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Wenn sich Beschäftigte einsam fühlen
Kommunikation während der Arbeit ist für viele die wichtigste Interaktion des Tages. Was, wenn es sie nicht mehr gibt? © Getty Images/Giselleflissak

Gesundheitsschutz : Wenn sich Beschäftigte einsam fühlen

Diskutieren, lachen und Erfolge feiern: Das ist bei der Arbeit nicht immer möglich. Fühlen sich Beschäftigte einsam, sollten Betriebe das ernst.

Öffentliches Leben auf Sparflamme und kaum Kontakte im Privaten: Die Corona-Pandemie hat das Sozialleben vieler Menschen in Deutschland völlig durch
einandergebracht. Einigen fehlen seit Monaten die zwischenmenschlichen Interaktionen – ein besorgniserregender Zustand. Denn Einsamkeit ist gefährlich, gilt sie doch als Ursache vieler Krankheiten.

Einsamkeit macht krank

Wer sich einsam fühlt, ist unter anderem anfälliger für Depressionen, Angststörungen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem sinkt die Lebenserwartung. Wa­rum das so ist, könne nicht abschließend beantwortet werden, sagt 
Dr. Friederike Böhlen, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Universitätsklinikums Heidelberg.

„Einerseits spielen Handlungsfaktoren eine 
Rolle. Man zieht sich zum Beispiel zurück, kümmert sich weniger um die Gesundheit. Andererseits wirken biologische Faktoren wie die Ausschüttung der Stresshormone Cortisol und Adrenalin“, erläutert die Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

Soziale Interaktion ist entscheidend

„Für die körperliche und seelische Gesundheit braucht der Mensch Interaktion, Spiegelung, Ansprache und Austausch.“ Genauso sieht das die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und definiert Gesundheit als einen Zustand des „vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlergehens“.

Die WHO sagt damit nichts anderes als: Soziale Interaktion zu erleben, ist für die Gesundheit genauso entscheidend wie die Unversehrtheit von Körper und Psyche – ein Aspekt, den Betriebe auch bei der Gesundheit ihrer Mitarbeitenden beachten sollten.

Video-Konferenzen ersetzen die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht. Beschäftigte sollten sie auch mal für den lockeren Austausch nutzen. © Getty Images/FG Trade

Studien bestätigen: Pandemie macht einsam

Einsamkeit ist natürlich nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Thema. Schon davor zeigte sich, dass immer mehr Menschen in Deutschland einsam sind. Doch seit März vergangenen Jahres dokumentieren verschiedene Forschungsgruppen einen außergewöhnlich starken Anstieg, so zum Beispiel das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Ihre Analyse aus dem Jahr 2020 zeigt, dass die subjektive Einsamkeit so stark gestiegen ist wie noch nie zuvor beobachtet. Dr. Theresa Entringer, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIW Berlin, ordnet die Beobachtungen ein: „Ob der kurzfristige starke Anstieg von Einsamkeit langfristig dazu führt, dass mehr Menschen chronisch an Einsamkeit leiden und es infolgedessen einen stärkeren Anstieg an Erkrankungen geben wird, kann noch nicht beantwortet werden.“

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Erfahren Sie mehr über die psychische Belastung und Beanspruchung von Beschäftigten während der Coronavirus-Pandemie

Einsamkeit bei der Prävention berücksichtigen

Wenngleich langfristige Folgen nicht absehbar sind, belastet Einsamkeit Betroffene auch kurzfristig und beansprucht sie psychisch. Die Fürsorgepflicht der Arbeitgebenden greift, wenn Beschäftigte aufgrund der Arbeitsgestaltung isoliert sind – beispielsweise, weil sie dauerhaft im Homeoffice arbeiten.

Und wenn sie es selbst nicht schaffen, sich aus der Isolation zu befreien und dafür zu sorgen, dass es ihnen gut geht. Insbesondere alleinstehenden Beschäftigten brechen möglicherweise wichtige soziale Kontakte weg, wenn das tägliche Miteinander auf der Arbeit fehlt.

Praxis-Tipps

Mit den richtigen Maßnahmen fördern Sicherheitsbeauftragte das soziale Miteinander. Folgende Tipps können sie selbst umsetzen oder ihre Umsetzung bei Führungskräften anregen.

  1. Digitale Optionen testen: Während der Corona-Pandemie tauschen sich Kolleginnen und Kollegen weitaus seltener aus. Vielen Beschäftigten fehlt vor allem der informelle, kurze Plausch in der Kaffeeküche oder im Pausenraum. Testen Sie im Betrieb digitale Formate, zum Beispiel Video-Calls oder Online-Spiele.
  2. Offenes Ohr für Sorgen haben: Wenn Betroffene über ihre negativen Gefühle sprechen und ihre Gedanken mitteilen können, fühlen sie sich gleich etwas weniger allein. Sicherheitsbeauftragte können ihren Kolleginnen und Kollegen signalisieren, dass sie für ein vertrauensvolles Gespräch zur Verfügung stehen, sowie Beschäftigte aktiv kontaktieren.
  3. Loben und wertschätzen: Nutzen Sie Gelegenheiten, um die Leistung von 
Kolleginnen und Kollegen in diesen schwierigen Zeiten anzuerkennen und sie für ihren Einsatz zu loben. Anlässe dazu können abgeschlossene Projekte, aber auch Geburtstage oder Firmenjubiläen sein.
  4. Genau hinschauen: Sie erfahren von anderen Mitarbeitenden oder bekommen selbst mit, dass sich jemand zurückzieht, häufig krankmeldet oder auf andere Weise auffällig verhält? Suchen Sie das Gespräch mit der Person oder informieren Sie eine Führungskraft. Gemeinsam sollte ein Weg gefunden werden, der betroffenen Person zu helfen.
  5. Hilfsangebote zusammenstellen: Wer sich alleingelassen fühlt, braucht möglicherweise professionelle Hilfe. Sicherheitsbeauftragte können für die Beschäftigten eine Liste inner- und außerbetrieblicher Ansprechpersonen und Hilfsangebote erstellen und öffentlich aushängen.