Rechtliche Vorgaben und Technisches Regelwerk zu Arbeitsplatzlärm

Bild: Gina Sanders, fotolia

Um den negativen Auswirkungen des Lärms an Arbeitsplätzen zu begegnen und die Beschäftigten vor unnötig hohen Belastungen zu schützen, erließen die Unfallversicherungsträger und staatliche Stellen ab Mitte der 1970er-Jahre verschiedene Vorschriften zum Lärmschutz an Arbeitsplätzen. Es folgt ein kurzer Überblick über die aktuell relevanten Verordnungen und Technischen Regeln.


  • Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung

    Die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV) vom 6. März 2007 (BGBl. I S. 261), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 5 der Verordnung vom 18. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3584) geändert worden ist, setzt zwei europäische Arbeitsschutz-Richtlinien in nationales Recht um: 2003/10/EG "Lärm" und 2002/44/EG "Vibrationen". Um die darin festgelegten Anforderungen zu konkretisieren, erarbeitete der Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) Technische Regeln für die Bereiche "Lärm" und "Vibration" (TRLV). Bei Einhaltung dieser Technischen Regeln kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Anforderungen der Verordnung erfüllt sind (Vermutungswirkung).

    Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber festzustellen, ob die Beschäftigten Lärm ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein könnten. Darüber hinaus sind mögliche Wechsel- oder Kombinationswirkungen bei gleichzeitiger Belastung durch Lärm und arbeitsbedingte ototoxische Substanzen (PDF, 61 kB, nicht barrierefrei) sowie Vibrationen zu berücksichtigen.

    Zur Beurteilung der Lärmexposition gibt die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung verschiedene Auslösewerte vor, die – wenn sie erreicht oder überschritten werden – Präventionsmaßnahmen erforderlich machen. Ein Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h ab 80 dB(A) bzw. ein Spitzenschalldruckpegel LpC,peak ab 135 dB(C) erfordert:

    • Information der Beschäftigten (bei Erreichen des Auslösewertes)
    • Bereitstellung von Gehörschutz (bei Überschreiten des Auslösewertes)
    • Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorge (bei Überschreiten des Auslösewertes).

    Ab einem Tages-Lärmexpositionspegel LEX,8h von 85 dB(A) beziehungsweise einem Spitzenschalldruckpegel LpC,peak von 137 dB(C) gilt:

    • Tragepflicht für Gehörschutz (bei Erreichen des Auslösewertes)
    • Arbeitsmedizinische Vorsorge veranlassen (Pflichtvorsorge, bei Erreichen des Auslösewertes)
    • Kennzeichnung von Lärmbereichen (bei Überschreiten des Auslösewertes)
    • Aufstellung eines Lärmminderungsprogramms (bei Überschreiten des Auslösewertes).

    Weitere wichtige Größen sind die maximal zulässigen Expositionswerte. Dabei muss unter Einbeziehung der dämmenden Wirkung des Gehörschutzes sichergestellt werden, dass der auf das Gehör der Beschäftigten einwirkende Lärm die Werte von 85 dB(A) für den LEX,8h und von 137 dB(C) für den LpC,peak nicht überschreitet.

    Ein vom IFA gemeinsam mit dem Fachbereich Holz und Metall bei der DGUV erstellter Flyer gibt einen zusammenfassenden Überblick über die Inhalte der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung. Dieser Flyer kann heruntergeladen oder bestellt werden.

  • Technische Regeln zur LärmVibrationsArbSchV – TRLV Lärm

    Die Technischen Regeln zur Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung - TRLV Lärm mit Stand von August 2017 konkretisieren die LärmVibrationsArbSchV bzgl. Lärm. So kann ein Arbeitgeber davon ausgehen, dass bei Einhaltung der TRLV Lärm die Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Die TRLV Lärm gilt für den Frequenzbereich zwischen 16 Hz und 16 kHz (Hörschall) und ist in vier Teile unterteilt:

    • Der Allgemeine Teil beschreibt den Anwendungsbereich, die Verantwortung des Arbeitgebers und erläutert die wichtigsten Begriffe.
    • Teil 1: "Beurteilung der Gefährdung durch Lärm" beschreibt die Grundsätze einer fachkundigen Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Dabei werden auch Wechselwirkungen zwischen Lärm und Vibrationen sowie zwischen Lärm und arbeitsbedingten ototoxischen Substanzen angesprochen. Weitere Themen sind die Unterweisung der Beschäftigten und die allgemeine arbeitsmedizinische Beratung.
    • Teil 2: "Messung von Lärm" beschreibt die Durchführung und Auswertung von Lärmmessungen nach dem Stand der Technik und den Vergleich der Messergebnisse mit den Auslösewerten. Außerdem werden die orts- und die personenbezogene Beurteilung und die Anwendung von Tages- und Wochen-Lärmexpositionspegel erläutert.
    • In Teil 3: "Lärmschutzmaßnahmen" werden u. a. das Minimierungsgebot und die Rangfolge von Schutzmaßnahmen erklärt. Es werden verschiedene grundsätzliche Möglichkeiten der Lärmminderung beschrieben, z. B. die Auswahl lärmarmer Maschinen, konstruktive Maßnahmen an der Quelle, raumakustisch wirksame und organisatorische Maßnahmen. Darüber hinaus wird auch die Auswahl und Anwendung von Gehörschutzmitteln behandelt.

