Schutzmaßnahmen bei ultrafeinen Aerosolen und Nanopartikeln am Arbeitsplatz

Schutzaßnahmen

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Messung der Teilchenzahlkonzentration bei der Verarbeitung von Nanomaterialien
Bild: IFA

Fazit:
Die bis jetzt durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass die gegen Stäube üblichen Schutzmaßnahmen auch gegenüber ultrafeinen Partikeln und Nanopartikeln wirksam sind. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung und der Festlegung der Schutzmaßnahmen ist die Rangordnung der Maßnahmen nach § 9 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) zu beachten. Insbesondere der Anhang III Nr. 2 ("Partikelförmige Gefahrstoffe") § 2.3 ist in Verbindung mit TRGS 500 § 5.2.2 bzw. § 6.2.3 umzusetzen. Zur Beurteilung der Wirksamkeit der Maßnahmen werden Beurteilungsmaßstäbe vorgeschlagen. Alle übrigen nach der Gefahrstoffverordnung geltenden Pflichten – beispielsweise zur Unterweisung der Beschäftigten oder zur arbeitsmedizinischen Vorsorge – werden dadurch, dass ein Stoff in nanopartikulärer Form vorliegt, nicht berührt, sondern sind wie üblich zu beachten.
 

Technische Schutzmaßnahmen

Aufgrund der neuen und teilweise überraschenden Eigenschaften von Nanopartikeln wird vielfach angenommen, dass im Arbeitsschutz gebräuchliche Schutzmaßnahmen gegen Nanopartikel und ultrafeine Partikel keine Wirkung zeigen würden. Speziell bei filtrierenden Maßnahmen (wie Atemschutzmasken oder Absauganlagen) wird gerne das Bild vom Sieb benutzt, durch dessen große Löcher die kleinen Partikel hindurchschlüpfen. Dem steht jedoch die Physik entgegen: Partikel größer als 300 nm werden am effektivsten durch Impaktion auf dem Filtermaterial, Einfangen durch das Filtermaterial oder Sedimentation aufgrund der Schwerkraft abgeschieden. Für Partikel kleiner als 300 nm wird mit abnehmender Größe die Abscheidung durch Diffusion (Brownsche Molekularbewegung) und elektrostatische Kräfte immer bedeutender [1]. Deshalb kann man allgemein unterstellen, dass technische Maßnahmen, die grundsätzlich gegen Stäube effektiv sind, auch geeignet sind, Nanopartikel und ultrafeine Partikel zu beseitigen [2].

Messergebnise zur Wirksamkeit von Filtern

Im Jahr 2008 berichteten Han et al. und Yeganeh et al. im Zuge von Arbeitsplatzmessungen mit möglicher Exposition gegenüber "multiwalled carbon nanotubes" bzw. kohlenstoffhaltigen Nanomaterialien, dass konventionelle technische Schutzmaßnahmen effektiv zu sein scheinen [3; 4].

Hinweise zu Schutzmaßnahmen

Eine anschauliche Beschreibung sicherer Prozesse und der dabei eingesetzten Schutzmaßnahmen zur Handhabung von Nanopartikeln liefert die Broschüre "First Results for Safe Procedures for Handling Nanomaterials" [5]. Sie enthält Ergebnisse des von der Europäischen Union geförderten Projekts Nanosafe-2.

Bei Tätigkeiten mit Stäuben ist Anhang III Nr. 2 der Gefahrstoffverordnung zu beachten:

  • Staubemittierende Anlagen, Maschinen und Geräte sind mit einer wirksamen Absaugung zu versehen oder die Staubfreisetzung ist durch andere Maßnahmen zu verhindern.
  • Eine Ausbreitung des Staubs auf unbelastete Arbeitsbereiche ist zu verhindern.
  • Stäube sind an der Austritts- oder Entstehungsstelle möglichst vollständig zu erfassen und gefahrlos zu entsorgen; abgesaugte Luft ist so zu führen, dass so wenig Staub wie möglich in die Atemluft der Beschäftigten gelangt; eine Rückführung abgesaugter Luft in den Arbeitsbereich ist nur nach ausreichender Reinigung zulässig.
  • Eine Ablagerung von Stäuben ist zu vermeiden. Ist dies nicht möglich, sind Staubablagerungen mit Feucht- oder Nassverfahren oder mit geeigneten Staubsaugern oder Entstaubern zu beseitigen; trockenes Kehren oder Abblasen von Staubablagerungen mit Druckluft ist nicht zulässig.

Organisatorische Schutzmaßnahmen

Für Tätigkeiten mit Stäuben gilt nach Anhang III Nr. 2 der GefStoffV:

  • Das Staubungsverhalten ist zu berücksichtigen.
  • Maschinen und Geräte sind so auszuwählen und zu betreiben, dass möglichst wenig Staub freigesetzt wird.
  • Bei der erstmaligen Inbetriebnahme von Einrichtungen zum Abscheiden, Erfassen und Niederschlagen von Stäuben ist deren ausreichende Wirksamkeit nachzuweisen.
  • Die Einrichtungen sind mindestens jährlich auf ihre Funktionsfähigkeit zu prüfen, zu warten und gegebenenfalls in Stand zu setzen; die Prüfungen sind zu dokumentieren.

Für staubintensive Tätigkeiten gilt nach Anhang III Nr. 2 der Gefahrstoffverordnung:

  • Die Dauer der Exposition ist so weit wie möglich zu verkürzen.
  • Die Beschäftigten müssen die zur Verfügung gestellten Schutzausrüstungen tragen.
  • Getrennte Aufbewahrungsmöglichkeiten für Arbeits- und Straßenkleidung sowie Waschräume sind zur Verfügung zu stellen.

