Entwicklung und Validierung eines Verfahrens zur Luftprobenahme und Quantifizierung von Methylisocyanat

Projekt-Nr. IFA 2088

Status:

abgeschlossen 10/2021

Zielsetzung:

Beim Erhitzen von neuen Isolier- und Dämmmaterialien in Heizkraftwerken wurde bei internen Untersuchungen eines Kraftwerkbetreibers Methylisocyanat (MIC) nachgewiesen. Der Stoff ist mit einem Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) von 0,024 mg/m3 in der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 900 (Arbeitsplatzgrenzwerte) gelistet. MIC wirkt auf den Menschen giftig bei Hautkontakt/Verschlucken, das Einatmen ist lebensgefährlich. Weiterhin wirkt es sensibilisierend und führt so zu allergischen Reaktionen der Haut und der Atemwege. Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Isocyanaten an Arbeitsplätzen sind zwei Berufskrankheiten (BK) anerkannt. Es handelt sich um die BK 1315 (Atemwegserkrankung durch Isocyanate) und BK 5101 (Hauterkrankungen).

Im Auftrag der BG ETEM, zu deren Mitgliedsbetrieben u. a. Betreiber von Heizkraftanlagen gehören, wurden Versuche mit verschiedenen Dämmmaterialien in der Abteilung Chemische und biologische Einwirkungen, Bereich Flüssigchromatographie, des Instituts für Arbeitsschutz der DGUV (A 2.5, IFA) durchgeführt. Dazu wurden die Materialien in einer hierfür konzipierten Versuchsanordnung auf unterschiedliche Temperaturen erhitzt. Hierbei freiwerdendes MIC wurde auf einem Probenträger, angelehnt an den für Untersuchungen auf Diisocyanate, gesammelt. Die einzelnen Dämmstoffe waren inhomogen, es konnte jedoch in einigen Materialien große Mengen an MIC ermittelt werden. Da die Inhomogenität der Dämmstoffe zu starken Schwankungen der Messwerte führte, sind die Ergebnisse nicht auf reale Bedingungen in Kraftwerken übertragbar. Weiterhin konnte MIC im Modellversuch nicht quantitativ gesammelt werden, weshalb die Eignung des verwendeten Probenahmeverfahrens ebenfalls in Frage zu stellen war.

Da die Modellversuche keine Rückschlüsse auf das tatsächliche Ausmaß einer Exposition gegenüber MIC von Beschäftigten in Kraftwerken zuließen, ergab sich der Bedarf, ein geeignetes Messverfahren zur Luftprobenahme von MIC zu entwickeln.

Nach erfolgreicher Validierung soll das Verfahren in das MGU übernommen werden.

Aktivitäten/Methoden:

Das zu entwickelnde Verfahren zur Bestimmung von MIC in der Luft am Arbeitsplatz soll an das im MGU vorhandene Verfahren zur Bestimmung von Isocyanaten angelehnt sein, um im Idealfall eine parallele Quantifizierung der Summe der Isocyanatgruppen (TRIG), Polyisocyanat und monomeren Diisocyanaten weiterhin zu ermöglichen.

Die bisher verwendeten Probenträger werden durch einen zusätzlichen Glasfaserfilter pro Filterkapsel, der ebenfalls mit Derivatisierungsmittel imprägniert wurde, modifiziert und die Probenahme auf maximal 1 h verringert, um Durchbrüche bei der Probenahme zu minimieren. Zur Quantifizierung wird Hochleistungsflüssigchromatographie, gekoppelt mit Massenspektromterie (HPLC-MS), eingesetzt. Die gegenüber der Routineanalytik von Isocyanaten deutlich empfindlichere Analysentechnik erfordert eine sorgfältige Kontrolle von Blindwerten in Reagenzien und Materialien, die im Messverfahren zum Einsatz kommen. Nur so kann eine ausreichend geringe Bestimmungsgrenze erreicht werden, die die Möglichkeit einer verkürzten Probenahmedauer eröffnet.

