Sicht beim Einsatz von Erdbaumaschinen und Walzen

Beim Einsatz von mobilen selbstfahrenden Arbeitsmitteln und Fahrzeugen auf Baustellen stellt das Anfahren, überfahren von Personen sowie bei Baggern zusätzlich das Anschwenken von Personen den größten Unfallschwerpunkt dar. Die Ursache hierfür liegt häufig in der nicht ausreichenden Sicht des Fahrers oder der Fahrerin über den Fahr- und Arbeitsbereich.

Hersteller:
Mit Veröffentlichung der neuen DIN EN 474:2022 im Februar 2023 wurde die Forderung nach Rückspiegel oder Videoüberwachungsanlagen mit aufgenommen.

DIN EN 474:1, 4.8.1 Sichtfeld des Maschinenführers
Erdbaumaschinen müssen mit Rückspiegeln oder Videoüberwachungsanlagen, die den Anforderungen in ISO 14401-2:2009 entsprechen, ausgerüstet sein.

Betreiber:
Unabhängig ob ein Erdbaumaschine werkseitig bereits mit entsprechenden technischen Schutzmaßnahmen z.B. Kamer-Monitor-System (KMS) ausgestattet ist hat der Betreiber sicherzustellen, dass der Fahr- und Arbeitsbereich der Erdbaumaschine von Fahrer- und Fahrerinnen eingesehen werden kann (§7 Abs. 2 UVV Bauarbeiten).

Durch eine vereinfachte Überprüfung des Sichtfeldes (Sichtfeldcheck) kann der Betreiber der Erdbaumaschine feststellen, ob Fahrer- und Fahrerinnen ausreichend Sicht auf den Fahr- und Arbeitsbereich haben.

Ist dies nicht der Fall, dann kann Betreiber durch eine Sichtfeldmessung nach DIN EN 474:2022 in Verbindung mit der ISO 5006:2017 die ausreichende Sicht nachweisen. Ansonst bzw. bei nicht erfolgreicher Sichtfeldmessung muss der Betreiber eine entsprechende technische Schutzmaßnahme (§ 4 ArbSchG) nachrüsten. Nach TRBS 2111 Teil 1 kommt zur Reduzierung der Gefährdungen durch Rückwärtsfahren mit eingeschränkter Sicht nur die Nachrüstung eines KMS in Frage. Das KMS stellt somit den Stand der Technik dar.

Übergangsweise, also bis zum Einbau des KMS kann der Gefahrenbereich abgesperrt, oder Sicherungsposten/Einweiser eingesetzt werden. Diese organisatorischen Maßnahmen sind aber kein Ersatz für die Nachrüstung eines KMS.

Auch mit Maschinen, die dem Stand der Technik entsprechen gibt es immer noch Unfälle durch Anfahren und Überfahren auf Baustellen.
Eine Möglichkeit, um die Unfallgefahr zu mindern, sind Assistenzsysteme wie die kamerabasierte Personenerkennung. Baustellentaugliche Systeme erkennen Personen in Echtzeit und in jeder Körperhaltung und warnen den Fahrer- bzw. die Fahrerin mit optischen und akustischen Signalen. Die Systeme sind, basierend auf künstlicher Intelligenz und mit Hilfe sogenannter künstlicher neuronaler Netze, so „trainiert“, das verschiedenste Objekte und Personen erkannt und klassifiziert werden können.

Die KI-Kamera erkennt und lokalisiert Personen in Echtzeit und in jeder Körperhaltung, das System warnt nur wenn sich Personen im Gefahrenbereich aufhalten. Fehlalarme werden vermieden, was zu einer hohen Fahrerakzeptanz führt. Solche Systeme werden bislang nur für Arbeitsmittel, die ausschließlich Vorwärts- und Rückwärtsfahrten ausführen (z. B. Radlader) und von einer akkreditierten Prüfstelle nach GS BAU 71 geprüft sind vom Sachgebiet Tiefbau empfohlen. Bagger mit drehendem Oberwagen können bisher nicht empfohlen werden.

Sicht-Check auf Baustellen, BauPortal, Heft 4/2020, S. 40-43

Checkliste Vereinfachte Sichtfeldprüfung für ein mobiles Arbeitsmittel oder Fahrzeug (PDF, 98 kB, nicht barrierefrei)

Ansprechperson

Leitung Themenfeld
Dipl.-Ing. (FH) Klaus-Michael Krell MSc
BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft
Vollmoellerstraße 11
70563 Stuttgart
Tel.: +49 711 22964-345

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