Für Tätigkeiten mit staubförmigen Nanomaterialien sind zusätzliche Schutzmaßnahmen gefordert:

  • Es ist zu prüfen, ob staubförmige Nanomaterialien in flüssigen oder festen Medien (Dispersionen, Pasten, Compounds) gebunden werden können.
  • Es ist zu prüfen, ob Prozesse in geschlossenen Apparaturen durchgeführt werden können.
  • Die Beschäftigten sind über die besonderen physikalisch-chemischen Eigenschaften von Nanomaterialien und über den neuesten Stand der mit ihnen verbundenen Gesundheitsgefahren zu unterweisen.
  • Die Anzahl der möglicherweise exponierten Beschäftigten ist zu begrenzen.
  • Die Gefahrbereiche sind abzugrenzen. Es besteht ein Zugangsverbot für unbefugte Personen.

Atemschutz

Gebotszeichen Atemschutz

Persönliche Schutzmaßnahmen

Hinweise zur Wirksamkeit konventioneller persönlicher Schutzmaßnahmen erbrachten bereits die Messungen des IFA im Jahr 2001 [6] zur Penetration von Kochsalzpartikeln (< 100 nm) durch bestimmte Atemfiltermasken. Hier zeigten typische Glasfaserfilter der Filterklassen P2 und P3 einen Durchlassgrad für die Partikelzahl von nur 0,2 bzw. 0,01 %.

Rengasamy et al. [7] benutzten Silbernanopartikel (4 bis 30 nm) und Kochsalzpartikel (20 bis 400 nm), um NIOSH-geprüfte (N95, P100) bzw. CE-konforme (FFP2, FFP3) Atemschutzmasken zu prüfen. Die eingesetzten Filtermaterialien entsprachen den in den Normen genannten Anforderungen. Mit dem Projekt Nanosafe-2 wurde die Wirksamkeit von Atemschutzmasken, Einmalanzügen und Handschuhen gegenüber Graphitnanopartikeln (20 bis 100 nm) belegt [8].

Es wird empfohlen, persönlichen Atemschutz (z. B. Atemschutz der Filterklasse P3 oder P2) zu tragen, wenn technische Schutzmaßnahmen (siehe oben) die Freisetzung nicht verhindern können. In die Auswahl des persönlichen Atemschutzes sollte das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung einfließen. Wenn Atemschutzmasken getragen werden, so müssen diese dicht anliegen. Dabei sind die geltenden Tragezeitbegrenzungen und Regelungen zu arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen beim Tragen von Atemschutz zu beachten. Der Unterweisung und dem Training der Beschäftigten kommt entscheidende Bedeutung zu.


Schutzanzug

Gebotszeichen Schutzanzug

Zum Schutz vor Hautkontakt sollte auf ausreichende mechanische Stabilität von Handschuhen und auf Schäden im Handschuhmaterial geachtet werden. Die Überlappung der Handschuhe mit weiterer Schutzkleidung sowie das richtige An- und Ausziehen spielen für die Vermeidung eines möglichen Hautkontaktes eine wichtigere Rolle als das Durchlassverhalten des Materials. Gewobene Schutzkleidungsmaterialien bieten einen schlechteren Schutz als Membranmaterialien. Zusätzlicher Chemikalienschutz kann unter Umständen nötig sein.

Wie für andere Arbeitsstoffe sind auch für Nanomaterialien die physikalisch-chemischen Eigenschaften in der Gefährdungsbeurteilung gesondert zu berücksichtigen (GefStoffV § 6.1.1) und gegebenenfalls spezielle Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Hierzu können im Einzelfall veränderte Explosionseigenschaften, aber auch die Auswirkung einer erhöhten Leitfähigkeit von Nanomaterialien auf elektrische Geräte gehören.


Weitere Informationen

[1] Hinds, W.: Aerosol technology: Properties and behavior and measurement of airborne particles. 2nd edition. New York, NY: Wiley-Interscience,1999

[2] NIOSH-Bericht ()

[3] Han, J. H. et al.: Monitoring multiwalled carbon nanotube exposure in carbon nanotube research facility (). Inhal. Toxicol. 20 (2008), pp. 741-749

[4] Yeganeh, B. et al.: Characterization of airborne particles during production of carbonaceous nanomaterials (). Environ. Sci. Technol. 42 (2008), pp. 4600-4606

[5] Projekt Nanosafe 2 (), Dissemination Report No. 6 (PDF, 410 KB)

[6] Riediger, G; Möhlmann, C.: Ultrafeine Aerosole an Arbeitsplätzen - Konventionen und Beispiele aus der Praxis (PDF, 316 kB, nicht barrierefrei) . Gefahrstoffe - Reinhalt. Luft 61 (2001) Nr. 10, S. 429-434

[7] Rengasamy, S.; Eimer, B.C.; Shaffer, R.E.: Comparison of nanoparticle filtration performance of NIOSH-approved and CE-marked particulate filtering facepiece respirators (). Ann. Occup. Hyg. 53 (2009) No. 2, pp. 117-128.

[8] Nanosafe 2, Dissemination Report No.1: Are conventional protective devices such as fibrous filter media, cartridge for respirators, protective clothing and gloves also efficient for nanoaerosols? (PDF, 410 KB) 

Ansprechpartner:

Dipl.-Phys. Carsten Möhlmann

Gefahrstoffe: Umgang - Schutzmaßnahmen

Tel: +49 30 13001-3313
Fax: +49 30 13001-38001