Vergleichende ergonomische Analyse verschiedener Techniken bei der Be- und Entladung von Flugzeugen im Rahmen des TAQP-Projekts

Projekt-Nr. IFA 4172

Status:

abgeschlossen 04/2011

Zielsetzung:

Im Rahmen des TAQP-Projekts (Technologieinnovation, Arbeitsorganisation, Qualifizierung, Prävention) wurden am Flughafen Frankfurt im Bereich der Gepäckverladung zwei neue technische Systeme eingeführt, von denen erwartet wird, dass sie die körperlichen Belastungen der Mitarbeiter verringern und die Effizienz steigern. Die Systeme sind eine Vakuumhebehilfe und ein Rollbettförderband (Powerstow). Die Interventionsstudie sollte zeigen, wie groß die entlastende Wirkung mit Blick auf die physische Beanspruchung ist, welchen Einfluss die technisch unterstützenden Systeme auf den Arbeitsablauf haben und in welchem Maße die Ergebnisse durch organisatorische Maßnahmen und Schulung optimiert werden können.
Die Ergebnisse dienen als Entscheidungshilfe für weitere Investitionen seitens der Fraport AG. Von hieraus kann auch ein nachhaltiger Effekt für andere Flughäfen wie auch andere Bodendienstanbieter ausgehen.

Aktivitäten/Methoden:

Die belastungsreduzierende Wirkung der technischen Systeme wurde nach einer Einarbeitungsphase mit dem personengetragenen Messsystem CUELA ermittelt. Dazu wurde die physische Belastung der Gepäck- und Flugzeugabfertiger vor und nach der technischen Intervention gemessen. Die Messungen wurden an regulären Arbeitsplätzen mit den Mitarbeitern der Fraport AG durchgeführt und ihre belastungsreduzierende Wirkung untersucht. Ebenfalls wurden die Auswirkungen auf die betrieblichen Abläufe im Hinblick auf Effektivität und Effizienz erfasst.
In der Gepäcktransferzentrale nahmen zehn männliche Gepäckabfertiger und im Ladeservice 13 männliche Flugzeugabfertiger als freiwillige Probanden an der Untersuchung teil. Jeder Proband führte seine Tätigkeit sowohl konventionell als auch an den technisch veränderten Arbeitsplätzen aus. Die durchschnittliche Messzeit pro Proband und Arbeitssituation betrug jeweils ca. 45 Minuten in der Gepäcktransferzentrale und ca. 20 Minuten im Gepäckraum der Flugzeuge.
Die Bewertung der Messdaten hinsichtlich Körperhaltungen/-bewegungen erfolgte mit der OWAS-Methode, dem IFA-Haltungscode des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und gelenkwinkelbezogen nach der Neutral-Null-Methode. Manuelle Lastenhandhabungen wurden hinsichtlich der Lastgewichtshöhe, der Dauer und in Kombination mit zugehörigen Körperhaltungen vergleichend ausgewertet.

Ergebnisse:

Durch den Einsatz der Vakuumhebehilfe reduziert sich die kumulierte wirksame Masse der Gepäckstücke, die im Durchschnitt jeder Proband der Gepäcktransferzentrale pro Stunde manuell hebt, um 83 %. Die Anzahl der gehobenen Gepäckstücke reduziert sich um 71 %, d. h. von durchschnittlich 230 umgesetzten Gepäckstücken pro Stunde wurden noch 64 manuell umgesetzt. Bei einigen Gepäckabfertigern konnte sogar eine Entlastung von 90 % gemessen werden. Hier wurden somit nur noch 10 % der Gepäckstücke manuell umgesetzt.
Die Körperhaltung konnte durch den Einsatz der Hebehilfe nicht nennenswert verbessert werden, wobei zum Beispiel die Rumpfneigungen mit einem Anteil von 80 % der Gesamtmesszeit ohnehin im Neutralbereich und somit als eher unkritisch anzusehen sind. Der Einfluss der Hebehilfe auf die Arbeitsgeschwindigkeit zeigte sich im Rahmen der Messungen als geringe durchschnittliche Verlangsamung um 21 %, allerdings ist damit die Umsatzrate immer noch höher als es die durchschnittliche Gepäckmenge mit Blick auf die Tagesleistung erfordert.
Der Einsatz des Rollbettförderbandes, welches das Gepäck in das Flugzeug an den Verladeort bringt, kann die Belastung der Ladearbeiter im Ladeservice geringfügig verringern. Belastungen durch die Ladetätigkeit im Gepäckraum der Flugzeuge (Belly) entstehen durch die niedrige Laderaumhöhe der Standardrumpfflugzeuge. Diesen Umstand kann auch das Rollbettförderband nicht wettmachen. Somit ist der Anteil kniebelastender Körperhaltungen weitgehend unabhängig von dessen Einsatz.
Die Oberkörperneigung nach vorne kann beim Beladen der Flugzeuge mit Powerstow verbessert werden, bei der Entladung bringt das Rollbettförderband keine Verbesserung der Körperhaltung.
Eine deutliche Verbesserung der Belastungssituation ergibt sich bei der Handhabung der Gepäckstücke. Die Analyse der Handhabungsdauer zeigt, dass das Rollbettförderband in Verbindung mit dem einstellbaren Ladetisch bei der Beladung eine deutliche Entlastung in Bezug auf die Kraftanforderung der Ladearbeiter darstellt. Schließlich reduziert sich die Lasthandhabungsdauer bei der Beladung um 53 % und bei der Entladung der Gepäckstücke um 45 %.
Weniger günstig wirkte sich der Einsatz des Rollbettförderbandes auf die Umschlagzeiten aus. Die Entladezeit pro Gepäckstück erhöht sich im Mittel um annähernd 40 % bei der Verwendung des Rollbettförderbandes, bei der Beladung waren es moderate 12,5 %. Dennoch wurden konventionell wie auch mit dem Rollbettförderband Nettoentladezeiten von fünf bis sechs Sekunden pro Gepäckstück ermittelt. Verzögerungen entstanden durch das Einfahren des Systems in den Flugzeugrumpf.

Stand:

23.01.2012

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • SiGe Abteilung Sicherheit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
  • Fraport AG
Branche(n):

Verkehr

Gefährdungsart(en):

Handhabung von Lasten, Mehrfachbelastungen

Schlagworte:

Ergonomie, Physische Beanspruchung/Belastung, Ökonomie und Effektivität der Prävention

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Flughafen, Gepäckabfertigung, Gepäckverladung, Flugzeugbeladung, Hebehilfe, Rollbettförderband, Technologieinnovation, Arbeitsorganisation, Qualifizierung, Prävention (TAQP), demografischer Wandel, Fraport, körperliche Belastung, Effizienz, Effektivität, Powerstow, Vakulex