Maschinensteuerungen:

Sind elektronische Baugruppen so sicher wie bewährte Bauteile?

13.06.2022

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Die Überarbeitung des zweiten Teils der DIN EN ISO 13849 steht bevor - DGUV Test positioniert sich. Bild: magele-picture - stock.adobe.com

DGUV Test positioniert sich zur Norm DIN EN ISO 13849-1 für sichere Steuerungen an Maschinen: Je nach Risiko an einer Maschine werden an die Steuerung unterschiedliche Anforderungen gestellt. Gelten elektronische Bauteile weiterhin als weniger sicher, verglichen mit mechanischen Bauteilen?

Maschinensteuerungen werden nach der Sicherheit ihrer Bauweise in fünf Kategorien eingeteilt. Die niedrigste Sicherheitsstufe – die sogenannte Kategorie B (B für „basic“) – erreichen einkanalige Steuerungen. Denn sie arbeiten ohne Fehlererkennung oder einen zweiten Kanal als Backup – es gibt nur einen Sensor, eine Verarbeitungslogik und ein Element, das gefährliche Bewegungen abschalten kann. Hat eine der Komponenten einen Defekt, reagiert die Maschinensteuerung auf Gefahrensituationen nicht mehr korrekt. Die Maschine läuft beispielsweise weiter, obwohl eine Schutztür geöffnet wird. Nur Maschinen mit sehr geringem Gefährdungspotenzial, in der Norm umschrieben durch den sogenannten Performance Level (PL) der Stufen a und b, dürfen mit solchen einkanaligen Steuerungen ausgestattet sein.

Wurden für die einkanalige Steuerung aber ausschließlich sogenannte bewährte Bauteile verwendet, erreicht die Steuerung eine höhere Sicherheitsstufe – Kategorie 1. Mit einer solchen Steuerung ausgestattete Maschinen dürfen ein etwas höheres Gefährdungspotenzial der Stufe PL c besitzen. „Hier reden wir von Maschinen, die unter widrigen Umständen auch Amputation und Tod einschließen können“, erklärt Michael Hauke, langjähriger Normungsexperte im Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA).

Was darf als bewährtes Bauteil gelten?

Daraus ergibt sich die Frage: Was darf als bewährtes Bauteil gelten? Bisher fielen laut der Norm nur mechanische Bauteile in diese Kategorie, genauer gesagt nach festgelegten Sicherheitsprinzipien gebaute elektromechanische Schaltgeräte und pneumatische oder hydraulische Ventile. Nach über zwei Jahrzehnten Praxis mit elektronischen Bauteilen taucht aber immer wieder die Frage auf, ob nicht auch elektronische Bauteile wie Mikrochips, Mikroprozessoren oder Speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) in die Liste der bewährten Bauteile aufgenommen werden sollten. Aus dem Nutzerkreis der Maschinen gab es immer wieder Initiativen, die Vorgaben zu lockern. Auch in Normungsgremien wird dies zwischen Herstellerfirmen, Maschinenbau und Arbeitsschutz-Institutionen kontrovers diskutiert.

Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die kommende Überarbeitung des zweiten Teils der DIN EN ISO 13849, in dem typische bewährte Bauteile für verschiedene Technologien aufgelistet werden, hat sich ein Arbeitskreis aus verschiedenen DGUV Test Prüf- und Zertifizierungsstellen mit dieser Thematik befasst. In der DGUV Test Information 06 „Kann mit einer Standard-SPS PL c erreicht werden?“ wird die gemeinsam ausgearbeitete Position dargestellt.

Einschätzung der Zuverlässigkeit unverändert

„Je mehr wir uns in die Frage vertieft haben, desto mehr haben wir gemerkt: Es hat sich in der Einschätzung der Zuverlässigkeit nicht viel geändert“, fasst Hauke, zusammen. Die Argumentation: Elektronik zeigt im Vergleich zu mechanischen Bauteilen ein komplexeres Ausfallverhalten und unterliegt kürzeren und damit fehlerträchtigeren Innovationszyklen. Enthaltene Software ändert sich regelmäßig, beispielsweise durch Updates. Auch temporäre Fehler, etwa durch elektromagnetische Störquellen, können auftreten. Notwendige Sicherheitsprinzipien, wie die Kapselung sicherheitsbezogener Funktionen und die Vermeidung undefinierter Zustände, sind nicht in der geforderten Tiefe umsetzbar. „Auch nach 20 Jahren hat sich dies nicht geändert“, so Hauke.

DGUV Test Information 06 informiert

Oft schon mit überschaubarem Aufwand lasse sich bei Bedarf eine elektronische Steuerung auf ein höheres Gefährdungspotential anpassen: etwa durch den Einbau von fehlererkennenden Maßnahmen oder einen auf die Sicherheitsfunktion konzentrierten zweiten Kanal. Das Fazit der DGUV Test Information 06: Einkanalige elektronische Steuerungen gehören weiterhin nicht in gefährliche Maschinen, an denen schwere Verletzungen möglich sind.

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