Elektromagnetische Felder an handgeführten Punktschweißzangen

Projekt-Nr. BGIA 4120

Status:

abgeschlossen 04/2008

Zielsetzung:

Beim Schweißen mit Punktschweißzangen treten in der unmittelbaren Umgebung der Schweißzange hohe impulsförmige magnetische Felder auf. Diese Felder sind die Folge von kurzzeitig fließenden Strömen mit Stromstärken von einigen Kiloampere. Da Schweißer die Punktschweißzangen zum Schweißen üblicherweise mit den Händen vor ihrem Körper positionieren und halten, muss mit einer hohen Exposition gegenüber magnetischen Feldern gerechnet werden. Dabei können, je nach Schweißstromstärke und Stellung des Schweißers zur Punktschweißzange, die nach Abschnitt 3 der Unfallverhütungsvorschrift BGV B11 zulässigen Werte für die magnetische Flussdichte und Flussdichteänderungen überschritten werden. Eine Gefährdung der Gesundheit der Schweißer aufgrund starker magnetischer Felder kann nicht ausgeschlossen werden, da bei einer hohen Exposition im menschlichen Körper durch magnetische Felder Nerven und Muskelzellen angeregt werden können und dies im schlimmsten Fall zum Herzkammerflimmern führen kann. Um beurteilen zu können, ob eine Gefährdung für die Gesundheit vorliegt, muss die Exposition bewertet werden. In BGV B11 sind die zulässigen Werte festgelegt. Bei diesen Werten wird unterschieden zwischen den sogenannten Basiswerten wie z. B. die elektrische Stromdichte, die die Wirkungen des magnetischen Feldes im menschlichen Körper beschreibt, und den Feldgrößen äußerer Felder, d. h. den abgeleiteten Werten wie die elektrischen oder magnetischen Feldstärken. Da die elektrische Stromdichte im menschlichen Körper bisher nicht bzw. nur mit hohem Aufwand gemessen werden konnte, basiert bei magnetischen Feldern die Beurteilung der Exposition z. Zt. auf dem Ergebnis des Vergleichs der gemessenen magnetischen Flussdichte mit den zulässigen abgeleiteten Werten der BGV B11. Bei Einhaltung dieser Werte ist sichergestellt, dass die in der BGV B11 aufgeführten zulässigen Werte der elektrischen Stromdichte im menschlichen Körper, d. h. der Basiswert, eingehalten werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei einer Überschreitung des zulässigen Wertes für die magnetische Flussdichte auch der zulässige Wert der elektrischen Stromdichte, also der Basiswert, überschritten wird. Das hat zur Folge, dass bei einer Überschreitung der zulässigen Werte für die magnetische Flussdichte zur Beurteilung der Exposition die Übereinstimmung mit den zulässigen Werten für die Basisgrößen durch zusätzliche Untersuchung/Berechnung/Simulation festgestellt werden muss. Aufgrund der schwierigen messtechnischen Erfassung der Basiswerte wurden bisher bei der Beurteilung der Exposition unter Bezugnahme von Basiswerten nur sehr einfache Rechenmodelle verwendet. Das führte stets zu einer konservativen Abschätzung der Exposition. Aufgrund der verbesserten Simulationsmöglichkeiten können inzwischen die Basisgrößen im menschlichen Körper ohne messtechnischen Aufwand ermittelt werden. Da häufig eine Überschreitung der abgeleiteten Werte in der Nähe von Punktschweißzangen bedingt durch die hohen Schweißströme auftritt, hatte das Projekt zum Ziel, durch Messung und Simulation festzustellen, ob die Basiswerte der BGV B11 eingehalten werden. Ferner sollte festgestellt werden, welche Vorteile eine Expositionsbewertung unter Bezugnahme der Basiswerte gegenüber den abgeleiteten Werten für den Aufenthalt an Punktschweißzangen hat.

