Empfindlichkeit älterer Menschen gegenüber Gefahrstoffen

Projekt-Nr. BGIA 1103

Status:

abgeschlossen 12/2008

Zielsetzung:

Aufgrund des demografischen Wandels, der eine Folge höherer Lebenserwartung bei rückläufigen Geburtenraten ist, nimmt der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung Deutschlands zukünftig weiter zu. Durch die demografische Entwicklung und die gesetzliche Anhebung der Altersgrenze zum Renteneintritt sowie finanzielle Einbußen bei einer Frühverrentung wird auch das Durchschnittsalter von betrieblichen Belegschaften in Zukunft weiter ansteigen. Diese Strukturverschiebungen rücken zunehmend Ältere als Zielgruppe des Gesundheits- und Arbeitsschutzes in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit. Im Rahmen einer umfassenden Gesundheitsprävention für Ältere ist auch der Aspekt des möglichen Einflusses von Alterungsvorgängen auf die Suszeptibilität bei einer potenziellen Gefahrstoffexposition zu berücksichtigen. Mit einer Literaturrecherche sollten die Erkenntnisse zu den möglichen Einflüssen altersphysiologischer Veränderungen auf die Gefahrstoffsuszeptibilität zusammengetragen und im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Situation älterer Beschäftigter an Arbeitsplätzen mit Gefahrstoffexposion bewertet werden.

Aktivitäten/Methoden:

Unter Verwendung relevanter Suchbegriffe wurde im Internet (z. B. in der MEDLINE-Datenbank) insbesondere nach neueren einschlägigen Originalarbeiten und Reviewartikeln gesucht, die Erkenntnisse zusammengetragen und im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Situation älterer Beschäftigter bewertet.

Ergebnisse:

Im Vergleich zu Industriechemikalien sind Arzneimittel auf ihr altersbezogenes Verhalten im menschlichen Körper besser untersucht. Aus den an Arzneimitteln gewonnenen Erkenntnissen sind Rückschlüsse auf die altersabhängigen Wirkungen anderer körperfremder Stoffe möglich. Daneben wurden in epidemiologischen Untersuchungen zur Wirkung von Stoffen mit allgemeiner Umweltrelevanz wie insbesondere Feinstäuben ältere Bevölkerungsgruppen, deren Alter meist mit mindestens 65 Jahren definiert wurde, als Subpopulationen mit erhöhtem Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko identifiziert.

Alterungsvorgänge beginnen jedoch bereits vor einem kalendarischen Lebensalter von 65 Jahren. Sie weisen große interindividuelle Unterschiede auf und können insbesondere im fortgeschrittenen Stadium, u. a. verursacht durch Veränderungen bei der Stoffaufnahme, der Verteilung, des Metabolismus und der Ausscheidung, mit einer veränderten Gefahrstoffempfindlichkeit verbunden sein, wobei die Abnahme der Ausscheidung über die Nieren zu den wichtigsten Faktoren zählt. Rückgänge bei Herz- und Lungenfunktionen und/oder altersassoziierte Erkrankungen dieser Organe wurden mit einer erhöhten Empfindlichkeit bei einer Exposition gegenüber Luftverschmutzungen in Verbindung gebracht. Da im Alter die physiologischen Kapazitäten reduziert sind, auf exogene und endogene Belastungen kompensatorisch zu reagieren, können toxische Wirkungen von Chemikalien bei Älteren im Vergleich zu Jüngeren weniger stark abgeschwächt werden. Auf der anderen Seite gibt es Hinweise, darauf dass im Alter die Empfindlichkeit gegenüber Gefahrstoffen, wie z. B. gegenüber bestimmten Allergenen und Verbindungen, die der Aktivierung in der Leber unterliegen, u. U. verringert sein kann.

Wegen der Heterogenität der Alterungsprozesse und des komplexen Zusammenspiels multipler Einflussfaktoren, die sowohl wirkungsverstärkend als auch -abschwächend sein können, ist es schwierig, potenzielle Empfindlichkeitsveränderungen anhand des kalendarischen Lebensalters einer älteren Person einigermaßen präzise zu quantifizieren. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse lassen es jedoch eher zweifelhaft erscheinen, ob derartige Prozesse im Altersrahmen gesunder älterer Beschäftigter (45 bis 65 Jahre) im Mittel bereits so ausgeprägt sind, dass sie im Vergleich zum jüngeren Erwachsenenalter zu substanziell höheren Risiken führen. Die vorgefundenen Daten begründen somit für ältere Beschäftigte keine anderen gefahrstoffrelevanten Arbeitsschutzmaßnahmen als für jüngere Mitarbeiter. Im individuellen Fall können jedoch Krankheiten, die im Alter häufiger auftreten, z. B. Erkrankungen von Leber und Niere, pulmonale und kardiovaskuläre Krankheiten, Diabetes mellitus, ggf. die Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Stoffen erhöhen.

Stand:

16.03.2009

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
  • e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • BGIA - Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Gefahrstoffe, Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Gefährdungsübergreifende Fragestellungen

Schlagworte:

Prävention, Toxikologie, Demographie

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Gefahrstoffsuszeptibilität, Ältere, Arbeitnehmer, demografischer Wandel, altersphysiologische Veränderungen