Raumakustik in Mehrpersonenbüros

Projekt-Nr. IFA 4226

Status:

abgeschlossen 11/2018

Zielsetzung:

In Mehrpersonenbüros mehren sich die Beschwerden von Beschäftigten über schlechte akustische Bedingungen. Häufig genannte Probleme sind eine zu hohe Lautstärke sowie eine hohe Störwirkung durch Gespräche und Geräusche der Kolleginnen und Kollegen. Typische Folgen sind ein überhöhtes Maß an Stress, ein Mangel an Privatheit sowie eine Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit.

Für die Messung und Beurteilung der Lärmsituation in Mehrpersonenbüros existieren inzwischen mit der DIN EN ISO 3382-3:2012 und der VDI 2569:2016 (Entwurf) zwei Regelwerke, die speziell auf die besonderen Bedingungen in Mehrpersonenbüros abzielen. Zu beiden Regelwerken existierten bisher im UVT-Kreis kaum Erfahrungen.

In diesem Projekt wurde durch betriebliche Messungen die praktische Eignung der genannten Regelwerke überprüft und häufige Probleme in der akustischen Gestaltung sowie der Messung und Beurteilung von Mehrpersonenbüros identifiziert.

Aktivitäten/Methoden:

In dreizehn Mehrpersonenbüros (mit elf bis 50 Arbeitsplätzen) wurden Messungen nach DIN EN ISO 3382-3:2012 durchgeführt und ausgewertet. Die anschließende Beurteilung der akustischen Bedingungen erfolgte nach VDI 2569:2016 (Entwurf). Aus den gesammelten Erfahrungen und Messergebnissen wurden allgemeine Probleme identifiziert und Handlungsempfehlungen für die Unfallversicherungsträger zur Durchführung der Messungen sowie raumakustische Optimierungsvorschläge für die Betriebe abgeleitet. Die Messergebnisse wurden mit den Ergebnissen von Schallausbreitungs-Simulationen abgeglichen. In Kooperation mit der VBG (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) wurden die erzielten Erkenntnisse in die Überarbeitung der Schrift "Akustik im Büro" eingebracht. Weiterhin wurden die Erkenntnisse des Projekts durch das IFA in Fachzeitschriften und auf Kongressen veröffentlicht.

Ergebnisse:

Die praktische Anwendung der untersuchten Regelwerke gestaltet sich schwierig: Während die Messnorm DIN EN ISO 3382-3:2012 in vielen Punkten unklar bleibt, lassen sich die genaueren Vorgaben aus E VDI 2569:2016 häufig nicht einhalten. Dementsprechend konnte in keinem der dreizehn untersuchten Büros eine Messung und Beurteilung durchgeführt werden, welche die Vorgaben der beiden Regelwerk einhält. Das Mess- und Beurteilungsergebnis hängt zum Teil deutlich von der konkreten Auswahl (erlaubter) Messpositionen ab. Somit lassen sich ggf. in ein und demselben Büro unterschiedliche Beurteilungen des Raumes erzielen.

In DIN EN ISO 3382-3 werden neue Parameter definiert, die einen direkten Bezug zur Störwirkung von Sprache sowie der Sprachverständlichkeit haben. Allerdings fließt nur ein Teil dieser Parameter in die Beurteilungsrichtlinie E VDI 2569:2016 ein. Die Abstufung der zur Beurteilung verwendeten Kenngrößen liegt im Bereich der analytisch ermittelten Unsicherheit, wodurch Unterschiede in der Klassifizierung der Büros zum Teil nicht auflösbar sind.

Die Messungen erfordern neben einer intensiven Einarbeitung auch eine besondere Messausrüstung. Die Messdurchführung wie auch die anschließende Bestimmung der relevanten Kenngrößen sind kompliziert und zeitaufwendig. Zur Zeitersparnis und Vereinfachung wurden zwei Softwarehilfen entwickelt, die für den Anwender die auf den eingegebenen Messdaten basierenden Kennwerte ermitteln und anhand dieser eine Beurteilung des Raumes vornehmen. Für eine differenziertere Einschätzung wird zusätzlich die Unsicherheit der Messung mit ausgegeben.

Die Simulation der Schallausbreitung in Mehrpersonenbüros weicht zum Teil deutlich von den Ergebnissen der Vor-Ort-Messungen ab. Ursächlich dafür sind unter anderem fehlende Angaben der Materialhersteller zu den Streugraden ihrer Produkte sowie eine generelle Unsicherheit in den angegebenen Absorptionswerten. Erst mit entsprechender Erfahrung in der Erstellung der Simulationen konnten Ergebnisse aus Vor-Ort-Messungen reproduziert werden, sodass eine allein auf Simulationen basierende Akustikplanung zunächst versierten Fachleuten vorbehalten bleiben sollte.

Insgesamt ergibt sich ein deutlicher Bedarf zur Überarbeitung und Weiterentwicklung der untersuchten Regelwerke. Weiterhin sollte ein vereinfachtes Verfahren entwickelt werden, durch das zumindest eine qualifizierte Abschätzung der akustischen Qualität von Mehrpersonenbüros auch mit geringerem Zeitaufwand und Standard-Messgeräten (z. B. Handschallpegelmesser) möglich wird.

Durch das Projekt konnte eine hohe Expertise im Bereich der Akustik von Mehrpersonenbüros aufgebaut werden, die nun im Rahmen von Betriebsberatungen und Seminaren den Unfallversicherungsträgern zuteil wird. Konkrete Handlungshilfen zur akustischen Gestaltung und Beurteilung von Mehrpersonenbüros wurden als Softwarehilfen oder Artikel in Fachzeitschriften publiziert. Weitere Publikationen sind in Vorbereitung.

Stand:

05.02.2019

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • VBG (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft)
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Lärm/Vibrationen

Schlagworte:

Lärm

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Akustik, Raumakustik, Lärm, Mehrpersonenbüro, Büro, Sprachverständlichkeit

Kontakt

Weitere Informationen

Webanwendung zur Berechnung von Kenngrößen nach DIN EN ISO 3382-3:2012

Webanwendung zur Beurteilung von Mehrpersonenbüros nach E VDI 2569:2016 inklusive Berechnung der Messunsicherheit