Mikrobiologische Untersuchungen in Fahrzeugwaschanlagen

Projekt-Nr. BIA 7009

Status:

abgeschlossen 07/2003

Zielsetzung:

Aus ökologischen und ökonomischen Gründen stellen nahezu alle gewerblichen und betrieblichen Fahrzeugwaschanlagen kreislaufgeführte wässrige Systeme dar. Das Fahrzeugwaschwasser wird mithilfe physikalischer, chemischer und/oder biologischer Verfahren aufbereitet und wieder verwendet. Die Aufbereitung dient primär dem Entfernen von Schmutzpartikeln, Ölresten und anderen Verunreinigungen. Das aufbereitete Waschwasser wird als Brauchwasser oder gemäß DIN 4046 "Wasserversorgung; Begriffe; Technische Regel des DVGW" als Betriebswasser bezeichnet, es unterliegt naturgegeben einer Besiedlung mit Mikroorganismen. Da nicht ausgeschlossenen werden kann, dass im Fahrzeugwaschwasser auch potenzielle Infektionserreger vorhanden sind, die bei entsprechend hoher Konzentration und vorliegendem Aufnahmeweg zu einer möglichen gesundheitlichen Gefährdung der Beschäftigten führen könnten, wurde dieses Forschungsprojekt initiiert. Das Projekt hatte das Ziel, die quantitative und qualitative Belastung des Fahrzeugwaschwassers und der Luft mit Mikroorganismen in Fahrzeugwaschanlagen festzustellen, soweit wie möglich zu bewerten und entsprechende Maßnahmen daraus abzuleiten. Die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes sollen dem Unternehmer als Entscheidungshilfe zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung (BiostoffV) dienen.

Aktivitäten/Methoden:

Insgesamt wurden 31 gewerbliche und betriebliche Fahrzeugwaschanlagen für PKW und Nutzfahrzeuge (LKW, Busse) untersucht. Aufgrund der technischen Konzeption von Fahrzeugwaschanlagen wurden ausschließlich Portalwaschanlagen (n = 23, einschließlich einer Sonderanfertigung für Straßenbahnen) und Waschstraßen (n = 8) für die Untersuchungen herangezogen. Die häufigsten Anlagentypen zur Waschwasseraufbereitung waren Kiesfiltersysteme mit Flockung. 18 Fahrzeugwaschanlagen arbeiteten ohne, 13 Anlagen mit einem Entkeimungsverfahren (überwiegend Ozon oder Wasserstoffperoxid). In neun Anlagen mit biologischer Aufbereitung wurden Proben genommen, um zu bestimmen, ob durch diese Art der Aufbereitung zusätzlich Mikroorganismen in die Systeme eingetragen bzw. wegen der in diesen Anlagen nicht anwendbaren Entkeimungsmaßnahmen insgesamt höhere Koloniezahlen im Waschwasser vorliegen. Probenahme und mikrobiologische Analytik wurden von verschiedenen Instituten durchgeführt: dem Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz -BIA in Sankt Augustin, der Landesanstalt für Arbeitsschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LafA) in Düsseldorf und verschiedenen Auftragslabors. Im Sommer 2000 wurden zunächst an einer großen Zahl von Portalwaschanlagen für PKW und Nutzfahrzeuge quantitative Keimzahlbestimmungen (Bakterien und Schimmelpilze bzw. Hefen) an Wasserproben durchgeführt, die vor und nach der Wasseraufbereitung aus Speicherbehältern entnommen wurden. Luftproben wurden im Rahmen dieser Messreihe nur in ausgewählten Anlagen zur Erprobung der Messtechnik genommen. Anhand der Ergebnisse aus dieser Messreihe wurden anschließend in wenigen ausgewählten Fahrzeugwaschanlagen im Juli und August 2001 sowohl vergleichende Untersuchungen zur Luftprobenahme mit drei verschiedenen Messsystemen als auch quantitative und qualitative Untersuchungen von Wasserproben durchgeführt. Weiterhin liegen auch Ergebnisse aus qualitativen Untersuchungen des Pilzgehaltes der Luftproben vor. Es wurden insbesondere medizinisch relevante pathogene Bakterien, die der Risikogruppe 2 angehören, untersucht. Zur Gewinnung der Luftproben wurden drei verschiedene Probenahmeverfahren eingesetzt: Filtration (Gesamtstaubprobenahmesystem, GSP), Impaktion (MAS 100) und Impingement (AGI 30). Die Gesamtkoloniezahlen von Bakterien, Schimmelpilzen und Hefen aus Wasser- und Luftproben sowie die Koloniezahlen ausgewählter Organismengruppen wurden, je nach Probenahmeverfahren, durch direktes Auflegen der Filter auf feste Nährmedien (GSP, direkte Methode), Ausplattieren der (re-)suspendierten Mikroorganismen (GSP, indirekte Methode, AGI 30) auf feste Nährmedien oder Inkubation der direkt beaufschlagten festen Nährmedien (MAS 100) unter definierten Laborbedingungen und Auszählen der gewachsenen Kolonien bestimmt und als koloniebildende Einheiten bezogen auf ein Aliquot des untersuchten Mediums bestimmt (KBE/m³ Luft bzw. KBE/ml). Die Legionellen-Analytik wurde von einem Auftragslabor durchgeführt (kultureller Nachweis und serologische Differenzierung). Als nicht-biologische Begleitparameter wurden Temperatur und pH-Wert der Wasserproben bestimmt sowie Aussehen und Geruch beurteilt. Bei Luftproben wurden ebenfalls die Temperatur sowie die relative Luftfeuchtigkeit bestimmt.

