Ergonomie an Näharbeitsplätzen (BIA-Report 7/2004)

Titelseite

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Titelseite des BIA-Reports 7/2004

Kurzfassung: Bei industrieller Nähtätigkeit können Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems auftreten. Mögliche Ursachen sind hoch repetitive, z. T. einseitige Belastungen der Hand-, Arm- und Schultermuskulatur sowie eine stark nach vorne geneigte Sitzhaltung. Diese Studie, die von der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft sowie der Lederindustrie-Berufsgenossenschaft initiiert wurde, erfasste die körperliche Beanspruchung und Körperhaltung beim Nähen von Schuhen, Technischen Textilien, Bekleidung und Stofftieren in acht Unternehmen der Nähindustrie. Die Beanspruchung wurde durch Beurteilung physiologischer Parameter wie Herzschlagfrequenz und elektrischer Muskelaktivität ermittelt. Die Körperhaltungen und -bewegungen von Wirbelsäule, Kopf, Hand-Arm-Schulter-System und unteren Extremitäten wurden mit dem personengebundenen Messsystem CUELA (Computer-unterstütze Erfassung und Langzeit-Analyse von Belastungen des Muskel-Skelett-Systems) erfasst. Umgebungsbedingungen wurden dokumentiert. Im ersten Teil der Studie wurden Belastungsfaktoren, wie Arbeiten in extremen Gelenkwinkelstellungen, statische Haltungen, Repetitivität und hohe Kraftaufwendungen an üblichen Näharbeitsplätzen, nachgewiesen. In der folgenden Auswertephase wurden Belastungsschwerpunkte identifiziert und hierauf basierend ergonomische verbesserte Näharbeitsplätze entwickelt. Dieser Muster-Näharbeitsplatz zeichnet sich durch folgende Charakteristika aus: Erweiterung des Bein- und Fußraums, größere Freiheitsgrade bei der Fuß-Bein-Stellung, beliebiger Wechsel zwischen sitzender und stehender Tätigkeit, individuell einstellbare Armauflagen am Arbeitstisch, Veränderung der Zuordnung von Fußpedal zu Arbeitsebene. Der Vergleich der Belastungs- und Beanspruchungsprofile ergab am ergonomisch optimierten Arbeitsplatz eine Verbesserung der Wirbelsäulenhaltung und eine Reduzierung der Arm- und Schulterhaltungen in extremen Gelenkwinkelstellungen. Die Reduzierung körperlicher Beanspruchung war ebenfalls messtechnisch nachweisbar. Die Akzeptanz des ergonomisch neu gestalteten Arbeitsplatzes durch die Näherinnen war hoch.