Modifikation chronischer Phantomschmerzen durch die Nutzung von Beinprothesen mit sensorischem Feedback

Projekt-Nr. FF-FR 0196

Status:

abgeschlossen 06/2017

Zielsetzung:

Auf der Grundlage von Überlegungen zur kortikalen Reorganisation im primären somatosensorischen Kortex Areal S1 waren die primären Ziele des Forschungsvorhabens

  1. die Entwicklung einer Prothese mit somatosensorischem Feedback vom Prothesenfuß,
  2. der Nachweis, dass ein Training mit einer solchen Prothese Phantomschmerz reduziert und die Funktionalität verbessert werden kann und
  3. der Nachweis, dass auch somatosensorisches Diskriminationstraining Phantomschmerz reduziert.

Daneben wurde untersucht, wie sich Prothesentraining und Diskriminationstraining auf die kortikale Organisation in S1 auswirken.

Aktivitäten/Methoden:

Zunächst wurden mehrere Prototypen von Prothesen mit somatosensorischem Feedback entwickelt. 17 unterschenkelamputierte Patientinnen und Patienten unterzogen sich einem zweiwöchigen Training bei Nutzung der Prothesen mit somatosensorischem Feedback. Neben der Registrierung von Phantomschmerz und Funktionalität während des Trainings erfolgte die Registrierung auch in einer zweiwöchigen Baseline-Periode. Eine Follow-up-Untersuchung sowie die Überprüfung der anatomischen und funktionellen Hirnveränderungen mittels MRT, fMRTund MEG ergänzte das Vorgehen. Der Ablauf und die Methoden zur Untersuchung des Diskriminationstrainings waren analog zum Prothesentraining.

Ergebnisse:

Zu Ziel 1): Die Entwicklung einer Prothese mit somatosensorischem Feedback erwies sich als erheblich komplizierter als erwartet. Das zunächst in Anlehnung an ein Projekt bei Unterarmamputierten entwickelte somatosensorische Feedback erwies sich als zu kompliziert und nicht gut durch die Patientinnen und Patienten nutzbar. So entwickelten wir mehrere Prototypen von Feedback. Letztlich erwies sich ein zwar technisch anspruchsvolles, aber von der Informationsübertragung sehr einfaches Feedback als von den Patientinnen und Patienten präferiertes Vorgehen.

Zu Ziel 2): Es zeigte sich, dass das Training mit Prothesen, die somatosensorisches Feedback vom Prothesenfuß während des Laufens, Gehens, Stehens stumpfnah realisieren, vor allem die Funktionalität der Prothese und die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten mit der Prothese erhöht. Sie berichteten über stabileres, kontrollierteres Gehen insbesondere auf unebenen und weichen Untergründen, unbefestigten Straßen, verbesserte Reaktion beim Gehen mit unerwarteten Hindernissen und vergrößerten Bewegungsradius. Daneben verbesserte sich das Gangbild. Wir fanden auch eine Reduktion von Phantomschmerz während der Trainingsperiode, die sich aus einer Senkung der höchsten Schmerzwerte im Tagesverlauf, speziell am Abend, erklärt. Auch retrospektiv erwies sich das Training für die meisten Patientinnen und Patienten als schmerzreduzierend. Beide Ergebnisse (Funktionalität, Phantomschmerz) erscheinen uns angesichts der i.d.R. doch recht schlechten Therapieergebnisse bei Phantomschmerz für die Betroffenen und die Versicherungsträger bedeutsam. Der Vorteil besteht auch darin, dass eine solche Anordnung dauerhaft nutzbar ist (und von einem Teil der Patientinnen und Patienten auch bis heute dauerhaft genutzt wird), was die Aussichten auf weitere Verbesserungen nährt. Prinzipiell ist die Anordnung und sind die Ergebnisse sofort in der Praxis verwertbar. Eine weitere Nutzung durch die ehemals im Projekt beschäftigte Physiotherapeutin ist beabsichtigt. Bei der Untersuchung der kortikalen Organisation fanden wir zudem, dass Standardlehrbuchwissen präzisiert werden muss (Penfields homunkuläre Organisation in SI ist für die untere Extremität eher dermatomal) und dass die mechanorezeptive Repräsentation der unteren Extremität erhalten bleibt. Weitere Analysen stehen hier allerdings noch aus.

Zu Ziel 3): Wir konnten zeigen, dass auch das somatosensorische Diskriminationstraining Phantomschmerz reduzieren kann. Die somatosensorische Diskriminationsleistung korreliert hierbei mit der Reduktion von Phantomschmerz. Diese Eigenschaft ermöglicht möglicherweise einen eigenen, zumindest von einfachem Feedback (wie in unserer Prothesenlösung) unabhängigen Beitrag zur gewünschten Reduktion von Phantomschmerz. Daher könnten sich somatosensorisches Diskriminationstraining und Training mit Prothesen, die somatosensorisches Feedback bereitstellen, sinnvoll ergänzen.

Stand:

29.11.2017

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Friedrich-Schiller-Universität Jena
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

-Verschiedenes-

Schlagworte:

Rehabilitation

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Phantomschmerzen, Beinprothesen, Prothese, sensorisches Feedback