Kamerasysteme als Schutzeinrichtung

Projekt-Nr. IFA 5100

Status:

abgeschlossen 06/2012

Zielsetzung:

Bekannte berührungslos wirkende Schutzeinrichtungen wie Lichtgitter oder Laserscanner haben für einige Applikationen im Maschinen- und Anlagenbereich den Nachteil, dass sie keine Akzeptanz finden, da sie sich nicht flexibel genug an automatisierte Fertigungsprozesse anpassen lassen. Da ein Mensch mit dieser Art von Sensoren nur zweidimensional erfasst wird, zum Beispiel durch eine Erkennung im Beinbereich, führt dies oft zu relativ hohen Sicherheitsabständen zwischen Mensch und Maschine. Die normativen Vorgaben fordern in diesem Fall einen Sicherheitszuschlag für einen möglicherweise in Richtung Gefahrstelle ausgestreckten Arm. Aus diesen Gründen und auch weil Kamerasysteme als preisgünstige Sensoren zur Absicherung größerer Gefahrbereiche angesehen werden, verstärkt die Industrie ihre Aktivitäten in der Entwicklung solcher Systeme. Sicherheitstechnische Anforderungen für derartige Systeme und Erfahrungen in der Praxis liegen bisher nicht oder nur sehr eingeschränkt vor.

Im Rahmen des Projektes wurde allgemein die Fragestellung der Tauglichkeit von Kamerasystemen für den sicherheitstechnischen Einsatz als Schutzeinrichtung an Maschinen und Anlagen, wie zum Beispiel Robotern, betrachtet. Zu 3D-Kameras sollten erste Erkenntnisse bezüglich einer möglichen späteren Verwendung als Schutzeinrichtung gewonnen werden.

Aktivitäten/Methoden:

Systematische Untersuchungen zur Detektionssicherheit von Kamerasystemen an mindestens einem Industrieprodukt waren geplant. Diese konnten in Praxis vorwiegend nur an einem 2D-Kamerasystem durchgeführt werden. Ein 3D-Kamerasystem lag nur in Form einer Spezifikation und eines ersten Labormusters bei einem Hersteller vor. Schwerpunkt war die Berücksichtigung umwelttechnischer Einflüsse, wie zum Beispiel Fremdlicht, auch unter dem Aspekt ausreichender Verfügbarkeit im Betrieb.

Ein neu entwickeltes 3D-Kamerasystem, das mit Lichtlaufzeitmessung auf jedem einzelnen Pixel arbeitet, sollte näher betrachtet werden. Für solche 3D-Kamerasysteme mit Lichtlaufzeitmessung konnten die Industriepartner bisher kein ökonomisch und sicherheitstechnisch tragfähiges Konzept oder Gerät vorlegen. Die ursprüngliche geplante Erstellung eines Software-Tools zur systematischen Analyse von Entfernungsmessdaten und Untersuchung der Messgenauigkeit z. B. unter Temperatureinfluss entfiel deshalb.

Ergebnisse:

Die Untersuchungen zur Detektionssicherheit an einem als Schutzeinrichtung konzipierten Kamerasystem mit Testmustererkennung wurden mit positivem Ergebnis abgeschlossen. Das Produkt konnte im Rahmen einer weiteren Prüfung zertifiziert werden. Ebenfalls positiv abgeschlossen wurde die Konzeptprüfung eines Stereokamerasystems. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden der internationalen Normung zugeführt. Angesichts der Verfügbarkeit von zwei geprüften Systemen (ein zweites System wurde von der Prüfstelle der Berufsgenossenschaft Holz und Metall geprüft) ist das Interesse an der internationalen Normung solcher Schutzeinrichtungen wieder erwacht. Das stärkste Interesse ist dabei von deutscher Seite zu verzeichnen. Erste Entwürfe zu einer überarbeiteten IEC 61496-4 (Part 4: Particular requirements for equipment using vision based protective devices (VBPD)) sind vorhanden, die sich vom Anwendungsbereich her genau auf die beiden im IFA untersuchten Systeme beziehen.

Bei PMD-Kameras (englisch: Photonic Mixing Device), die auf jedem einzelnen Pixel der Kamera einen Entfernungsmesswert bieten, sodass sich ein dreidimensionales Abbild der Umgebung ergibt, liegen anvisierte Märkte in den Bereichen Automatisierung, autonome Fahrzeuge, Mensch-Maschine-Interaktion und Qualitätskontrolle. Ob zu dieser Aufzählung auch Sicherheitstechnik im Maschinen- und Anlagenbereich gehören kann, ist heute noch unklar - ein Nachweis der sicherheitstechnischen Tauglichkeit des Messprinzips einer durch Phasenvergleichsmessung gewonnenen Abstandsinformation fehlt bis heute. Neben fehlenden tragfähigen Konzepten gibt es auf diesem Bereich teilweise patentrechtliche Hürden.

Kamerasysteme werden in der Zukunft eine wichtige Erweiterung und Ergänzung der bestehenden Schutzeinrichtungen darstellen, sofern die Kriterien für die Eignung als "Sicherheitskamerasystem" eingehalten und nachgewiesen werden. Im Vergleich zu herkömmlicher Sensorik kann ein komplexes, sicheres Kamerasystem deutlich mehr: Schützen und "intelligentes" Steuern mit nur einem System. Um den wachsenden Markt kollaborierender Roboter bedienen zu können, bedarf es des Einsatzes von Schutzeinrichtungen mit sehr kurzen Reaktionszeiten bei gleichzeitig höherer Auflösung. Die im Projekt gewonnenen Erfahrungen zeigen, dass solche Produkte heute noch im Grenzbereich des technisch und ökonomisch Machbaren liegen.

Stand:

14.11.2013

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • Fachausschuss Maschinenbau, Fertigungssysteme,Stahlbau
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Mechanische Gefährdungen

Schlagworte:

Unfallverhütung, Maschinensicherheit, Neue Technologien

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Kamerasystem, Schutzeinrichtung, Sicherheit, Schutzfeld, Automatisierung, Roboter, 3D-Kamera, passives Muster, Normung, IEC 61496-4

Kontakt