Schutzeinrichtungen mit 3D-Schutzräumen an Maschinen: Überprüfung der Unterkriechbarkeit

Projekt-Nr. IFA 5125

Status:

abgeschlossen 01/2014

Zielsetzung:

Berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen (BWS) erfassen die Position des Menschen und sorgen damit für einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu Gefahrenstellen an Maschinen. BWS mit dreidimensionalem Schutzraum, z. B. neuartige Kamerasysteme mit optischer Tiefenmessung, werden z. B. zur Absicherung von kollaborierenden Industrierobotern installiert. Sie müssen dabei prinzipbedingt einen Mindestabstand zu Begrenzungsflächen wie Wänden oder Boden einhalten, um Fehlauslösungen durch Messfehler zu vermeiden. Die Norm DIN EN ISO 13855 "Sicherheit von Maschinen - Anordnung von Schutzeinrichtungen im Hinblick auf Annäherungsgeschwindigkeiten von Körperteilen" legt für BWS mit zweidimensionalem Schutzfeld, z. B. Lichtvorhänge, Lichtschranken, eine Mindesthöhe des unteren Strahls von 30 cm über dem Boden fest, um ein unbemerktes Unterkriechen des Schutzfelds zu verhindern. Für dreidimensionale Schutzräume gibt es bisher keine speziellen normativen Regelungen. Da hier statt eines einzelnen Lichtstrahls eine ausgedehnte Fläche unterkrochen werden muss, ist zu prüfen, ob die geforderte Mindesthöhe dreidimensionaler Schutzräume über dem Boden z. B. auf 40 oder 50 cm angehoben werden kann. Eine normative Anpassung könnte die Markteinführung von BWS mit dreidimensionalem Schutzraum erleichtern. Diese bieten für den Maschinenschutz das Potenzial, Gefahrstellen überwachen zu können, die bisher nicht ausreichend abzusichern waren.

Aktivitäten/Methoden:

Die unbemerkte Unterkriechbarkeit ausgedehnter Flächen wurde mit einer Stichprobe von 43 Probanden systematisch untersucht. DIN EN ISO 13855 geht im industriellen Umfeld von Personen im Alter von mindestens 14 Jahren aus. Die Untersuchung wurde daher mit zwei Schulklassen durchgeführt, bei denen zusätzlich relevante Körpermaße gemessen und die Sportlichkeit mithilfe eines Fragebogens erfasst wurde. Voruntersuchungen mit zehn Beschäftigten aus dem IFA dienten zur Optimierung des Messaufbaus. Als Messsystem zur Überwachung und Protokollierung von Verletzungen der Begrenzungsebene wurde ein Laserscanner ausgewählt. Die Untersuchungen wurden mit mechanisch variierbaren Höhen zwischen 20 und 50 cm durchgeführt. Dabei wurde die Ausdehnung des zu unterkriechenden Schutzraumes zwischen 20 cm und 2 m umgeschaltet, um verschiedene Kriechtechniken zu überprüfen. Jeweils drei Probanden krochen nebeneinander und erhielten eine individuelle optische und akustische Rückmeldung über ihre Schutzfeldverletzungen. Gleichzeitig wurde die Kriechgeschwindigkeit erfasst. In einem zweiten Versuchsaufbau wurde abschließend das seitliche Umgehen eines Schutzraums entlang einer Wand untersucht. Dazu wurden entsprechend angepasste Messungen mit den zehn IFA-Kollegen durchgeführt.

Ergebnisse:

Der gewählte Messaufbau erlaubte eine systematische Durchführung der Untersuchungsaufgabe. Der Messfehler in der Höhe betrug ± 15 mm. Die Körpermaße der Jugendlichen lagen im statistischen Normalbereich. Die Jugendlichen arbeiteten motiviert mit, wozu der Wettbewerbscharakter spürbar beitrug. Fast alle Probanden unterkrochen unbemerkt ein Schutzfeld in 30 cm Höhe. Die meisten Jugendlichen und einige Erwachsene meisterten 25 cm. Eine Höhe von 20 cm konnte nur ein jugendlicher Proband unbemerkt überwinden. Als maximale Kriechgeschwindigkeit lässt sich ein Wert von 0,4 m/s abschätzen. Die Körperstatur hat einen Effekt auf die Kriechleistung und -geschwindigkeit, die Sportlichkeit hat eher einen Effekt auf die Geschwindigkeit. Die unbemerkt überwindbaren Abstände zwischen fester Begrenzung und unsichtbarer Schutzraumgrenze liegen beim seitlichen Umgehen bei ähnlichen Werten wie beim Unterkriechen. Die Umgehungsgeschwindigkeit wird aber mit max. 0,6 m/s höher abgeschätzt.

Eine Anhebung der geforderte Mindesthöhe dreidimensionaler Schutzräume über dem Boden auf einen höheren als den bestehenden Wert von 30 cm lässt sich durch die Untersuchungsergebnisse daher nicht begründen.

Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im Rahmen eines Infoblatts (PDF, 470 KB) des Fachbereichs Holz und Metall veröffentlicht und sollen in die betroffenen Normungskreise (z. B. DIN EN ISO 13855) eingespeist werden.

Stand:

24.04.2014

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM)
  • Prüf- und Zertifizierungsstelle Hebezeuge, Sicherheitskomponenten und Maschinen
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Mechanische Gefährdungen

Schlagworte:

Maschinensicherheit, Mensch-Maschine-Schnittstelle, Technische Schutzmaßnahmen (Expositionsminderung/ Sicherheitseinrichtungen)

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Unterkriechen, Hintertreten, Sicherheitsabstände, berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen (BWS), Berührungslos, Schutzeinrichtungen, Maschinen, Gefahrstellen, Schutzfeld, Schutzraum, Kamerasystem, Arbeitsraum, Annäherung, Position, Geschwindigkeit, Auflösung, Bedienbarkeit, Usability, Ergonomie, Manipulation, Roboter, Laserscanner, Umgehen, Zugang

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