Bildung von Kurzschlüssen durch Whisker auf Leiterkarten sowie bei elektrischen Sicherungen

Projekt-Nr. IFA 5104

Status:

abgeschlossen 01/2012

Zielsetzung:

Bei der Realisierung von sicherheitsrelevanten Maschinensteuerungen werden in der Regel elektronische Komponenten eingesetzt, die u. a. Leiterkarten mit elektronischen Bauteilen enthalten. Zur Gewährleistung der sicherheitsrelevanten Anforderungen werden u. a. die Auswirkungen von Bauteilfehlern untersucht. Hierbei ist es unerlässlich, Fehlerausschlüsse für die Bildung von Kurzschlüssen zwischen benachbarten Leiterbahnen bzw. zwischen Bauteilanschlüssen anzunehmen.
Durch die Einführung der RoHS-Richtlinie (EG-Richtlinie 2002/95/EG zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten) müssen die Hersteller von Leiterkarten für den Lötprozess anstelle bleihaltigen Lots jetzt bleifreies Lot verwenden. Auf einer so hergestellten Leiterkarte können sich durch Wachstum von elektrisch leitfähigen Zinn-Whiskern Kurzschlüsse bilden, die die Annahme der Fehlerausschlüsse unmöglich machen. Die wirtschaftliche Entwicklung von Leiterkarten für den Einsatz in der Sicherheitstechnik wäre damit praktisch nicht mehr durchführbar.

In diesem Projekt sollte ein Verfahren entwickelt werden, mit dem das Risiko der Whiskerbildung auf Leiterkarten bewertet und reduziert werden kann und ggf. die Annahme von Fehlerausschlüssen trotz bleifreier Lötung möglich ist.
Eine weitere Auswirkung der RoHS-Richtlinie betrifft NH-Sicherungselemente (Niederspannung, Hochleistung), die zum Schutz vor Überstrom u. a. in der elektrischen Ausrüstung von Klärwerken eingesetzt werden. Die bisherige Chromatierung des Kontaktmaterials zum Schutz gegen Whiskerwachstum ist nicht mehr zulässig. Wegen der bei diesen Bauteilen eingesetzten hohen elektrischen Spannung können Lichtbögen entstehen, die bereits zu Unfällen geführt haben. Als entscheidender Parameter für die Whiskerbildung wird hier der Einfluss durch einen hohen Schwefelgehalt der umgebenden Luft angenommen.
Ein weiteres Ziel des Projektes war es, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem das Risiko einer Bildung von Silberwhiskern an Sicherungselementen in schwefelhaltiger Umgebung reduziert werden kann.

Aktivitäten/Methoden:

Eine Literaturrecherche über die Thematik von Zinn-Whiskern auf Leiterkarten wurde durchgeführt sowie Hersteller-Erfahrungen ermittelt. Anhand von industriellen Leiterkarten wurde der Einfluss der verwendeten Bauteile und des Fertigungsverfahrens auf das Entstehen von Zinn-Whiskern untersucht. Im Vordergrund standen hierbei die Auswirkungen von unterschiedlichen Leiterkartenbeschichtungen, verwendetem Lot und mechanischer Verspannung der Leiterkarte. Durch Variation dieser Parameter wurden unterschiedliche Ausführungen von Leiterkarten berücksichtigt. Anschließend wurde bei erhöhter Umgebungstemperatur die Whiskerbildung provoziert. Die Versuchsergebnisse wurden analysiert und ein Fehlermodell entwickelt, das beim Einsatz von bleifrei gelöteten Leiterplatten in Sicherheitsbauteilen angewendet werden muss.

Bezüglich der NH-Sicherungselemente wurden keine weiteren Untersuchungen durchgeführt, da seit der Anwendung der IFA-Vorschläge (Polfett Äronix Isolator "tropfenfest" und GelActiv Gelmatten) keine weiteren Probleme bekannt wurden.

Ergebnisse:

Das Projekt zeigte auf, dass der Fehlerausschluss aus DIN EN ISO 13849-2, Tabelle D.5 "Kurzschluss zwischen benachbarten Leiterbahnen/Kontaktstellen" auf bleifrei gelöteten Leiterplatten nur noch eingeschränkt möglich ist. Es ist zusätzlich zu D.5 anzunehmen, dass sich Zinnwhisker von bis zu 1 mm Länge bilden und Kurzschlüsse verursachen. Kritisch sind hierbei jedoch nur solche Kurzschlüsse, die redundante Schaltungsgruppen miteinander verbinden. Kurzschlüsse innerhalb einer der redundanten Schaltungsgruppen haben dieselben Auswirkungen wie Bauteilfehler, die bereits ohne Whisker angenommen werden müssen. Zur Vermeidung von Kurzschlüssen zwischen redundanten Schaltungsgruppen sind bei der Entwicklung der Leiterplatte entweder Abstände > 1 mm zwischen den Schaltungsgruppen einzuhalten, oder es ist eine Schutzschicht aufzubringen.

Stand:

29.03.2012

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
Branche(n):

-branchenübergreifend-

Gefährdungsart(en):

Elektrische Gefährdungen

Schlagworte:

Risikoabschätzung, Maschinensicherheit, Prävention

Weitere Schlagworte zum Projekt:

Zinn-Whisker, Leiterkarten, Maschinensteuerungen, Fehlerausschlüsse