Aktivitäten/Methoden:

Die Projektbearbeitung erfolgte in fünf Stufen: In der Stufe eins wurden die Verteilung der magnetischen Flussdichte in der Umgebung der Schweißzangen in mehreren Ebenen ermittel, Dazu dienten Labormessungen an zwei Punktschweißzangen (Kabelzangen) mit unterschiedlichen Zangenfenstern in Abhängigkeit vom Schweißstrom bei unterschiedlichen Abständen zur Schweißzange. In der Stufe zwei wurden bei einem Anwender aus der Automobilindustrie an acht Punktschweißzangen (Kabelzangen) orientierende Messungen zur Feldverteilung durchgeführt. Ferner wurden im Rahmen der Messungen die unterschiedlichen Arbeitspositionen der Schweißer beim Schweißen hinsichtlich der Abstände zwischen Körper und Zange analysiert. Die Punktschweißzangen waren vergleichbar mit den in der Stufe eins untersuchten Zangen. In der Stufe drei wurde die Feldverteilung mit der Simulationssoftware EMPIRE auf der Basis der Geometrie der verschiedenen Punktschweißzangen und der ermittelten Schweißströme berechnet. Berücksichtigt wurden dabei auch Vergleich und Abstimmung mit den Messwerten gemäß Schritt eins und Schritt zwei. In der Stufe vier erfolgte die Ermittlung der Basisgrößen (Körperstromdichten) für die im Schritt drei berechneten äußeren magnetischen Feldverteilungen in der Nähe der Punktschweißzangen mit dem Körpermodell der Simulationssoftware EMPIRE. Zuletzt erfolgte in der Stufe fünf die Bewertung der Mess- und Simulationsergebnisse.

Ergebnisse:

Die Messergebnisse an den ausgewählten Arbeitsplätzen und den Punktschweißzangen im Labor zeigen, dass in der Praxis beim Schweißen mit handgeführten Punktschweißzangen Überschreitungen der Grenzwerte für die magnetischen Flussdichte (abgeleitete Grenzwerte) nicht ausgeschlossen werden können. Erstmals wurde in dem Projekt zusätzlich die Expositionsbeurteilung eines Schweißers an handgeführten Punktschweißzangen anhand von berechneten Körperstromdichten durchgeführt. Für häufig vorkommende Arbeitssituationen wurden in einer dreidimensionalen Feldsimulation Körperstromdichten in mehreren Körperschichten (Genitalien, Rumpf, Hals, Kopf) berechnet und visualisiert. Die Ergebnisse wurden mit den derzeit gültigen Basisgrenzwerten, die für das Zentralnervensystem (Rückenmark und Gehirn) gelten, verglichen und bewertet. Dabei zeigte sich, dass in verschiedenen Fett- und Muskelgeweben und in der Rückenmarkflüssigkeit (Liquor) - je nach Abstand, Position und Lage der Punktschweißzange zum Körpermodell - die Grenzwerte überschritten werden können, dass sie dabei aber im Zentralnervsystem (Gehirn und Rückenmark) eingehalten werden. Bei allen untersuchten Arbeitssituationen wurden im Zentralnervsystem maximal 10 % (1 mA/m²) des Basisgrenzwertes ausgeschöpft, obwohl die magnetischen Flussdichten über den abgeleiteten Grenzwerten lagen. Der geringe Grad der Ausschöpfung der Basisgrenzwerte lässt den Schluss zu, dass bei realen Arbeitssituationen an vergleichbaren handgeführten Punktschweißzangen die Exposition der Schweißer unter den Grenzwerten (Basiswerten) der BGV B11 liegt. Damit ist das neue Ergebnis des Projektes, dass besondere Maßnahmen zum Schutz der Schweißer für das Arbeiten an den untersuchten oder vergleichbaren Punktschweißzangen nicht erforderlich sind.

Stand:

02.05.2016

Projekt

Gefördert durch:
  • Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG)
Projektdurchführung:
  • Berufsgenossenschaft Metall Süd
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Strahlung, Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren

Schlagworte:

Elektromagnetische Felder, Exposition, Gefährdungsbeurteilung

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Elektromagnetische Felder, magnetische Felder, Punktschweißzangen, Feldverteilung, Gefährdungsbeurteilung