abgeschlossen 09/2016
Ziel des Forschungsvorhabens war die Implementierung und Anwendung der ICF Core Sets der Hand in der klinischen Praxis, Rehabilitation und Forschung. Zur Begleitung und inhaltlichen Ausgestaltung einzelner Arbeitsaufgaben im Forschungsvorhaben wurden zwei Arbeitskreise - "Arbeitskreis DGUV" mit Vertretern der Unfallversicherungsträger und "Arbeitskreis BG Kliniken" mit Ärzten, Therapeuten und Psychologen der beteiligten Kliniken - etabliert.
Umgesetzt wurde das Forschungsvorhaben als Kooperationsprojekt über folgende Arbeitsschritte und Teilprojekte:
Das ICF-basierte Assessment Hand (ICF HandA) wurde unter Verwendung von Evidenz aus vorbereitenden Studien (Expertenbefragung, systematische Literaturreviews) im Rahmen eines Konsensusprozesses und basierend auf dem Kurzen ICF Core Set der Hand entwickelt. Mit dem ICF HandA steht eine Auswahl an Messinstrumenten und Assessmentverfahren zur Verfügung, durch deren Einsatz eine Erfassung der Funktionsfähigkeit und von Kontextfaktoren bei Patienten mit Verletzungen und Erkrankungen der Hand möglich ist. Damit lässt sich die Funktionsfähigkeit von Patienten entlang des gesamten Heilverfahrens - von der Akutversorgung bis zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit - in standardisierter Form für alle BG Kliniken darstellen. Das ICF HandA ermöglicht den Aufbau eines prospektiven Datenpools, der zur Evaluation der Ergebnisqualität, Überprüfung von operativen und rehabilitativen Behandlungsstrategien und zur Erstellung von Prognosen zur Arbeitsfähigkeit und Feststellung der Schwere der Beeinträchtigungen bei Handverletzung (ICF Score Hand) herangezogen werden kann. Mit dem ICF HandA wird zudem erstmals im Bereich der handchirurgischen Versorgung und Rehabilitation eine ganzheitliche Betrachtung des Patienten unter Berücksichtigung beruflicher und sozialer Hintergründe sowie unter Einbezug teilhabe- und aktivitätsorientierter Aspekte Rechnung getragen.
Das ICF HandA wurde in einer multizentrischen Querschnittstudie an 294 Patienten mit einem breiten Spektrum an Verletzungen und Erkrankungen der Hand auf klinische Relevanz und Umsetzbarkeit geprüft. Mit den Daten dieser Studie wurden Prävalenzen (Häufigkeiten) zu Beeinträchtigungen in den einzelnen Aspekten der Funktionsfähigkeit ermittelt und ein Profil der Funktionsfähigkeit dargestellt.
Um zu überprüfen, ob mit dem ICF HandA Veränderungen der Funktionsfähigkeit im Verlauf erfasst werden können, wurden für sechs Verletzungen und Erkrankungen der Hand (Amputation, Beugesehnen-verletzung, Fingerfraktur, Rhizarthrose, Morbus Dupuytren und Komplexes regionales Schmerzsyndrom) Behandlungsstandards mit entsprechenden Referenzpunkten zur Erfassung des ICF HandA erarbeitet. Des Weiteren sind in den Behandlungsstandards Empfehlungen für die Akutversorgung der jeweiligen Verletzung bzw. Erkrankung einschließlich jeweiliger Nachbehandlungsprocedere sowie Vorschläge für die in der rehabilitativen Versorgung durchzuführenden therapeutischen Maßnahmen einschließlich deren Zuordnung zur ICF enthalten. Die Behandlungsstandards stellen damit einen „Leitfaden“ für Ärzte und Therapeuten zur Akutversorgung und Nachbehandlung von Patienten mit oben genannten Verletzungen und Erkrankungen dar.
Des Weiteren kann über das ICF HandA ein automatisiertes und standardisiertes Berichtswesen erzeugt werden. Die Bestandteile dieses ICF-basierten Berichts werden automatisch über eine im Kliniksystem medico programmierte Anwendung (e-tool) generiert. Das im Berichtswesen verankerte Ampelsystem liefert einen Überblick über den aktuellen Status der Funktionsfähigkeit und mögliche Veränderungen im Heilverlauf. Eine tagesgleiche Weiterleitung des ICF-basierten Berichts von der Klinik zu Unfallversicherungsträgern oder niedergelassenen Ärzten und damit über Schnittstellen hinweg ist denkbar. Hierfür sind für den Routinebetrieb noch EDV-technische Anpassungen und die Klärung von datenschutzrechtlichen Belangen notwendig.
Mit dem ICF HandA wurde ein umfassender Datenpool im Rahmen einer prospektiven Längsschnittstudie mit 241 Patienten zunächst für sieben Verletzungen und Erkrankungen der Hand aufgebaut und durch eine ergänzende Zusatzstudie am BG Klinikum Hamburg um 303 Patienten erweitert, um auch Daten von Patienten mit weiteren Diagnosen einzubeziehen. Mit diesem Gesamtdatenpool konnte eine Prädiktion der Arbeitsfähigkeit modelliert werden, deren Ergebnisse wichtige Hinweise zur Optimierung des Heilverfahrens liefern.
Basierend auf den Datensätzen aus den drei im Verlauf des Forschungsvorhabens durchgeführten Studien (Querschnitt-, Längsschnitt- und Zusatzstudie) konnte unter Anwendung von Rasch-Analysen ein Score der Funktionsfähigkeit (ICF Score Hand) entwickelt werden. Durch den Einsatz des ICF Score Hand lässt sich die Funktionsfähigkeit eines Patienten zu einem bestimmten Zeitpunkt im Heilverfahren oder als Veränderung über den Verlauf des Heilverfahrens hinweg darstellen. Es können auch Zusammenhänge zwischen Funktionsfähigkeit und Parametern wie der Arbeitsfähigkeit und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit untersucht werden. So können entscheidende Informationen zur Steuerung des Heilverfahrens oder des Reha-Managements geliefert werden.
Die entwickelten Materialien wurden auf der im Rahmen des Forschungsvorhabens erstellten Homepage zur Verfügung gestellt. Zur Darstellung des ICF HandA in einem Anwenderhandbuch wurde umfangreiches Text, Bild- und Videomaterial erarbeitet, auf der Homepage zur Verfügung gestellt und von der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie als offizielles Assessmentinstrument verlinkt. Zudem verdeutlichen Fallstudien den Einsatz des ICF HandA am Beispiel der Behandlungsstandards. Ein modular aufgebautes Lernprogramm (ICF-Lernplattform Hand) bietet Klinikern wie Mitarbeitern der Unfallversicherungsträger die Möglichkeit, Kenntnisse über die ICF im Allgemeinen sowie über die Anwendung der ICF in der Praxis zu erwerben.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):-Verschiedenes-
Schlagworte:Rehabilitation
Weitere Schlagworte zum Projekt:ICF Core Set, Hand, Leuchtturmprojekt Hand