abgeschlossen 12/2009
Milben und Schimmelpilze bevorzugen mit Blick auf Feuchtigkeit, Temperatur und teilweise auch Nährstoffe ähnliche Lebensräume. Solche Umweltbedingungen liegen häufig in sanierungsbedürftigen Gebäuden vor. Beschäftigte bei der Gebäudesanierung können demzufolge gegenüber sensibilisierend wirkenden Stäuben exponiert sein, die sowohl Schimmelpilz- als auch Milbenallergene enthalten. Bisherige Untersuchungen beschäftigten sich insbesondere mit der Höhe der Schimmelpilzkonzentrationen und expositionsmindernden Verfahren. In einem von der BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft initiierten Messprogramm sollte deshalb untersucht werden, ob in Gebäuden, in denen Sanierungstätigkeiten durchgeführt werden, verschiedene Milbenarten und Schimmelpilze gemeinsam vorkommen und damit ggf. auch Milbenallergene zu einer sensibilisierenden Wirkung schimmelpilzhaltiger Stäube beitragen. Weiterhin sollte geklärt werden, welche Schimmelpilze vorrangig in sanierungsbedürftigen Gebäuden auftreten, da es sich dabei um Arten handeln könnte, deren Allergene mit herkömmlichen Tests nicht erfasst werden. In diesem Fall müssten entsprechende Nachweisverfahren neu entwickelt werden. Letztendlich sollte im Gesamtprojekt durch die Untersuchung von entsprechenden Seren auch geprüft werden, ob erhöhte Schimmelpilzkonzentrationen, die bei der Durchführung von Gebäudesanierungsmaßnahmen auftreten können, nachweislich zu Allergien bei den Beschäftigten führen. Probenahme und alle weiteren Untersuchungen wurden in Kooperation mit privaten Partnern (Dr. W. Lorenz-Institut für Innenraumdiagnostik, Düsseldorf und Dr. J. T. Franz, Paderborn) sowie mit dem Institut für Hygiene der Universität Bonn und dem Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA) durchgeführt. Aufgabe des BGIA - Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung war es in diesem Projekt, die Schimmelpilzkonzentrationen der Materialproben als Kolonie bildende Einheiten (KBE) pro g Material zu ermitteln und Isolate der jeweils vorherrschenden mesophilen Schimmelpilze herzustellen. Diese wurden anschließend zur Identifizierung der Schimmelpilzarten an das Hygieneinstitut der Universität Bonn weitergeleitet.
Zur Ermittlung der Schimmelpilz-Gesamtkoloniezahlen wurden die Proben zerkleinert und je nach Material (z. B. Tapete, Wandputz, Farbe, Styropor, Holz) in einer Suspensionslösung (0,9 %ige NaCl-Lösung mit Zusatz von Tween 80) bei Raumtemperatur geschüttelt. Anschließend wurde diese Suspension dekadisch verdünnt und die Verdünnungsstufen auf DG-18-Agar (mit Chloramphenicol) ausplattiert. Die Nährböden wurden bei 25 °C bis zu sieben Tage bebrütet. Zur Bestimmung der Gesamtkoloniezahl wurde die am besten auswertbare Verdünnungsstufe herangezogen (5 bis 150 Kolonien pro Platte). Für die Herstellung der Isolate wurden nach Sichtprüfung aller Schimmelpilzplatten die jeweils fünf bis zehn am häufigsten vorkommenden Arten auf neue Nährböden überimpft und gekühlt an das Hygieneinstitut Bonn zur weiteren Anzucht und Identifizierung versendet. Weiterhin wurden tiefstgekühlte Präparate zur Stammhaltung angelegt (Kryokulturen), das Aussehen der abgeimpften Kolonien beschrieben und fotografisch dokumentiert. Das IPA erhielt dieselben Isolate, die im Hygieneinstitut der Universität Bonn identifiziert wurden, als Kryokultur sowie sterile DG-18-Nährbodenplatten zur Anzucht der Isolate.
Im Projektzeitraum wurden 53 Materialproben aus Gebäudesanierungsobjekten auf ihren Befall mit Schimmelpilzen untersucht. Das am häufigsten untersuchte Material war mit 30 % aller Proben Tapete, gefolgt von Putz/Wandmaterial (16 %). Weitere Baumaterialien wie Farbe, Holz (Spanplatte/Paneele), Styropor oder Teppichboden spielten hingegen mit 1 bis 3 % aller Proben im gesamten Probenaufkommen nur eine untergeordnete Rolle. Die Schimmelpilzgesamtkonzentrationen in den verschiedenen Materialien reichten von 30 KBE/g Material bis 16 Mrd. KBE/g Material. Tapetenproben, die am häufigsten untersucht wurden, wiesen im Durchschnitt Schimmelpilzkonzentrationen von mehreren hundert Mio. KBE/g Material auf. Das ist dadurch begründet, dass das cellulosehaltige Material mit dem anhaftenden Kleber eine optimale Nahrungsquelle für diese Organismen darstellt. Neben den höchsten Schimmelpilzkonzentrationen wiesen die Tapetenproben auch die höchste Artenvielfalt auf. Insgesamt wurden vom BGIA 140 Schimmelpilzisolate hergestellt, die vom Hygieneinstitut der Universität Bonn identifiziert wurden. Unter den acht am häufigsten vorkommenden Arten waren sowohl zahlreiche Feuchtezeiger vertreten, wie Aspergillus versicolor, Cladosporium cladosporoides oder Acremonium strictum, als auch mykologisch und allergologisch nur sehr schwer zu unterscheidende Penicillium-Arten, wie P. chrysogenum oder P. griseofulvum, die nicht vorrangig als Feuchtezeiger beschrieben werden. Die beiden in den Materialproben dominierenden Arten Aspergillus versicolor und Penicillium chrysogenum wurden für die Neuentwicklung von Immunoassays zum Nachweis spezifischer Allergene dieser beiden Schimmelpilze ausgewählt. Aus den im BGIA angelegten Kryokulturen wurden die für die Herstellung von allergenhaltigen Extrakten erforderlichen Isolate zur Verfügung gestellt. Anzucht und Ernte der Pilz-Biomasse wurde durch das Biologische Mess- und Analyse-Labor (BMA-Labor), Bochum durchgeführt. Die Entwicklung und Testung der Schimmelpilz-Immuno-Assays selbst erfolgt in einem vom IPA durchgeführten Teilprojekt.
Bauwirtschaft
Gefährdungsart(en):Biologische Arbeitsstoffe
Schlagworte:Allergisierende Stoffe, Biologische Arbeitsstoffe
Weitere Schlagworte zum Projekt:Gebäudesanierung, Schimmelpilze, Milben, Allergene, sensibilisierende Wirkung, Enzym-Immuno-Assay