Einsatz mobiler IT an Gastronomiearbeitsplätzen: Stellen ORDERMAN-Geräte eine Belastungsressource für die Arbeitnehmer dar?

Projekt-Nr. IFA 1106

Status:

abgeschlossen 03/2010

Zielsetzung:

Das Bonieren in Restaurants und Cafés funktioniert heutzutage nicht mehr mit Zettel und Stift, sondern durch den Einsatz mobiler Informationstechnologie (IT) in Form von elektronischen Bestellblöcken. Diese werden mit einem Stift über einen Touch-Screen bedient; variabel lassen sich, dem Gastronomiebetrieb entsprechend, Buttons auf einem Touchpad einrichten. Das System klingt einfach und birgt potenziell Vorteile für Kunde und Kellner - doch sind die Geräte in der Praxis wirklich so effektiv und aufgabengerecht? Bedeuten verringerte Wege und andere Versprechungen auch eine Belastungsreduktion bei der Arbeit? Viele Anwender müssen erst lernen, mit den Geräten umzugehen, fühlen sich durch die Benutzung zum Teil gestresst und würden Zettel und Stift bevorzugen. Außerdem leidet der persönliche Kontakt zum Gast, die Anforderungen der Gerätebedienung kollidieren u. U. mit sozialen Anforderungen. Zudem können konkrete Unfallgefahren durch die permanente Gerätebedienung (auch beim Laufen) entstehen. Das Ziel des Projektes war es, im Rahmen einer Praktikumsarbeit eine arbeitsschutzrelevante Einordnung der Geräte zu erhalten.

Aktivitäten/Methoden:

Die angewandte Methode staffelte sich dreifach wie nachfolgend aufgeführt: Usabilitytests (face2face): Nutzungstests der mobilen Endgeräte wurden nach ISO 9241-110 mit Berufspraktikern durchgeführt. Hierzu erfolgte die Schulung der Praktikantinnen duch das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnologie. Fragebogenaktion: In zehn Gastronomiebetrieben wurden Befragungen zu potenziellen Belastungsressourcen mit einem validierten Erhebungsinstrument zu möglichen Auswirkungen (Work Ability Index) durchgeführt. Interviews (face2face): In einem gastronomischen Betrieb mit direkter Projektanbindung wurden sämtliche Mitarbeiter zur Nutzungszufriedenheit u. a. befragt. Statistische Auswertungen: Die Ergebnisse wurden statistisch ausgewertet, die Auswirkungen wurden mit Referenzgruppen verglichen. Die Ergebnisdarstellung erfolgte in Form eines Praktikumsberichtes und durch Publikationen (DGUV-Forum, Fraunhofer Magazin)

Ergebnisse:

Usabilitytests (FIT): Die Untersuchung zeigte verschiedene Normenverletzungen. Probleme wie gebrauchsuntaugliche Tastaturbelegungen und Displayeinstellungen wurden dokumentiert. Diese Probleme können meist durch Geräteeinstellungen behoben/ausgeglichen werden, typische Probleme der Erwartungskonformität durch Schulungen. Fragebogenstudie/Interviews: Die "Dialogprinzipien" der Geräte wurden positiv bewertet, eine Zeitersparnis wurde bescheinigt. Die meisten Anwender würden die Geräte weiterempfehlen. In Interviews wurde die mangelnde Individualisierbarkeit der Technik beklagt. Einige Nutzer vermissen "Zettel und Stift", um gewohnte Abkürzungen zu verwenden. Das Gefühl von "Fremdbestimmung" wurde thematisiert. Als typische Probleme mobiler IT treten mangelnde Displaylesbarkeit und Leuchtstärkenanpassungen auf. Der Technikeinsatz wurde in Interviews als teilweise "zu sozialen Anforderungen konkurrierend" beschrieben: Die Aufmerksamkeit ist eingeschränkt, Gäste erleben das als unhöflich. Neben den gerätebedingten Belastungen hat der kompetenzengerechte Einsatz der Mitarbeiter den stärksten Einfluss auf die psychische Gesundheit, gefolgt von Führungsqualität, kollegialer Unterstützung und autonomer Arbeitsorganisation. Der Geräteeinsatz kann (nur) bei entsprechender organisatorischer Einbettung Vorteile bringen.

Stand:

24.04.2017

Projekt

Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT
Branche(n):

Gastgewerbe

Gefährdungsart(en):

Psychische Fehlbelastungen

Schlagworte:

Psychische Beanspruchung/Belastung

Weitere Schlagworte zum Projekt:

mobile IT, Gastronomie, Usability, Stress, Arbeitsorganisation, psychische Belastungen, Orderman