Systematische Untersuchung und Vergleich von Diagnostikverfahren bei osteosynthesematerialassoziierten Infekten und Infekt-Pseudarthrosen in der Unfallchirurgie

Projekt-Nr. FF-FR 0280

Status:

abgeschlossen 08/2020

Zielsetzung:

Eine zuverlässige Diagnose von lnfekt-Pseudarthrosen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. Insbesondere "Low-Grade-Infekte" werden meist durch wenig virulente Erreger verursacht und können klinisch inapparent verlaufen. Als diagnostischer Goldstandard gilt nach wie vor der Erregernachweis aus Gewebeproben. Allerdings werden falsch-negative Ergebnisse in bis zu 30 % der Fälle aufgrund geringer Sensitivität der diagnostischen Standardverfahren beschrieben. Aktuell finden sich zunehmend Hinweise, dass durch die Sonikation diese Sensitivität erhöht werden kann.

Ziel der Studie war, in einem ersten Schritt die Sonikation in einem experimentellen Setting zu validieren. Im zweiten Schritt sollte im klinischen Setting durch den Vergleich der Sonikation mit anderen Untersuchungsverfahren das sensitivste Verfahren zur korrekten und frühzeitigen Diagnostik von lnfekt-­Pseudarthrosen ermittelt werden, um eine gezielte Therapie durchführen zu können und ein Undertreatment zu verhindern.

Hypothesen:

  • Hypothese I: Die Sonikation ist ein quantitativ valides Verfahren zur Bestimmung der Keimlast.
  • Hypothese II: Die filtrationsunterstützte Sonikation ist dem herkömmlichen Sonikations-Verfahren hinsichtlich der quantitativen Aussage überlegen.
  • Hypothese III: Die Sonikation ist den klassischen Kulturverfahren zum Nachweis von Low-Grade-­lnfekten bei Pseudarthrosen hinsichtlich Sensitivität und Spezifität überlegen. Dies gilt insbesondere für biofilmbildende Bakterien.
  • Hypothese IV: Die Sonikation ist den anderen diagnostischen Verfahren nicht unterlegen.

Aktivitäten/Methoden:

Teil 1: Quantitative Untersuchung der Sonikation im experimentellen Setting (Hypothese I und II):
Titanprüfkörper wurden mit einer Bakteriensuspension definierter Konzentration (im Rahmen einer Verdünnungsreihe 100 bis 109 Bakterien pro ml) und Menge beimpft.

Teil II: Anwendung der Sonikation zur Diagnostik von lnfekt-Pseudarthrosen (Hypothese III und IV):
Studiendesign: Prospektiv vergleichend an den Standorten Duisburg und Köln-Merheim.
Einschluss: Studiengruppe (n = 100) Patienten mit Pseudarthrose der unteren Extremität; Kontrollgruppe (n = 100) Patienten mit geplanter Metallentfernung nach komplikationslosem Heilverlauf.
Untersuchungsverfahren: (filtrationsbasierte) Sonikation, Standardkultur, Anreicherung in Blutkulturflaschen nach Gewebehomogenisierung, histopathologische Untersuchung.
Definition Infekt: Nachweis eines phänotypisch identischen Erregers in mindestens zwei Proben oder in einer Probe bei gleichzeitigem Nachweis einer Osteomyelitis in der Histologie.
Statistik: Berechnung von positivem/negativem Vorhersagewert sowie von Sensibilität und Spezifität für die einzelnen Verfahren.

Ergebnisse:

Teil 1:
Es ergaben sich sowohl mit als auch ohne Testanschmutzungen akzeptable Reduktionsfaktoren. Insbesondere zeigten sich keine Kontaminationen der keimfreien Versuchsansätze.

Teil II: Bei 67 Patienten (33,5 %; Pseudarthrosen n = 27; Kontrolle n = 40) blieben alle Untersuchungen steril. Bei 133 Patienten (Pseudarthrosen n = 73; Kontrolle n = 60) erbrachte mindestens eine Probe einen Erregernachweis. Koagulase-negative Staphylokokken und Cutibakterien wurden in beiden Gruppen und in allen Untersuchungsverfahren am häufigsten nachgewiesen. Die Sonikation erbrachte die meisten positiven Befunde (n = 305) bei 91 Patienten (Studiengruppe n = 51; Kontrolle n = 40). Ein Infekt wurde bei 72 Patienten (Pseudarthrose n = 45; Kontrolle n = 27), der dringende Verdacht auf einen Infekt bei 41 Patienten (Pseudarthrose n = 29; Kontrolle n = 12) diagnostiziert. Der positive Vorhersagewert war für die Sonikation am niedrigsten (Sonikation 31,4 %; Standardkultur 50 %; Gewebehomogenisierung 55,7 %). Auch für Sensitivität (68,5 %) und Spezifität (47,8 %) erzielte die Sonikation die geringsten Werte. Standardkultur und Gewebehomogenisierung waren vergleichbar. Die Sonikation hat sich damit in unserer Studie nicht als sensitivste Methode bestätigt. Die lnfektrate war mit 45 % in der Studiengruppe hoch. Es muss weiter untersucht werden, welche dieser lnfekt-Pseudarthrosen tatsächlich auch therapiert werden müssen, da wir auch bei 27 % der Patienten der Kontrollgruppe trotz eines komplikationslosen Heilverlaufs einen Infekt nachwiesen. Ziel ist, sowohl Over- als auch Undertreatment zu verhindern.

Stand:

20.04.2021

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • BG Klinikum Duisburg gGmbH
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

-Verschiedenes-

Schlagworte:

Rehabilitation

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Diagnostikverfahren, Unfallchirurgie, Sonikation