abgeschlossen 12/2009
Insbesondere Berufe mit hohen physischen und psychischen Belastungen haben häufig eine begrenzte Tätigkeitsdauer. Ergänzend zu klassischen Präventionsansätzen, die den Erhalt der Arbeitsfähigkeit im aktuellen Beruf zum Ziel haben und immer an erster Stelle stehen müssen, wird mit diesem Projekt ein neuer Weg eingeschlagen: Der rechtzeitige Wechsel in eine alternative Tätigkeit oder einen neuen Beruf. Tätigkeits- und Berufswechsel vor dem Auftreten arbeitsbedingter Leistungseinschränkungen und Erkrankungen sind eine Möglichkeit, die Beschäftigungsfähigkeit älter werdender Arbeitnehmer zu erhalten und die Folgekosten für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Versicherungsträger zu senken. Mit dem Projekt wird das Ziel verfolgt, Berufsberatung und Personalauswahl sowie Ausbildung und Personalentwicklung in Unternehmen zu unterstützen. In einem ersten Schritt wird der Frage nachgegangen: Lassen sich Berufe bzw. Berufsgruppen identifizieren, in denen ein erhöhtes Risiko für ein vorzeitiges Ende der Erwerbstätigkeit besteht? In einem zweiten Schritt wird für eine ausgewählte Berufsgruppe gefragt: Welchen Anforderungen müssen Berufsberatung, Personalauswahl und -entwicklung genügen, um den Risiken von verminderter Leistungsfähigkeit, vorzeitiger Berufsaufgabe, Frühverrentung und Arbeitslosigkeit im Alter vorzubeugen? Alle Weichenstellungen im Berufsleben, von der Berufswahl bis zum Berufswechsel, werden dabei berücksichtigt. Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Beschreibung von Karrierepfaden, die die Beschäftigungsfähigkeit in der ausgewählten Berufsgruppe bis zum Renteneintrittsalter ermöglichen. In einem dritten Schritt werden aus den Erfahrungen des Modellprojekts verallgemeinerbare Strategien für die Berufsberatung, Personalauswahl und -entwicklung für andere Risikoberufsgruppen abgeleitet. In zwei Berufen (stationäre Krankenpflege, Straßen- und Tiefbauer) wurde das Projekt bereits modellhaft erprobt. Für den nächsten Modellberuf wird die Gruppe der Reinigungsberufe untersucht. Das dritte Modellprojekt wird von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gefördert. Die Schwerpunkte liegen auf der Entwicklung von Wegen der Verlängerung der Verweildauer im Beruf, der Wege in den nächsten Beruf und insbesondere der praktischen Umsetzung des Beratungskonzepts in einem Reinigungsunternehmen.
Die methodische Herangehensweise besteht u. a. in der Durchführung von Literatur- und Datenrecherchen sowie der Analyse von Statistiken, Stellenausschreibungen und Ausbildungskonzepten. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen Interviews mit Stelleninhabern, Berufswechslern, Ausbildungsverantwortlichen, Personalverantwortlichen, Betriebsärzten, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Berufshelfern.
In der stationären Krankenpflege wurden unter anderem Anforderungen wie Patientenorientierung, Eigenverantwortung, betriebswirtschaftliches Handeln, interdisziplinäre Zusammenarbeit und interkulturelle Kompetenz herausgehoben. Als Frühwarnindikatoren wurden am häufigsten Schlafstörungen, allgemeine Erschöpfungszustände und unklare Herz-Kreislauf-Beschwerden benannt. Gründe für den Wechsel der Tätigkeit bzw. des Berufs waren nach eigener Beschreibung der Interviewpartnerinnen vor allem geistige Unterforderung verbunden mit fehlenden Entwicklungsmöglichkeiten, körperliche Belastungen und soziale Konflikte mit Kollegen und Patienten. Den Erwerbsbiographien erfolgreicher Berufswechsler war gemeinsam, dass sie bereits mehrere Erfahrungen mit Tätigkeitswechseln haben, dass sie aktiv nach Lernchancen gesucht und auf eigene Initiative Zusatzqualifikationen erworben haben. Erfolgreiche Berufswechsler zeichnen sich durch eine hohe Zufriedenheit im neuen Beruf aus. Die Arbeitstätigkeit im neuen Beruf ist u. a. gekennzeichnet durch Ganzheitlichkeit, Verantwortung, zeitliche Freiheitsgrade, berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und Anerkennung. Ziel der Projektarbeit ist es, auf der Grundlage der in den Modellberufen erworbenen Erkenntnisse, Beratungs- und Personalentwicklungskonzepte zu entwickeln, die in Risikoberufen frühzeitig auf einen Tätigkeits- bzw. Berufswechsel vorbereiten. Für unsere Modellprojekt haben wir z. B. für die Berufsberatung eine Karrierematrix entworfen.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Qualifizierung/Aus- und Weiterbildung, Arbeitsbedingte Erkrankungen, Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren
Schlagworte:Arbeit und Alter, Demographie, Physische Beanspruchung/Belastung
Weitere Schlagworte zum Projekt:Berufe mit begrenzter Tätigkeitsdauer, Frühverrentung, ältere Arbeitnehmer, Krankenpflege, Personalentwicklung, Berufswechsel, Straßen- und Tiefbauer, Reinigungsberufe
IGA-Report 17 (Drei Teile)