    Die TRLV Lärm bietet zu vielen Aspekten praxisrelevante Unterstützung: Sie erläutert die Vorgehensweise bei der Gefährdungsbeurteilung und stellt ein Messverfahren in Anlehnung an DIN EN ISO 9612 zur Ermittlung des Lärmexpositionspegels vor. Auch konkrete Lärmschutzmaßnahmen werden dargestellt.

    Weitere Unterstützung zur Ermittlung der Lärmexposition am Arbeitsplatz bietet das IFA-Lärmschutzinformationsblatt IFA-LSA 01-400 Beurteilung der Lärmexposition nach der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung.

  • Arbeitsstättenverordnung

    Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vom 12. August 2004 (BGBl. I S. 2179), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung vom 18. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3584) geändert worden ist, fordert bezüglich des Lärms im Anhang unter Ziffer 3.7 das Minimierungsprinzip: "In Arbeitsstätten ist der Schalldruckpegel so niedrig zu halten ist, wie es nach Art des Betriebes möglich ist." Der Schalldruckpegel "ist in Abhängigkeit von der Nutzung und den zu verrichtenden Tätigkeiten so weit zu reduzieren, dass keine Beeinträchtigungen der Gesundheit der Beschäftigten entstehen". Die Anwendung wurde auf den Bereich unterhalb des in der LärmVibrationsArbSchV festgelegten unteren Auslösewertes von 80 dB(A) begrenzt.

    Mit Veröffentlichung der Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.7 "Lärm" vom 18. Mai 2018 im GMBI. wurden die Anforderungen der ArbStättV konkretisiert. Bei Einhaltung dieser Technischen Regel kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Anforderungen der Verordnung erfüllt sind (Vermutungswirkung):

  • Technische Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.7 "Lärm"

    Am 18. Mai 2018 wurden die Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.7 "Lärm" veröffentlicht. Sie setzen bindende Anforderungen für Arbeitsstätten und Arbeitsplätze in Arbeitsräumen für einen Pegelbereich unterhalb von 80 dB(A) fest. So legen sie einerseits tätigkeitsbezogene Grenzwerte für den Beurteilungspegel Lr nach Tätigkeitskategorien fest. Andererseits stellen sie raumakustische Anforderungen an Arbeitsräume.

    Diese Technischen Regeln dienen dem Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, vor allem vor extra-auralen Lärmwirkungen. Diese zeigen sich unter anderem durch psychische, physiologische und vegetative Symptome, aber auch durch Leistungsminderung. Eine Erläuterung zu extra-auralen Lärmwirkungen liefert die ASR A3.7 im Anhang 1 und das DGUV-Informationsblatt "Lärm-Stress am Arbeitsplatz" (PDF, 382 kB, nicht barrierefrei) des Fachbereichs Holz und Metall.

    In der ASR A3.7 wird zwischen den drei Tätigkeitskategorien I, II und III unterschieden. Dabei ist eine Tätigkeit "eine zielgerichtete mit einer Aufgabenerfüllung verbundene Arbeit, die ein bestimmtes Maß an Konzentration oder eine bestimmte Qualität der Sprachverständlichkeit erfordert". Eine Tätigkeit kann alleinstehend beurteilt werden, sobald diese arbeitstäglich eine aufsummierte Zeitdauer von mindestens einer Stunde umfasst.

    • Tätigkeitskategorie I benötigt hohe Konzentration oder hohe Sprachverständlichkeit; der Beurteilungspegel Lr darf 55 dB(A) nicht überschreiten.
    • Tätigkeitskategorie II benötigt mittlere Konzentration oder mittlere Sprachverständlichkeit; der Beurteilungspegel Lr darf 70 dB(A) nicht überschreiten.
    • Tätigkeitskategorie III benötigt geringe Konzentration oder geringe Sprachverständlichkeit; der Beurteilungspegel ist "unter Berücksichtigung betrieblicher Lärmminderungsmaßnahmen soweit wie möglich zu reduzieren".

    Die Ermittlung des Beurteilungspegels kann anhand der Norm DIN 45645-2 erfolgen.

    Raumakustische Anforderungen an die Nachhallzeit T werden in Abhängigkeit von der Nutzungsart für die Oktavbänder von 250 bis 2000 Hz festgelegt. Dabei werden Büroräume im unbesetzten Zustand beurteilt, Bildungsstätten im besetzten Raum, analog zur DIN 18041, Nutzungsart A3. Für diese wird eine Soll-Nachhallzeit von Tsoll = (0,32 · lg V/m³ - 0,17) s mit einer Toleranz von ± 20 % bei einem Raumvolumen V in m³ gefordert. Für die Büroräume sollen folgende Nachhallzeiten nicht überschritten werden:

    • Callcenter (Büro für kommunikationsbasierte Dienstleistungen): T = 0,5 s
    • Mehrpersonen- und Großraumbüro: T = 0,6 s
    • Ein- und Zweipersonenbüro: T = 0,8 s

    Sonstige Räume mit Sprachkommunikation sollen - analog zur TRLV Lärm - entweder mindestens einen mittleren Schallabsorptionsgrad von ᾱ ≥ 0,3 in den Oktavbändern von 250 bis 2000 Hz erreichen oder eine mittlere Schalldruckpegelabnahme je Abstandsverdopplung DL2 in den Oktavbändern mit den Mittenfrequenzen von 500 bis 4000 Hz im Abstandsbereich von 0,75 m bis 6 m von mindestens 4 dB erreichen.