch für weitere Auswertungen zur Verfügung stehen. Diese Datenbank kann in Zukunft ständig erweitert werden. Die repräsentativen Ergebnisse zu 16 Berufen wurden bei den jeweils federführenden Unfallversicherungsträgern in Dokumentationen für die BK-Bearbeitung zusammengefasst. Diese Ergebnisse werden in die parallel entwickelte "Anamnese-Software Kniegelenkserkrankungen" des BGIA als Kataster-/Katalog-Daten integriert und stehen somit für die BK-Ermittlung der Unfallversicherungsträgern zur Verfügung. Die Veröffentlichung der Gesamtergebnisse soll nach dem Votum des forschungsbegleitenden Arbeitskreises (AG GonKatast) im Jahr 2010 in Form eines IFA-Reports erfolgen. Mit dem Messwert-Kataster "GonKatast" wird den Unfallversicherungsträgern somit ein hilfreiches Instrument für die Ermittlung der arbeitstechnischen Voraussetzungen in BK-Verfahren zu Kniegelenkserkrankungen (BK 2102, 2105, 2112) sowie zum Erkennen von Präventionsschwerpunkten auf dem Gebiet beruflicher Kniegelenksbelastungen zur Verfügung gestellt.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Arbeitsbedingte Erkrankungen, Mechanische Gefährdungen
Schlagworte:Berufskrankheit, Messverfahren, Gefährdungsbeurteilung
Weitere Schlagworte zum Projekt:Kniegelenksarthrose, Gonarthrose, Berufskrankheit (BK), Knie belastende Tätigkeiten (Hocken, Knien, Fersensitz, Kriechen), Messwertkataster, CUELA-Messsystem, berufsspezifische Belastungsprofile, Tätigkeitsmodule, Datenbanksystem