Ergebnisse:

Bei Fahrzeugwaschwasser handelt es sich um Brauchwasser (Recyclingwasser), das weder Badewasser- noch Trinkwasserqualität besitzt und auch nicht besitzen muss. Die Untersuchungsergebnisse lassen keinen Vorteil eines bestimmten Wasseraufbereitungsverfahrens gegenüber anderen erkennen. In den meisten Fällen war nach Aufbereitung des Waschwassers eine Verbesserung des Geruchs und Aussehens feststellbar. Dies lässt jedoch keine Rückschlüsse auf einen Keimbefall zu - auch optisch und olfaktorisch unauffälliges Waschwasser kann mikrobiell kontaminiert sein. Nach Aufbereitung des Waschwassers in Fahrzeugwaschanlagen lag die Gesamtkoloniezahl für Bakterien bei der Mehrzahl der Betriebe im Bereich von 105 bis 106 KBE/ml. Schimmelpilze spielen für die mikrobielle Belastung von Recyclingwasser in Fahrzeugwaschanlagen keine, Hefen nur eine untergeordnete Rolle. Bei den Mikroorganismen im Fahrzeugwaschwasser handelte es sich überwiegend um Bakterien (s. o.), die in die Risikogruppen 1 und 2 eingestuft sind. Die im Hinblick auf eine Gesundheitsgefährdung in Fahrzeugwaschanlagen in wässrigen Systemen kritischsten Keime, Salmonellen und Legionellen, waren in keiner Probe nachweisbar. Ebenso wurde die Hefe Candida albicans in keiner der untersuchten Proben nachgewiesen. Der Wartungszustand hat offenbar einen deutlichen Einfluss auf die Gesamtzahl der Mikroorganismen im Betriebswasser einer Fahrzeugwaschanlage. Vor allem bei unzureichend gewarteten Filtersystemen kann es nach der Wasseraufbereitung zu einem vermehrten Wachstum von Mikroorganismen kommen. Bei Anlagen mit biologischer Aufbereitung (z. B. Belüftung, Belebungsbecken, Füllkörper) blieb die Koloniezahl durch die Aufbereitung unverändert bzw. wurde auch ohne den Einsatz weiterer Entkeimungsverfahren leicht reduziert. Ein zusätzlicher Eintrag von Mikroorganismen in das Waschwasser fand nicht statt. Während die Gesamtkoloniezahl der Schimmelpilze im Arbeitsbereich der Waschanlage und in der Außenluft annähernd gleich war, lag die Gesamtkoloniezahl der Bakterien in der Luft des Arbeitsbereichs der Waschhalle um etwa eine Zehnerpotenz höher als in der Außenluft. Der Arbeitsbereich in der Waschanlage zeigt somit eine deutliche Belastung der Atemluft mit Bakterien. Aufgrund der Ergebnisse der Luftmessungen ist davon auszugehen, dass durch den Waschprozess hauptsächlich Bakterien aus dem Waschwasser als Bioaerosol in die Luft eingetragen werden, während die im Innenraum gefundenen Schimmelpilze überwiegend aus der Außenluft eingetragen werden. Die Untersuchungsergebnisse ließen keinen Vorteil eines bestimmten Verfahrens zur Keimreduktion erkennen. Die Anwendung von keimtötenden Maßnahmen wie UV-Bestrahlung, Ozonierung oder die Zudosierung von H2O2 beziehungsweise Konservierungsmitteln führt nicht zwangsläufig zu der gewünschten Reduzierung der Mikroorganismenzahl. Bei Arbeiten in Fahrzeugwaschanlagen (z. B. Wartung, Instandsetzung, Reinigung) mit Kontakt zu keimbelastetem Waschwasser handelt es sich gemäß BioStoffV um nicht gezielte Tätigkeiten mit Mikroorganismen der Risikogruppe 1 und 2. Tätigkeiten, die mit einer starken Aerosolbildung verbunden sind oder im Bereich einer starken Vernebelung von Brauchwasser erfolgen, sind der Schutzstufe 2 zuzuordnen, alle anderen Tätigkeiten können, bezogen auf den Normalbetrieb der Waschanlage, der Schutzstufe 1 zugeordnet werden.

Weitere Informationen:

Stand:

24.06.2004

Projekt

Gefördert durch:
  • Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG)
Projektdurchführung:
  • Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz - BIA
  • Berufsgenossenschaftliche Zentrale für Sicherheit und Gesundheit (BGZ)
  • Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft
  • Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel
Branche(n):

Einzelhandel

Gefährdungsart(en):

Biologische Arbeitsstoffe

Schlagworte:

Biologische Arbeitsstoffe, Gefährdungsbeurteilung, Schutzmaßnahme

Weitere Schlagworte zum Projekt:

mikrobiologische Untersuchungen, gewerbliche und betriebliche Fahrzeugwaschanlagen für PKW und Nutzfahrzeuge (LKW, Busse, Straßenbahnen), Portalwaschanlagen, Waschstraßen, wieder aufbereitetes Waschwasser, unterschiedliche Systeme zur Wasseraufbereitung, Kiesfilter, biologische Aufbereitung, Siebfilter, Hydrozyklone, Siebtrommel, mikrobielle Belastung, Risikogruppen 1 und 2, Gefährdungsbeurteilung, Schutzmaßnahmen

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