Das Messverfahren muss durch Probenahmeversuche gemäß der Norm DIN EN 1076 vollständig validiert werden. Die Beaufschlagung der Probenträger erfolgt mittels Gasmaus mit Luftdurchsatz über eine Prüfgasstrecke. Geprüft wird der Einfluss der MIC-Konzentration auf das Messergebnis bei verschiedenen Luftfeuchten. Da das Messverfahren in der Praxis bei erhöhten Temperaturen eingesetzt werden muss, ist auch der Einfluss der Temperatur auf das Messergebnis zu prüfen. Dies erfolgt im Klimaschrank bei Kombinationen von MIC-Konzentration und Temperatur. Für diese Versuche müssen die Probenträger dotiert werden. Der Einsatz von Gasmäusen/Prüfgasstrecke ist hierbei praktisch nicht umsetzbar, weil sich keine der im IFA vorhandenen Prüfgasstrecken in entsprechend klimatisierbaren Räumlichkeiten befindet.

Je nach Ergebnis der Validierung wird eine Überprüfung des Messverfahrens unter realen Bedingungen angestrebt. Eine Abstimmung hierzu muss mit den UV-Trägern erfolgen, in deren Zuständigkeit Anlagen betrieben werden, in denen Dämmwollen zur Isolierung von z. B. Heizkesseln eingesetzt werden.

Die Ergebnisse der Validierung müssen abschließend nachvollziehbar dokumentiert und das Messverfahren im Messsystem Gefährdungsermittlung der UV-Träger (MGU) veröffentlicht werden.

Ergebnisse:

Der Ansatz, MIC mit einer an das im MGU existierende Messverfahren für Isocyanate angelehnten Vorgehensweise zu bestimmen, erwies sich für den entscheidenden Schritt der Probenahme nicht als zielführend.

Auch mit einem modifizierten Probenträger aus drei hintereinandergeschalteten, imprägnierten Filtern in einem Gesamtstaubprobenahmesystem (GSP-System) wurden Messergebnisse in Probenahmeversuchen ermittelt, die sehr stark schwankten. Dieses liegt möglicherweise an der hohen Reaktivität des MIC, welche in Gegenwart von Luftfeuchte bereits zum Abreagieren führt, sodass die Substanz nicht vollständig auf dem Probenträger angereichert werden kann. Wie von anderen flüchtigen Isocyanaten bekannt, könnte auch die hohe Flüchtigkeit des MIC für geringe Wiederfindungen auf dem PT ursächlich sein.

Eine quantitative Bestimmung auf dem Filter war unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich.

Die analytische Bestimmung von MIC mittels Flüssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS) ist sehr empfindlich, aber ohne eine reproduzierbare Probenahme kann die Ermittlung der Gefährdung durch MIC in der Luft am Arbeitsplatz nicht erfolgen.

Ein grundsätzliches Problem bezüglich der analytischen Bestimmung von MIC stellt die eingeschränkte kommerzielle Verfügbarkeit des Stoffes dar. Es gelang einmalig, MIC bei einem russischen Anbieter zu beziehen. Dieser bietet es aber nicht weiter an. Für quantitative Bestimmungen ist die Kalibrierung des Analysensystems mit einem ausreichend reinen MIC-Standardmaterial als Vergleichssubstanz eine wesentliche Voraussetzung, die damit auf längere Sicht nicht sichergestellt ist. Ein geeignetes Messverfahren zum Einsatz im MGU kann somit leider nicht entwickelt werden. Für betroffene Arbeitsplätze/Tätigkeiten empfiehlt das IFA das Tragen geeigneter Schutzausrüstung (PSA). Eine diesbezügliche Beratung wird von der Fachabteilung des IFA (PSA gegen chemische und biologische Einwirkungen) angeboten.

Aus Sicht der A 2.5 kann das IFA-Projekt 2088 beendet werden.

Stand:

17.12.2021

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
Branche(n):

Energiewirtschaft

Gefährdungsart(en):

Gefahrstoffe

Schlagworte:

Messverfahren

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Messverfahren, Validierung, Methylisocyanat, Exposition am Arbeitsplatz, Luftgetragene Schadstoffe

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